Durchblick trotz Sehschwäche

Franziska Heseners Augen sind sehr schwach. Trotzdem behält die junge Hauswirtschafterin bei der Arbeit im Bistro den Überblick. Auch auf dem elterlichen Hof in Werne im Kreis Unna packt sie mit an.

Franziska Heseners Augen sind sehr schwach. Trotzdem behält die junge Hauswirtschafterin bei der Arbeit im Bistro den Überblick. Auch auf dem elterlichen Hof in Werne im Kreis Unna packt sie mit an.

Draußen fängt es an zu dämmern. Immer mehr Gäste kommen in das Bistro der „Alexianer Waschküche“ an in Münster. Manche bestellen nur einen Kaffee zum Mitnehmen, andere setzen sich ins Bistro und studieren die Speisekarte.

Franziska Hesener balanciert einen Cappuccino durchs Lokal. Sie setzt die Tasse ab und beginnt sich mit dem Gast über das Schmuddelwetter in der Domstadt zu unterhalten.Auf den ersten Blick wirkt die Bedienung wie eine ganz normale junge Frau.

Doch im Gespräch wird klar, dass ihre Augen nicht die volle Sehkraft haben. Für Franziska ist die Welt unscharf. Ihre Umgebung sieht sie wie durch ein Milchglas. Ohne Brille haben ihre Augen nur eine Sehkraft von 15 %. Trotzdem führt Franziska ein normales Leben.

Profi fürs Buffet

In dem Lokal mit angegliedertem Waschsalon arbeitet Franziska im Service des Bistros. Die 26-Jährige bedient die Gäste und kümmert sich um die verschiedenen Buffet­angebote des Hauses. Ob Frühstücksbuffet, Mittagsbuffet oder die Speisen für Feiern – Franziska trägt auf und sorgt dafür, dass immer genug Leckereien auf den Servierschalen und Platten liegen.

„Ohne sie hätten wir montags kein Essen“, sagt Betriebsleiterin Cornelia Schröder. Denn dann hat der Koch seinen freien Tag und Franziska übernimmt die Regie in der Küche. Sie wärmt die vorbereiteten Speisen auf und serviert sie. Die „Alexianer Waschküche“ ist ein Integrationsbetrieb, in dem Menschen mit und ohne Behinderung einen Arbeitsplatz finden. Franziska hat es auch in der normalen Gastronomie probiert. „Doch ich schaffe nicht das Tempo eines Normalsichtigen“, gibt sie offen zu.

Die Arbeit in der „Waschküche“ bereitet ihr hingegen jeden Tag Freude und das schon seit knapp vier Jahren. Zuvor hat sie am Berufsbildungswerk in Soest, einem Förderzentrum für blinde und sehbehinderte Menschen, ihre dreijährige Ausbildung zur Hauswirtschafterin gemacht.

Kleine Hilfsmittel

Durch ihre Sehschwäche hat Franziska offiziell einen Behinderungsgrad von 60 %. Doch damit hat sie sich arrangiert. Die Augen sind seit ihrer Geburt so schwach. „Ich kenne es gar nicht anders.“ Mit der Brille kommt sie auf eine Sehstärke von 30 %. Die Gläser sind dünn geschliffen und ähneln nicht mehr wie früher Glasbausteinen.

Für Kleingedrucktes benutzt sie eine Lupe. Die Buttons auf der digitalen Kasse des Bistros sind größer – auch die Rechnungen. Schlecht erkennt die junge Frau vor allem den Eichstrich auf den Gläsern. Entweder muss sie das Glas ganz nah an eine Lampe über der Theke halten oder sie hilft sich mit einer digitalen Waage und wiegt den Inhalt einfach ab. Mittlerweile hat sie es aber auch im Gefühl, wie voll ein Weinglas sein darf.

Leben auf dem Bauernhof

Zu Hause ist sie in Werne im Kreis Unna. Meist nimmt sie den Zug nach Münster. Das dauert ungefähr 30 Minuten. Einen Führerschein durfte sie nicht machen. In Werne haben ihre Eltern einen Hof. Im Nebenerwerb hält ihr Vater knapp 500 Mastschweine. Hinzu kommen noch drei Pferde, sechs Ziegen, drei Hunde und ein paar Hühner. Von Kindesbeinen an packte Franziska zu Hause mit an – Sehschwäche hin oder her.

„Es ist einfach toll, auf einem Hof aufgewachsen zu sein.“ Sie füttert die Schweine und hilft beim Umstallen und Verladen der Tiere. Ihre Leidenschaft gilt aber den Pferden. Selbst ist sie begeisterte Reiterin. „Ich darf aber nur auf dem Reitplatz reiten. Im Gelände ist es zu gefährlich. Außerdem wäre es dort auch nicht versichert“, verdeutlicht die Älteste von vier Geschwistern. pat

Mehr über Franziska erfahrt ihr im Wochenblatt 51/2016 auf Seite 103.