„Wer in der Klasse hat Stroh im Kopf?“

Mobbing von Bauernkindern

Mobbing ist ein Phänomen, das alle Alters- und Schulformen betrifft. Doch geraten Kinder vom Hof aufgrund ihrer Herkunft dabei besonders ins Visier? Die Ergebnisse einer Online-Umfrage legen das nah.

Wenn in den Medien vom Thema Mobbing die Rede ist, folgt dem Wort seit einigen Jahren meist der kleine Zusatz „Cyber“. Gehässigkeiten, die gezielt über WhatsApp-Gruppen oder Facebook verbreitet werden, stehen dabei im Mittelpunkt. Was dabei aus dem Blick gerät: Ein Kind auszugrenzen, zu verletzen und niederzumachen – das funktioniert auch heute ohne Smartphones, Tablets und Computer. Häufig sind nur ein paar Mitschüler aktiv daran beteiligt. Die übrigen Schüler sagen jedoch nichts, um die Akteure zu bremsen. In einigen Fällen schreiten auch die Lehrer nicht ein oder machen sogar mit – bewusst oder unbewusst.

Es fängt klein an

Egal ob mit oder ohne Smartphone: Für das betroffenen Kind wird das Mobbing schnell zum großen, allumfassenden Thema. Dabei fängt es oft im Kleinen an. So wie bei dem damals siebenjährigen Andreas*. „Als er in der zweiten Klasse war, las die Lehrerin gemeinsam mit den Schülern das Kinderbuch ,Das Sams‘“, erinnert sich Landwirtin Juliane Vees. Was unverfänglich klingt, nahm einen überraschenden Verlauf. In der Geschichte fällt der Begriff „strohdumm“. Die Lehrerin erläuterte, was damit gemeint ist, und stellte anschließend die Frage: „Was meint ihr: Wer bei uns in der Klasse hat auch Stroh im Kopf?“. Die Antwort, die sie selbst zur Erheiterung der Mitschüler auf diese Frage gab, lautete: „Na, Andreas. Der kommt schließlich vom Hof!“.

Juliane Vees hat diese Geschichte schon viele Male erzählt. Und immer noch wühlt es sie auf, über dieses Ereignis zu sprechen. Es macht sie wütend und fassungslos, dass ausgerechnet die Lehrerin den Ball damals ins Rollen brachte. Denn dieser vermeintlich harmlose Spruch blieb an ihrem Sohn haften. Für die Mitschüler war er von da an eben der Andreas mit dem Stroh im Kopf. Das zog sich viele Jahre durch – auch in der weiterführenden Schule. Erst ein Schulwechsel in der siebten Klasse brachte Besserung. Im Nachhinein macht Juliane Vees sich Vorwürfe. „Wir hätten ihn schon damals von der Schule nehmen müssen“, sagt sie rückblickend.

Einfach Pech gehabt?

Juliane Vees ist nicht nur Landwirtin und Mutter von drei Kindern, sondern auch Präsidentin des Landfrauenverbandes Württemberg-Hohenzollern. Anfangs glaubte sie,...