Wer hat an Gottes Strauch genagt?

Ein in der Bibel erwähnter Rizinusstrauch gab Forschern lange Zeit Rätsel auf. Ein ungewohnter Blick auf die Heilige Schrift.

Kaum etwas aus der biblischen Zeit ist uns heute noch vertraut. Die Lebensumstände haben sich seit Entstehung der Schriften vollkommen geändert. Doch die Natur ist beständiger. Die Pflanzen, die in der Bibel erwähnt werden, wachsen teils auch heute in unseren Gärten. Einige sind heute wie damals alltäglich. Andere geben Rätsel auf.

Wunderbaum im Buch Jona

Ein Beispiel aus dem Alten Testament, Buch Jona, Kapitel 4:

Jona ging zur Stadt hinaus. Schmollend hadert er mit Gott, weil der sich über die Einwohner Ninives erbarmt, anstatt die Stadt für ihren zerstörerischen Lebensstil zu strafen. „Da ließ Gott, der Herr, einen Rizinusstrauch über Jona emporwachsen, der seinem Kopf Schatten geben und seinen Ärger vertreiben sollte. Jona freute sich sehr über den Rizinusstrauch. Als aber am nächsten Tag die Morgenröte heraufzog, schickte Gott einen Wurm, der den Rizinusstrauch annagte, sodass er verdorrte. (...) Die Sonne stach Jona auf den Kopf, sodass er fast ohnmächtig wurde. Da wünschte er sich den Tod und sagte: Es ist besser für mich zu sterben als zu leben.(...) Gott sprach: „Dir ist es leid um den Rizinusstrauch, für den du nicht gearbeitet und den du nicht großgezogen hast. Über Nacht war er da, über Nacht ist er eingegangen. Mir aber sollte es nicht leid sein um Ninive, die große Stadt (...)?“

Bibelstelle gibt Rätsel auf

Dies ist nur eine Bibelstelle von vielen, in der Pflanzen erwähnt werden. Und doch ist es eine ganz besondere. Sie reizte schon immer Naturwissenschaftler, genauer nachzuforschen. Denn im Altertum war das Wolfsmilchgewächs Rizinus, auch Wunderbaum genannt, bereits als Giftpflanze bekannt. Es enthält Ricitin, ein Insektengift. Übersetzer der Bibel konnten sich keinen Wurm vorstellen, der diese Pflanze annagen würde. In einigen Übersetzungen wurde das Gewächs daher als Weinstock, Efeu oder Kürbis gedeutet.

Raupe mit Vorliebe für Rizinus

Botaniker und Bibelwissenschaftler wissen heute mehr: Erst vor acht Jahren entdeckten Forscher eine Nachtfalterraupe aus der Familie der Bärenspinner, die den Namen Olepa schleini erhielt. Diese Raupe frisst ausschließlich an Rizinus und ist nachtaktiv, was dem biblischen Bericht entspricht und erklären könnte, wie Jonas Strauch in nur einer Nacht verdorren konnte. Elisabeth Budde