Schützenvereine

Schützen im Blick der Forschung

In diesem Jahr fanden wegen Corona keine Schützenfeste statt. Ideal, um in Ruhe zu schauen, was die Schützenvereine sonst noch für die Dörfer und Bauerschaften bedeuten. Forscher der Uni Paderborn geben Antworten.

Egal wie klein der Ort in Westfalen ist, ein Schützenverein gehört dazu. Doch die Ver­eine stehen vor Herausforderungen, kurz gesagt: Die Tradition ist im Wandel. Was das genau bedeutet, haben die Historiker Jonas Leine­weber und Peter Karl Becker in ihrer Studie „Das Schützenwesen in Westfalen als Immaterielles Kulturerbe“ untersucht.

Wochenblatt: Das Schützenjahr 2020 ist historisch: Flächendeckend fielen die Feste aus. Kann man sich einen Schützenverein ohne Schützenfest vorstellen?

Becker: Keine Schützenfeste hat es immer mal gegeben, zum Beispiel während der Kriege. Das muss der Verein und seine Mitglieder aushalten können. Außerdem gibt es schon jetzt zahlreiche Vereine, die nicht jedes Jahr ein Fest feiern. Die Vereine können so andere Säulen ihres Vereinslebens betonen.

Wochenblatt: Welche weiteren Säulen fallen Ihnen da ein? Wie konnten die Vereine ihre Bedeutung für den Ort zeigen?

Leineweber: Der gemeinsame Nenner aller Schützenvereine sind Gemein­schaft, Gemeinsinn und Geselligkeit. Gemeinschaft und Geselligkeit fielen in diesem Jahr aus. Vereine, die in diesem Jahr Soli­darität gegenüber ihren Mitmenschen gezeigt haben, fuhren am besten. Sie starteten Spendenaktionen für Kindergärten oder Alten­heime.

Platt wurde es, wenn nur Klischeebilder vom Trinken in den sozialen Medien ­geteilt wurden. Dabei lassen sich Geselligkeit und Gemeinsinn verbinden: So gab es Vereine, die ein typisches Schützenfrühstück mit Bier, Wurst und Käse gegen eine Spende für ­einen wohltätigen Zweck angeboten haben.

Wochenblatt: Sie sprechen das Klischee an: Was entgegnen Sie denen, die den Schützenverein als reinen Feierverein sehen?

Leineweber: Geselligkeit spielt eine große Rolle. Die Schützenfeste sind eine Entlastung des Alltags, wie alle Volksfeste. Wichtig ist, dass der Schützenverein mehr als das Schützenfest ist. Die Vereine halten neben dem sozialen Engagement oft die kulturellen Angebote im Ort aufrecht, zum Beispiel Informations- und Diskussionsabende. Dort wird das demokra­tische Grundverständnis im Kleinen eingeübt. Jugendliche erleben erstmals politische Mitsprache.

Aufruf des Wochenblattes:
Schützen sind auch ohne Fest aktiv. Zeigen Sie, was Ihr Verein dieses Jahr auf die Beine gestellt hat! Hat er sich sozial engagiert oder fand das Schützenfest auf...