Landwirtschaftliche Ausbildung

Ein Lehrjahr auf Haus Düsse

Auf Haus Düsse kommen die landwirtschaftlichen Azubis zur überbetrieblichen Ausbildung. Mehr als ein paar Wochen ist dort Nora Joch. Sie absolviert auf dem Lehrgut ein Ausbildungsjahr. Auch abseits der Arbeit ist manches anders.

Jeder, der zwischen Rhein und Weser Landwirt werden möchte, wohnt während seiner Ausbildung für ein paar Wochen auf Haus Düsse. Im Versuchs- und Bildungszentrum der Landwirtschaftskammer NRW bei Bad Sassendorf im Kreis Soest vertiefen sie in der überbetrieblichen Ausbildung ihr Wissen zur Tierhaltung.

Doch nur wenige verbringen ein ganzes Jahr ihrer Ausbildung dort. Zurzeit sind acht Auszubildende zum Landwirt angestellt. Eine von ihnen ist Nora Joch. Die 18-Jährige aus Olsberg-Wiemeringhausen im Hochsauerlandkreis steht im dritten Jahr ihrer Ausbildung.

Versuche gehören dazu

Die ersten beiden Jahre der Lehre arbeitete Nora auf Milchviehbetrieben im Sauerland. Anders, als sie es kannte, sehen die beiden Boxenlaufställe – einer davon mit Melkroboter – auf Haus Düsse aus: Sie sind mit unterschiedlichen Liegeboxenbügeln, Laufflächenbelägen und verschiedenen Nackenriegeln ausgestattet. Diese vielfältige Ausstattung nutzen die Mit­arbeiter für die Aus- und Weiterbildung. Es wird gezeigt, wie die verschiedenen Varianten auf die Kuh, ihre Leistung und die Arbeit des Landwirtes wirken. Neben der Ausbildung finden im Rinderbereich auch Erprobungen statt. Im Melkroboterstall werden zum Beispiel für eine Bachelorarbeit gerade unterschiedliche Tränken untersucht. Dabei packt Nora mit an.

„Der erste Gang am Tag ist meist ins Büro neben den Stall“, sagt sie. Sie hilft ihrem gegenwärtigen Ausbilder Sebastian Heimann bei der Datenerfassung. Über das Tablet haben sie die Daten aus dem Stall immer im Blick. „Ich habe jeden Tag mindestens einen Aha-Moment“, sagt Nora, egal ob es bei den Versuchen zu den Liegeboxen, den Fressgittern oder den Tränken ist. „Wer auf der Düsse ein Lehrjahr machen möchte, sollte neugierig sein“, sagt Sebastian Heimann. Er ist seit 2017 für den Rinderbereich mit zuständig. Allein sechs Ausbilder sind es beim Milchvieh.

Doch nicht nur die Datenerfassung gehört zu Noras Aufgaben. Am Morgen hieß es für sie Futter anschieben. Gemeinsam mit einem Azubi-Kollegen bildet sie zurzeit das Futterteam. In zwei unterschiedlichen Boxenlaufställen werden insgesamt 140 Milchkühe gehalten. Neben dem Stall mit Melkroboter gibt es einen zweiten mit einem Fischgräten- und einen Side-by-Side-Melkstand. Zum Rinderbereich zählt auch eine kleine Mutterkuhherde mit verschiedenen Fleischrindrassen wie Angus und Limousin.

Arbeiten in sechs Bereichen

Während des Jahres auf der Düsse lernt Nora sechs verschiedene Bereiche kennen: Sauenhaltung, Ökoschweine und Schweinemast, Versuchsackerbau, Ackerbau sowie Geflügel und Rinder. Zu Beginn schnupperte sie jeweils für eine Woche in jeden Bereich rein. Dann ging es wieder von vorne los. Im zweiten Durchgang arbeitet sie für zwei Wochen in den einzelnen Bereichen. Das bedeutet auch, dass sie mit jedem Wechsel einen anderen Ausbilder hat.

Zusammen mit ihrem Ausbilder misst sie die Temperatur der Kuh. (Bildquelle: Otte)

Gegen Ende des Ausbildungsjahres, wenn es auf die Zielgerade in Richtung Abschlussprüfung geht, kann sie in dem Bereich arbeiten, in dem sie geprüft werden möchte. „Mir liegt der Rinderbereich. Ich finde es aber gut, beim Geflügel und den Schweinen Erfahrungen gesammelt zu haben. Denn beides hatte ich in den ersten Jahren nicht.“ Im Sauenstall fütterte sie, kontrollierte die trächtigen und laktierenden Sauen, säuberte die Buchten und versorgte die Ferkel. Außerdem half sie bei den Fütterungstests und Aufstallungsversuchen, zum Beispiel mit den Bewegungsbuchten für die Sauen.

Begehrte Plätze

Wer ein Jahr seiner Ausbildung auf der Düsse machen möchte, sollte sich frühzeitig kümmern. Es ist ideal für Azubis, die viele verschiedene Bereiche der Landwirtschaft kennenlernen wollen. „Aber auch die, die sich schon auf einen Bereich festgelegt haben, können hier ihren Horizont erweitern“, meint der Agrarbetriebswirt Sebastian Heimann. Nora selbst hat sich drei Jahre im Voraus beworben. Die Plätze sind sehr begehrt. „Für meine Lehre habe ich das dritte Jahr als Erstes festgemacht“, erinnert sich die Auszubildende.

Leben wie in einer WG

Neue Erfahrungen sammelt Nora auch abseits der Arbeit. In den anderen beiden Lehrjahren hat sie auf den Betrieben gewohnt und war regelrecht ein Teil der Familie. „Hier ist das anders. Ich lebe mit den anderen Azubis zusammen. Mehr WG- als Familienleben.“ Alle Azubis wohnen auf der Düsse. Jeder hat in einem der Gästehäuser sein Zimmer samt Bad.

Gegessen wird in der Kantine. Daher müssen die Azubis mindestens 18 Jahre alt sein. Durch den ständigen Besuch von Lehrgangsteilnehmern – pro Jahr allein über 600 Azubis – ist unter der Woche immer etwas los. Im Westfalenkeller können sie kegeln und die auf der Düsse angestellten Azubis können in einem separaten Aufenthaltsraum entspannen.

Auch die Berufsschule befindet sich direkt auf dem Gelände. Das Lippe-Berufskolleg Lippstadt hat hier eine Außenstelle, in der Nora Blockunterricht hat. Außerdem wird viel Zeit in die Vorbereitung auf die Abschlussprüfung gesteckt. Ein Ausbilder kümmert sich um zwei Azubis und bereitet sich mit ihnen auf die Prüfung vor. Nach der Ausbildung will Nora die Fachschule besuchen. Zuvor möchte sie aber gerne im Ausland das Gesellenjahr verbringen.