Einsatz mit Herz und Hand

Maike Bobe ist das zweite Jahr ihrer landwirtschaftlichen Ausbildung auf dem Hof Klanhorst, einem Bauernhof für Menschen mit Behinderung. Das erfordert von der jungen Frau Tatkraft und viel Verständnis.



"So bindest du das Seil um den Kopf der Kuh“, geduldig zeigt Maike Bobe Dennis (Name geändert), wie eine Kuh angehalftert wird. Dennis schaut ihr aufmerksam zu. Doch er hat Probleme, es auf Anhieb zu verstehen, denn er hat ein geistiges Handicap. Gemeinsam führen die beiden jeder eine Kuh am Strick vom Melkstall zum Trockenstall.

Azubi Maike Bobe

2.Ausbildungsjahr
Alter: 20 Jahre
Berufsschule: Wilhelm-Normann Berufskolleg in Herford
Elterlicher Betrieb: Sauen im geschlossenen System in Bad Salzufeln-Wüsten im Kreis Lippe

Die 20-Jährige arbeitet im zweiten Jahr ihrer landwirtschaftlichen Ausbildung auf dem Hof Klanhorst. Die Einrichtung gehört zu den Diakonischen Werkstätten Minden und liegt in Petershagen-Raderhorst. Auf dem Biolandbetrieb arbeiten 32 Menschen mit geistiger Behinderung und seelischen Problemen.

Den Menschen sehen

Maike hat bei der Landwirtschaftskammer einen Betrieb gesucht, der Gemüse anbaut, Schweine hält und Direktvermarktung betreibt. Dabei stieß sie auf den Hof Klanhorst. Der Betrieb gliedert sich in drei Bereiche: die klassische Landwirtschaft, einen Schälbetrieb und den Gemüseanbau mit Direktvermarktung.

„Die Auszubildende übernimmt zeitweise Verantwortung für die Tierhaltung und die Außenwirtschaft“, erklärt Abteilungsleiter und Ausbilder Volkmar Scharf.

Maike wohnt auf dem Hof Klanhorst. Sie lebt im Obergeschoss des ehemaligen Leibzuchtgebäudes. Dort hat sie eine kleine Küche und ein Schlafzimmer. Wenn Besuch ins Haus steht, kann sie ihn im Sozialraum empfangen.

Der Arbeitsablauf auf dem Hof Klanhorst unterscheidet sich von klassischen Familienbetrieben: Täglich um 7.45 Uhr treffen sich die Angestellten im Sozialraum und besprechen den Tag. Maikes Tagesablauf ist unterschiedlich: An manchen Tagen füttert sie morgens die Kühe. Dabei hilft ihr ein Kollege mit Behinderung. Sie zeigt ihm, wie das Futter gemischt wird. „Ich muss unsere Mitarbeiter dort abholen, wo sie stehen. Auch wenn es längere Zeit dauert, bis sie es können“, sagt die Auszubildende.

Jeder Kollege auf dem Hof ist anders: Einem muss Maike alles erklären, andere hingegen sind sehr selbstständig und können Aufgaben komplett alleine erledigen. „Man soll nicht immer mit Vorurteilen auf die behinderten Menschen zugehen, sondern den Menschen in seiner einzigartigen Persönlichkeit sehen“, stellt sie klar.

Viel Schlepper fahren

„Von zu Hause bin ich eher die Arbeit im Schweinestall gewohnt, dort bin ich nicht viel Schlepper gefahren“, sagt Maike, deren Eltern Sauen im geschlossenen System halten. Auf dem Hof Klanhorst drillt, kalkt und pflügt sie. Sie mäht Wiesen für die Silage und durfte sogar den Kartoffelroder steuern. „Ich kann hier viel ausprobieren und testen“, sagt sie.

Die Ostwestfälin sammelt viel Erfahrung im Umgang mit den Landmaschinen und entwickelt ein Gefühl für die Feldarbeit. „Wenn ich etwas falsch mache, geht hier nicht gleich die Welt unter“, lobt sie den Umgang im Betrieb.Lernen ist ihre große Motivation. „Ich möchte viel mitnehmen“, sagt die 20-Jährige. So hat sie freiwillig schon mehrere Lehrgänge belegt.

Persönliche Entwicklung

Seit vier Jahren bildet der Hof Klanhorst aus. „Bis jetzt waren es vier junge Frauen“, erzählt Volkmar Scharf. „Ein Ausbildungsjahr bei uns soll nicht nur fachlich etwas vermitteln, sondern bringt einem auch was für die persönliche Entwicklung“, meint er. Die Menschen mit Behinderung im Alter von 18 bis 62 Jahren haben die Chance, in einem großen Team an der frischen Luft zu arbeiten.

Im Umgang mit den Tieren übernehmen sie Verantwortung. Durch die Direktvermarktung sehen sie, wo ihre Produkte hingehen und verkauft werden. „Die Arbeiten für die Beschäftigten können relativ anspruchslos wie Fegen sein. Manche Mitarbeiter können aber auch Schlepper fahren und übernehmen damit viel Verantwortung“, sagt Volkmar Scharf und ergänzt: „Wichtig ist: Jeder trägt etwas bei, keiner kann alles, aber alle können täglich et- was dazulernen.“

Maike nimmt die Erfahrungen, die sie abseits der Landwirtschaft auf dem Hof Klanhorst sammelt, gerne mit. Im Anschluss an ihre Ausbildung möchte sie gerne den elterlichen Betrieb in Bad Salzufeln-Wüsten übernehmen. Ob sie dafür die Fachschule besucht oder studiert, hat die angehende Landwirtin noch nicht entschieden. Patrick Otte