Ausbildung mit Energie

Erneuerbare Energie: Chancen in der Branche

Hildegard Boisserée-Frühbuss kümmert sich für die EnergieAgentur.NRW auf Messen um die berufliche Beratung im Bereich erneuerbare Energie. Obwohl die Energiewende stockt, zeigt die Agraringenieurin sich optimistisch, was das Jobangebot angeht.

In den vergangenen Jahren ist die Energiewende in Deutschland etwas ins Stocken geraten. Wie schätzen Sie das Jobpotenzial im Sektor der erneuerbaren Energie in NRW ein?

Boisserée-Frühbuss: Das ist abhängig von der politischen Entwicklung und kann daher schwanken. Bestes Beispiel ist die Windkraft. Ihr Ausbau wurde zwar gegenwärtig ausgebremst, aber sie hat sich in den vergangenen Jahren enorm ausgeweitet – vom Aachener Raum bis nach Ostwestfalen. Allein in der Instandhaltung stecken Arbeitsplätze.

Auf Dauer schätze ich insgesamt das Jobpotenzial als sehr groß ein. Denn unsere Gesellschaft wird nicht umhinkommen, sich noch breiter im Bereich erneuerbare Energie aufzustellen, alleine um die Klimaziele und den Ausstieg aus den fossilen Energieträgern voranzutreiben. Damit sind zahlreiche neue Arbeitsplätze verbunden.

Ein wachsendes Angebot bei den erneuerbaren Energie

Können Sie Zahlen nennen?

Boisserée-Frühbuss: In NRW existieren allein an die 4500 Unternehmen mit rund 44  000 Beschäftigten im Sektor der erneuerbaren Energie. Gerade in den strukturschwächeren Regionen des Landes gibt es vom Anlagenhersteller bis zum Projektierer viele mittelständische Unternehmen und damit ein wachsendes Ausbildungs- und Jobangebot in diesem Bereich.

Welche Ausbildungsberufe verstecken sich denn im Bereich erneuerbare Energie?

Boisserée-Frühbuss: Den größten Teil macht die Stromversorgung aus. Das betrifft vor allem Elektronikerberufe – zum Beispiel den Elektroniker für Betriebstechnik und den Elektroniker für Energie- und Gebäudetechnik.

Ein zweiter wichtiger Beruf ist der des Anlagenmechanikers Sanitär-, Heizung- und Klima (SHK). Durch die erneuerbare Energie hat er eine Ausweitung erfahren. Energieeffizienz, Solarthermie und Wärmepumpen spielen eine immer größer werdende Rolle.

Gibt es Berufe, die man auf Anhieb nicht mit erneuerbarer Energie in Verbindung bringt?

Boisserée-Frühbuss: Da sehe ich zum Beispiel im Bereich Erdwärme den Brunnenbauer oder bei den Biogasanlagen den Biologisch Technischen Assistenten (BTA). Auch der Dachdecker erhält durch die Photovoltaik ein weiteres Aufgabenfeld.

Gibt es gemeinsame Grundfertigkeiten, die Interessenten in diesem Bereich mitbringen sollten?

Boisserée-Frühbuss: Diese Berufe haben meist eine naturwissenschaftliche und technische Basis. Grundfertigkeiten, die ein angehender Azubi mitbringen sollte, liegen daher in Mathe und Physik. Leider wird manches in der Schule nicht ausreichend vermittelt und es muss in der Lehre nachgeholt werden. Das bekomme ich von den Arbeitgebern gespiegelt.

Hinzu kommen praktisches Geschick und räumliches Denken. Auch sollten die Azubis teamfähig sein. Denn Teamarbeit ist hier oft wichtiger als in anderen Arbeitsfeldern.

Wie zahlt die Branche?

Boisserée-Frühbuss: Im Energiebereich kann man auf jeden Fall mit einem guten Grundgehalt rechnen – auch in der Ausbildung. Es gilt die Faustregel, dass in größeren Betrieben mehr verdient wird. Zum Beispiel zahlen Stadtwerke oder größere Industrieunternehmen mehr als ein kleiner Elektrofachbetrieb, der nicht dazu in der Lage ist. Aber entscheidend in der Ausbildung ist das, was man an Wissen, Können und Motivation für den weiteren Weg mitnimmt.

Zahlreiche Studiengänge im Bereich der regenerativen Energie

Der weitere Weg kann in ein Studium führen. Was raten Sie Abiturienten, die in diesem Sektor tätig werden möchten?

Boisserée-Frühbuss: Eine Ausbildung macht auch für Abiturienten Sinn. Vor allem haben sie so die Praxis kennengelernt. Das unterscheidet sie von denen, die gleich nach der Schule an die Hochschule gehen.

Die Studiengänge im Bereich erneuerbare Energie werden meist auf Fachhochschulebene angeboten. Dort steht der Praxisbezug im Vordergrund und Wissen aus der Ausbildung lässt sich so vertiefen.

Mittlerweile gibt es ein dreistelliges Angebot an Studiengängen im Feld der erneuerbaren Energie. Macht es nicht Sinn, gleich Elektrotechnik zu studieren?

Boisserée-Frühbuss: Der Interessierte sollte den Studiengang prüfen. Es geht nicht nur darum, einen schönen Namen zu haben, sondern um Inhalt und Aufbau. Vor allem wie breit gefächert ist der Studiengang im Bereich Naturwissenschaft und Technik und welche Praxismodule bietet er an. Wenn das erfüllt ist, kann ein Studiengang „Regenerative Energien“ zielführend sein, weil er mit praktischen Erfahrungen in der Branche eine direktere Ausrichtung im Bereich erneuerbare Energie bietet.

Hildegard Biosseree-Frühbuss ist im Projekt EnergieJobs.NRW aktiv. (Bildquelle: privat)