Bestanden mit Bestnote

1,0 – und das in der Abschlussprüfung der landwirtschaftlichen Ausbildung. Paul Stegemann und Lukas Münning haben es geschafft. Doch was für Köpfe stehen hinter den Noten?



Eine 1,0 in allen fünf Teilen der Abschlussprüfung – das ist sogar für zwei Veteranen der landwirtschaftlichen Ausbildung im Münsterland neu. In mehr als 25 Jahren haben Burkhard Schulte-Bories, Ausbildungsberater der Landwirtschaftskammer, und Berufsschullehrer Erwin Köster das noch nicht erlebt.

Doch in diesem Sommer gelang gleich zwei Azubis aus dem Kreis Steinfurt das Kunststück: Paul Stegemann aus Recke und Lukas Münning aus Wettringen. Mit diesem Notenschnitt sind sie in diesem Jahr die einzigen landwirtschaftlichen Azubis in Westfalen-Lippe.

Im Juli bestanden die Nachwuchslandwirte die betriebliche Prüfung mit der Traumnote in der Tier- und der Pflanzenproduktion. Gut einen Monat vorher legten Paul und Lukas die schriftliche Prüfung ab. Auch hier bekamen sie eine 1,0 in den Klausuren zur Wirtschafts- und Sozialkunde, zur Pflanzenproduktion und zur Tierproduktion.

„In der Ausbildung hatte ich die Chance, viele Seiten der Landwirtschaft kennenzulernen. Das war sehr wichtig für die Prüfung“, verrät Lukas Münning. Das erste Jahr seiner auf zwei Jahre verkürzten Lehre verbrachte der 21-Jährige in Wettringen-Klein Haddorf auf dem Betrieb von Heinz-Gerd Herwing. Herwing hält 230 Sauen und 100 Milchkühe.

Das zweite Jahr arbeitete Lukas auf dem Betrieb von Stefan Löcker in Ochtrup. Dort kümmerte sich der Wettringer gemeinsam mit seinem Ausbilder, einem weiteren Auszubildenden und zwei festen Mitarbeitern um knapp 3000 Mastschweine und 500 Sauen.

Auch ein wenig Glück

Während der Ausbildung hat er bei seinen Eltern in der Bauerschaft Bilk gewohnt. Dort halten sie 300 Mastschweine im Nebenerwerb. „Mir war es wichtig, auch in der Woche meine Freunde zu sehen“, sagt der Junglandwirt, der in seiner Freizeit Fußball im Verein spielt. Außerdem war die Distanz zu den Lehrbetrieben nicht weit.

Seine betriebliche Prüfung fand auf dem Hof Lütke Harmann in Sendenhorst statt. Im Teil Tierproduktion punktete er beim Thema Schweinemast. Im Gespräch mit den zwei Prüfern – einem Mitarbeiter des Erzeugerrings und ­einem landwirtschaftlichen Praktiker – konnte der Junglandwirt beide mit seinem Wissen überzeugen.

Ein wenig Glück gehört aber auch zu der Topnote. „Die schriftliche Aufgabe zu den Rindern war wesentlich schwieriger als die zu den Schweinen. Mit ihr hatten im Nachhinein sogar manche Ausbilder Probleme“, gibt Lukas zu. Er hat sich in der Klausur zur Tierproduktion für die Aufgabe zu den Schweinen entschieden und erntete die volle Punktzahl.

Auch auf dem Abschlusszeugnis am Wilhelm-Emmanuel-von-Kettler-Berufskolleg in Münster stand am Ende ein Notenschnitt von 1,0. „Ich habe vor allem Berufsschullehrer Erwin Köster gut zugehört. Bei ihm konnte ich viel für den Beruf und die Prüfung mitnehmen“, fasst der frischgebackene Landwirt die Schulzeit zusammen.

Nach der Ausbildung wird er zunächst noch weiter auf dem Betrieb von Stefan Löcker anpacken. Ab Mitte September beginnt der junge Praktiker das Studium der Landwirtschaft an der Hochschule Osnabrück. Später möchte er als Berater für Tierproduktion arbeiten.

Im Anschluss studieren

Auch Paul Stegemann zieht es nach der Ausbildung zum Studium der Landwirtschaft an die Hochschule Osnabrück. Sein Ziel ist es, später den elterlichen Betrieb mit 4000 Mastschweinen in Recke zu übernehmen. „Ich hoffe, im Studium noch mehr zu lernen als an der Fachschule“, begründet der Junglandwirt seinen Entschluss für die Hochschule.

Das erste Jahr seiner zweijährigen Ausbildung verbrachte der angehende Student auf dem Betrieb von Jürgen Bußmann in Ochtrup. Dort lernte er die Sauenhaltung kennen. Im zweiten Jahr stand der Pflanzenbau im Mittelpunkt. Paul arbeitete auf dem 240-ha-Betrieb von Christoph Schulze Heuling in Warendorf. Vor allem die Kartoffel­ernte im Herbst wird ihm als eine sehr arbeitsintensive Zeit in Erinnerung bleiben.

„Für mich war es wichtig, Betriebsstrukturen, die anders sind als zu Hause, kennenzulernen“, blickt der Bauernsohn zurück. Darum hat er sich auch schon vor der Ausbildung um die Ausrichtung der Lehrbetriebe gekümmert.

In der betrieblichen Prüfung kam ihm zugute, dass er von Kindesbeinen an die Schweinemast kennt. Auf dem Betrieb von Clemens Winkelkötter in Everswinkel wurde er zur Ferkelaufzucht und Schweinemast geprüft.

Praxiserfahrung sammeln

Für Paul und Lukas stand schon auf dem Gymnasium fest, dass sie etwas mit Landwirtschaft machen möchten. „Der Landwirt – das sind viele Berufe in einem“, bringt Lukas es auf den Punkt. Ein Studium direkt nach dem Abitur kam für beide nicht infrage.

„Ich wollte erst einmal praktische Erfahrung sammeln“, sagt Paul. Lukas ergänzt: „Ich möchte wissen, wovon die Professoren reden.“Außerdem sind Hochschulabsolventen mit einer Ausbildung bei späteren Arbeitgebern beliebter als ohne. Patrick Otte