Wormbach, heute ein Ortsteil von Schmallenberg, zählt zu den ältesten Pfarreien im Sauerland. Der Friedhof ist bekannt für die vielen schlichten Holzkreuze. Mechthild Biermann (70) pflegt regelmäßig die Gräber ihrer Familie. Gemeinsam mit Adelheid Vogt (82), über 60 Jahre Organistin, berichtet sie von den Bräuchen im Ort.
Stirbt jemand, sagen die Angehörigen dem Pfarrer und dem ersten Nachbarn Bescheid. Die Küsterin läutet dann am folgenden Tag um 12 Uhr die Totenglocke. „Der Nachbar sorgt dafür, dass vier Tannen in die Leichenhalle gestellt werden“, berichtet Mechthild Biermann. Dort wird der Tote aufgebahrt. Außerdem organisiert der Nachbar sechs Sargträger.
Eine Nachbarin betet vor
Untereinander sprechen die Nachbarn ab, wer am Abend vor der Beerdigung beim Totengebet vorbetet. Nachbarn und nahe Angehörige treffen sich in der Kirche. Zur Nachbarschaft gehören in Wormbach alle Häuser aus dem Ortsteil.
Beerdigungen beginnen werktags um 15 Uhr, samstags um 10.30 Uhr. „Wenn der Verstorbene im Schützenverein war, gehen Vorstand und Offiziere mit“, erklärt Adelheid Vogt. „War die Verstorbene in der Frauengemeinschaft, beten einige Frauen am offenen Grab.“ Genauso macht es der Gesangverein.
Alle treten ans Grab
Nach dem Seelenamt verteilen die Messdiener an der Kirchentür die Totenzettel. Anschließend findet die Beisetzung statt. Nach und nach tritt die ganze Trauergesellschaft ans Grab. Seit 1995 sind in Wormbach Einzelgräber die Regel.
Die Nachbarn schreiben gemeinsam eine Trauerkarte und sammeln Geld für Grabschmuck. Üblich sind Beträge zwischen 5 und 10 € pro Person. Urnenbeisetzungen und Rasengräber nehmen zu. Ist das Grab zu klein für ein Gesteck, wird das Geld am Tag der Beerdigung im Umschlag überreicht.
Nach der Beisetzung bittet die Familie meist zum Beerdigungskaffee in eine Gaststätte. Die Nachbarn waren früher nicht dabei. Die Begründung des Pfarrers: „Jeder ist mal dran.“
Der tägliche Rosenkranz
Einen Karton voller Totenzettel hat Elisabeth Volmer-Graes aus Schöppingen im Kreis Borken gesammelt. Abgedruckt sind dort Name, Geburts- und Sterbedatum des Toten, ein Gebet und meist auch ein Bild des Verstorbenen.
Das Verteilen der Totenzettel am Kircheneingang gehört in Schöppingen zu den Aufgaben der Nachbarn. Dazu gibt es eine ganze Reihe weiterer. „Das Trauerhaus sagt dem nächsten Nachbarn Bescheid“, erklärt Hubert Roosmann. „Dieser benachrichtigt alle Nachbarn, macht Termine für das Rosenkranzgebet aus und kümmert sich um die Sargträger.“ Der 80-Jährige aus der Bauerschaft Haverbeck hat diese Aufgaben schon häufig übernommen.
Das Schweigen brechen
Bis zur Beerdigung treffen sich die Nachbarn abends zum Rosenkranzgebet, oft im Trauerhaus, manchmal auch in der Kirche. Aus jedem Haus kommt dabei meist eine andere Person. Der erste Nachbar betet vor. Die Treffen helfen, das Schweigen zu brechen. „Da hat man die erste Hürde schon überwunden“, sagt Andrea Stübbe-Hüsing (45), die in der Bauerschaft Heven zu Hause ist.
Früher brachten die Nachbarn nach einem Todesfall Butter, Zucker und Mehl. Daraus backte der Bäcker Streuselkuchen für den Beerdigungskaffee. Ein Obolus für Grabschmuck und Messen hat diesen Brauch ersetzt. Jeder Haushalt gibt bis etwa 15 €.
Mit dem Holzkreuz voran
In Haverbeck lädt der nächste Nachbar die Bauerschaft persönlich zur Beerdigung ein. Andernorts bekommen alle eine Karte. Nach dem Seelenamt um 15 Uhr zieht die Trauergemeinde zum Friedhof. Auf dem Weg betet die nächste Nachbarin den Rosenkranz vor. Ihr Mann geht mit einem einfachen Holzkreuz voran, das später auf dem Grab steht. Zum Beerdigungskaffee sind die Nachbarn eingeladen – ebenso zum Sechswochenamt. „Wir bestellen außerdem immer noch einige Messen“, berichtet Andrea Stübbe-Hüsing.
Ein Förderverein für die Friedhofskapelle
Mitten in den Feldern liegt der Friedhof von Quetzen. Monika Prange, die Vorsitzende der Landfrauen, kann durch ein Dachfenster bis zur Kapelle mit dem weißen Turm schauen. Die Pranges bewirtschaften in dem Ortsteil von Petershagen im Kreis Minden-Lübbecke einen Betrieb mit Schweinemast.
Wenn jemand gestorben ist, läutet mittags um 12 Uhr die Totenglocke. Der Friedhof ist einer von insgesamt 29 in Petershagen. Jeder Ortsteil hat seinen eigenen. Eine Herausforderung in der Unterhaltung sind vor allem die 25 Friedhofskapellen. In Quetzen hat sich dafür 2017 ein Förderverein gegründet. Friedhelm Bischoff und einige Mitstreiter putzen vor einer Beerdigung und halten die Substanz in Schuss. „Wir wollen die Kapelle möglichst lange halten, damit die Aussegnung im Ort möglich bleibt“, sagt der Landwirt.
Traditionen reduzierten sich immer mehr. Dass ein Vertreter der engeren Nachbarschaft die Einladung zur Beerdigung übernimmt, ist schon lange Geschichte. Auch Sargträger kommen nicht mehr unbedingt aus der Nachbarschaft. Manchmal stehen Schützenverein oder Feuerwehr bereit. Immer häufiger organisiert der Bestatter die Träger.
Am offenen Sarg
Erster Teil einer evangelischen Bestattung ist die Aussegnung im kleinen Kreis. Sie findet in der Regel am Tag nach dem Tod am offenen Sarg statt. „Dazu lädt man die engste Familie, sehr gute Freunde und Nachbarn ein“, erklärt Monika Prange. Gemeinsam mit dem Pastor singt und betet die kleine Trauergemeinde, spricht aber auch über den Verstorbenen und teilt Erinnerungen. „Meinen Schwiegervater haben wir dazu nochmal auf den Hof bringen lassen“, erinnert sich Anne Bischoff. Häufig findet die Aussegnung auch im Altenheim, in der Friedhofskapelle oder beim Bestatter statt.
Die Beerdigung folgt drei bis vier Tage später, in Quetzen meistens werktags um 13 oder 14 Uhr. „Dafür Urlaub zu nehmen, ist eine Seltenheit“, sagt Ortsheimatpfleger Manfred Weßling. Berufstätige versuchen aber, sich früher loszueisen.
Der geschlossene Sarg steht vorne in der Friedhofskapelle. Am Eingang tragen sich alle in eine Kondolenzliste ein, die der Bestatter auslegt. Er nimmt auch Trauerkarten entgegen. Jede Familie schreibt selbst. Häufig wird Geld für Grabschmuck oder – falls gewünscht – eine Spende dazugelegt. Üblich sind 10 bis 20 € pro Familie.
Nicht jeder tritt ans Grab
Nach dem etwa halbstündigen Trauergottesdienst mit Bibellesung begleitet die Totenglocke den Weg zur Gruft. „Es geht nicht jeder ans offene Grab“, erklärt Manfred Weßling. Nur wer sich besonders verbunden fühlt, folgt der Familie und kondoliert noch einmal persönlich. Anschließend trifft sich die Trauergemeinde zum Kaffee. Solange dieser noch im Trauerhaus stattfand, schenkten dort die Frauen aus der Nachbarschaft ein.