Ausbildung

Vorstellungsgespräch: Gegenseitig kennenlernen

Das Vorstellungsgespräch ist nicht die erste, aber für manche eine hohe Hürde zur gewünschten Stelle. Worauf Personaler bei dem Treffen mit den möglichen neuen Kollegen achten, verrät Cord Brandes vom Landwirtschaftsverlag.

Die schriftliche Bewerbung hat überzeugt. Damit ist ein großer Schritt zum gewünschten Ausbildungsplatz gemacht. Jetzt wartet das Vorstellungsgespräch auf den Bewerber. Von Angesicht zu Angesicht mit dem möglichen Arbeitgeber – für manche eine echte Bewährungsprobe.

Dabei stellt sich nicht nur der Bewerber beim Unternehmen vor, sondern auch das Unternehmen beim Bewerber. „Sonst hätte es den Kandidaten nicht eingeladen“, sagt Cord Brandes, Personalleiter beim Landwirtschaftsverlag in Münster.

Authentisch sein beim Vorstellungsgespräch

In einem Bewerbungsgespräch geht es in erster Linie nicht um das Aufspüren von Schwächen, sondern darum, ob der Bewerber zu dem Unternehmen und dem Ausbildungsplatz passt. Das macht auch Sinn für den möglichen Azubi, denn nichts kann quälender und demotivierender sein, als sich in einem Job wiederzufinden, der nicht wirklich zu einem passt oder in dem man sich ständig überfordert fühlt.

Daher rät Cord Brandes, das Gespräch nicht als Theatervorstellung zu begreifen, in der es darum geht, ein ganz bestimmtes Image von sich zu vermitteln. Authentisch sein bringt deutlich mehr. Wer zu seinen Misserfolgen und Schwächen steht, ist in seinen Stärken sofort glaubwürdiger. „Geben Sie dem Gegenüber die Chance, Sie kennenzulernen“, empfiehlt Cord Brandes.

Denn ein Auszubildender wird bei einem Unternehmen eingestellt für seine Motivation und sein Potenzial. Nicht für das Wissen, das er schon mitbringt. Viele Kompetenzen und Fertigkeiten lernt und entwickelt er erst während der Ausbildung.

Schwächen im Bewerbungsverfahren nennen

Es ist völlig in Ordnung, auch Schwächen zu nennen. Denn kein Mensch hat ausschließlich Stärken. Stärken und Schwächen verhalten sich oftmals spiegelbildlich zueinander. Oft stehen Zahlenfreunde nicht gerne im Rampenlicht und umgekehrt.

Manche Bewerbungsratgeber empfehlen, Schwächen so zu formulieren, dass sie eigentlich wie Stärken klingen. Daraus folgen Aussagen wie: „Ich bin oft zu ungeduldig“, was angeblich gleichzeitig ein Beleg für besondere Energie und Tatendrang sein soll. Bei solchen Selbstbeschreibungen rollt ein Personaler innerlich mit den Augen. Cord Brandes appelliert, ehrlich zu sein.

Was Personaler in einem Gespräch wirklich schätzen, ist der Eindruck, dass der Bewerber sich selbst reflektieren kann und eine realistische und durch gute Beispiele belegbare Selbsteinschätzung mitbringt. Darauf kann sich der Bewerber vorbereiten. Am besten holt man sich im Vorfeld ein Feedback zu seinen Stärken und Schwächen bei Menschen, die einem nahestehen. „Das können Freunde, Eltern und Lehrer sein“, rät Cord Brandes.

Fragen stellen ist erlaubt im Vorstellungsgespräch

Wichtig ist, während des Gespräches ernsthaftes Interesse an Beruf und Unternehmen zu zeigen. Das belegt man am besten durch eine umfassende Vorbereitung. Dazu gehört zum Beispiel verstanden zu haben, womit sich das Unternehmen beschäftigt, auf welchen Märkten es tätig ist und vor welchen Herausforderungen es steht. Infos lassen sich zum Beispiel auf der Homepage finden oder im Gespräch mit Bekannten, die bei dem Unternehmen arbeiten.

Das bedeutet aber nicht, dass man ohne Fragen ins Gespräch gehen soll. Denn gezielte und kluge Fragen, wie zum genauen Aufbau der Ausbildung, zeugen von Interesse an seinem möglichen Arbeitgeber. Und auch die Frage nach der Entlohnung und möglichen Vergünstigungen ist gestattet.

In Zeiten, in denen Azubis in fast allen Bereichen gesucht sind, darf der Bewerber ruhig selbstbewusst sein, sollte die Schwelle zur Arroganz aber nicht überschreiten. „Mittlerweile sind beide Seiten fast auf Augenhöhe“, meint Cord Brandes.

Ein offenes Auftreten lässt sich durch Selbstgespräche vor dem Spiegel oder mit Vertrauten üben. Dabei ist der Inhalt nebensächlich, wichtiger ist es, Blickkontakt zu halten und zu versuchen auf die Aussagen des Gesprächspartners angemessen zu reagieren.

Auch Nervosität ist normal. „Man verlässt seine Komfortzone und begibt sich auf unbekanntes Terrain“, sagt Cord Brandes. Dabei schüttet der Mensch Adrenalin aus. Wichtig ist, dass es einen nicht hemmt. Falls doch, gestehen Sie es Ihrem Gegenüber und versuchen Sie nicht, krampfhaft die Haltung zu wahren. Denn Personaler sind keine seelenlosen Roboter und verstehen die Aufregung des Gegenübers.