Der Junior möchte die Schweinehaltung ausbauen, der Senior aber am Milchvieh festhalten. Der Hofnachfolger soll außerdem mit seiner Partnerin, die sich ein Leben in der Stadt vorstellen kann, ins Haus ziehen. Dort wohnt noch die gehbehinderte Schwester des Vaters und fühlt sich schon jetzt vernachlässigt. Hinzu kommen die älteren Geschwister des Hoferben und fordern ihren Anteil.
Es droht eine Zerreißprobe für das an sich harmonische Familienleben. In diese Ausgangslage versetzten sich Schüler der Fachschule Münster-Wolbeck vergangene Woche. Rollenspiele zum Konfliktmanagement gehörten zu den Lebensorientierungstagen an der Landvolkshochschule Freckenhorst.
Spannungen erkennen
So viele Brennpunkte auf einmal wie im Rollenspiel sind eher die Ausnahme, aber meist bedingt ein Problem das andere und sie beeinflussen sich gegenseitig. Besonders häufig entstehen Konflikte zwischen den Generationen, aber auch zwischen Eheleuten und vor allem wenn es ums Erbe geht, auch unter Geschwistern. Das verdeutlichten die Dozenten Ulrich Oskamp und Erwin Köster gemeinsam mit Irmgard Hüppe von der landwirtschaftlichen Familienberatung.
In Kleingruppen spielten die Schüler die Fälle nach. Es entwickelten sich lebhafte Diskussionen. Manche wechselten sogar ins Platt, um die ältere Generation nachzuahmen. Mancher ging regelrecht in der Rolle der Großmutter oder ledigen Tante auf. Das sorgte für den ein oder anderen Lacher. Überwiegend blieben die Schüler aber konzentriert bei diesem ernsten Thema. Denn einige kannten ähnliche Baustellen von zu Hause.
Irmgard Hüppe spielte die Einflüsterin, um noch etwas mehr Öl in die hitzige Diskussion zu kippen. Zwei Schüler versuchten, der streitenden Familie als Berater beizustehen. Dabei sollte es nicht vordergründig um die wirtschaftlichen Zahlen des Betriebes gehen, sondern um die Gefühlslage der Familienmitglieder. In diesem Fall darf der Berater keine Ratschläge geben.
„Sie werden oft eher als Schläge denn als Rat verstanden“, sagte Irmgard Hüppe. Er muss Fragen stellen und herausfinden, was die einzelnen Familienmitglieder möchten. Oft ist das durch falsch verstandenen Gehorsam oder die Devise „der Hof muss bestehen bleiben“ verdeckt. Die Familienmitglieder müssen das von sich aus klären. Der Berater wird mehr zum Begleiter.
Konflikte managen
Ob Schwester, Tante, Vater oder Mutter, prinzipiell ist es wichtig, auf die Gefühle und Wünsche jedes Familienmitgliedes einzugehen. Jeder sollte von sich aus schildern, was er sich von der Zukunft erhofft. Er sollte daher seine eigenen Wünsche äußern, ohne dass man vorher schon zu wissen meint, was das Gegenüber möchte.
Passende Kommunikation ist daher wichtig. „Du-Botschaften sind Drohbotschaften“, nennt Irmgard Hüppe ein Beispiel. Wenn jedes Familienmitglied seine Gefühle und Wünsche offen geschildert hat, finden sich meist Lösungen.
Die Dozenten gaben den Schülern Rüstzeug mit, um besser für solche Situationen gewappnet zu sein. Ihre Tipps lauten:
- Einen günstigen Zeitpunkt für das Gespräch suchen. Dann, wenn alle zur Ruhe kommen können.
- Nicht alles auf einmal bereinigen wollen. Konflikte gehören abgegrenzt und nach ihrer Dringlichkeit angegangen.
- Ärger offen ansprechen, dabei aber nicht verletzend werden.
- Das Gegenüber aussprechen lassen. Selbst nicht zu ausschweifend werden und versuchen, nur kurz Stellung zu nehmen.
- Rückfragen stellen, wenn man etwas nicht genau verstanden hat.
- Offen für Zwischenlösungen und Kompromisse sein. Nicht auf seinem Standpunkt verharren.
- Nicht zu lange diskutieren. Maximal anderthalb Stunden. Das Gespräch dann vertagen und möglichst konkrete Vereinbarungen für das nächste Mal treffen.