Mobilität auf dem Land

Für 3 € mit dem Fahrdienst

Ein Heimfahrdienst für Jugendliche von der Party im Nachbardorf – das wäre praktisch. In Ostbelgien gibt es dazu bereits ein gelungenes Projekt. Über die Erfahrungen berichtete Lontzens Bürgermeister Alfred Lecerf.

Ist eine Party zu Ende, können Jugendliche aus der Stadt mit dem Nachtbus oder der S-Bahn nach Hause fahren. Auf dem Land sieht das anders aus. Ist die Party im Nachbardorf, müssen Jugendliche die Eltern anrufen oder selbst Fahrgemeinschaften bilden, um nach Hause zu kommen. Wie praktisch wäre da ein Fahrdienst.

Ein gelungenes Konzept hierzu haben vier Gemeinden rund um das ostbelgische Lontzen entwickelt. Während einer Veranstaltung des Zentrums für ländliche Entwicklung, die am vergangenen Freitag in Sundern-Langscheid im Hochsauerlandkreis stattfand, stellte der Bürgermeister von Lontzen, Alfred Lecerf, die Idee vor.

Drei Bullis gesponsort

In der Gemeinde Lontzen und zwei weiteren Gemeinden gibt es drei Bullis mit je acht Sitzplätzen. Eine vierte Gemeinde beteiligt sich finanziell an dem Projekt. „Die Anschaffung der Bullis haben wir komplett über Sponsoren finanziert“, erklärte Alfred Lecerf. Jeder Sponsor ist mit seiner Werbung auf dem Fahrzeug zu sehen. Findet eine Party statt, kann sich der Veranstalter an das Service-Team wenden. Dieses organisiert die Heimfahrten mit den Gemeindebullis in der Nacht. Ein Wohnwagen dient dazu als mobiles Büro, das an dem jeweiligen Abend vor der Partylocation steht. Jugendliche bis 25 Jahre können sich hier für die Rückfahrt zu einer bestimmten Uhrzeit anmelden. „Die Jugendlichen müssen ihren Personalausweis vorzeigen, damit wir die Adresse notieren“, erzählt der Bürgermeister. Denn die Partygäste dürfen den Bulli nur für die Heimfahrt nutzen, nicht um noch zur nächsten Party zu fahren. Jeder Fahrgast zahlt 3 € pro Fahrt – egal wie weit die Strecke ist.

In den vier Gemeinden gibt es etwa zehn bis zwölf Fahrer – ehrenamtlich. „Die Fahrer sind Jugendliche, die früher selbst diesen Fahrdienst genutzt haben. Wir bezahlen ihnen ein Fahrsicherheitstraining, wenn sie den Führerschein machen und ehrenamtlich aktiv werden möchten“, so Alfred Lecerf. Der Fahrdienst findet aus Sicherheitsgründen nur in den Sommermonaten statt. Etwa 800 bis 1000 Jugendliche nutzen diesen Service jedes Jahr. Probleme mit den örtlichen Taxiunternehmen entstünden dadurch nicht.

Mobilität? Oft Fehlanzeige

Auch Jugendgruppen oder Landfrauenverbände können den Bulli ausleihen. Zu hinterlegen sind eine Kopie des Führerscheins und Personalausweises sowie eine Kaution von 100 €. Mietkosten fallen keine an. Der Bulli muss lediglich voll getankt zurückgegeben werden. Die Kosten für Versicherung und Steuern übernehmen die jeweiligen Gemeinden. Bürgermeister Alfred Lecerf schätzt die Kosten auf etwa 800 bis 1000 € pro Gemeinde. Den Heimfahrdienst gibt es bereits seit 2001 in den Gemeinden von Lontzen und Umgebung.

Fehlende Mobilität – das beklagen auch viele Jugendliche hierzulande. Dr. Stephanie Arens von der Südwestfalen Agentur in Olpe konnte das bestätigen. Sie arbeitet seit Jahren mit Jugendlichen in Projekten zusammen, in denen es um die Entwicklung ihrer Region geht. In Sachen Mobilität auf dem Land bleibt noch viel zu tun.