Homeschooling zu Hause? Für Henrik Lohmann sieht die aktuelle Unterrichtsvariante ganz anders aus. Er steigt morgens mit seinem Vater ins Auto. Gemeinsam fahren sie die 4 km bis Freckenhorst (Kreis Warendorf). Martin Lohmann geht dann in seiner Fahrzeugbau-Werkstatt an die Arbeit. Sohn Henrik startet im Büro in den Schulmorgen. Denn: Zu Hause gibt’s keine belastbare Internetanbindung.
Der 13-Jährige findet das lästig. Für einige Lehrer ist das unglaublich. „Sie können das nicht verstehen“, berichtet der Schüler der Verbundschule Everswinkel. Anfangs behalf er sich mit Ausdrucken, die Mutter Kirstin an ihrer Arbeitsstelle herunterlud und dann zu Hause druckte. Sein 16-jähriger Bruder Marco versucht dem Unterricht über sein Smartphone zu folgen. Dafür sucht er oben unter dem Dach Empfang. Regelmäßig fährt er auch auf einen Nachbarhof, um sich von dort in den Unterricht einzuloggen. Rundherum reichen die Down- und Upload-Raten.
Hickhack seit Jahren
Die Lohmanns wohnen auf einer kleinen Hofstelle in der Bauerschaft Gronhorst. Das Hickhack um ihren Internetanschluss begleitet die Familie schon seit Jahren.„Zeitweise haben wir 45 € im Monat für einen DSL-Anschluss bezahlt, wobei die Internet-Leistung gleich Null war“, berichtet Martin Lohmann. Zwischenzeitlich hangelte sich die Familie mit einem LTE-Tarif von Vodafone weiter. Zweieinhalb Jahre funktionierte das gut, dann verschlechterte sich der Empfang.
Alle paar Monate hängte sich die Familie wieder ins Thema. Wer heute auf der Internetseite der Telekom die Adresse der Familie eingibt und die Verfügbarkeitsprüfung für Breitband laufen lässt, erhält die lapidare Antwort, dass an dieser Adresse leider kein Tarif verfügbar sei.
Update nur im Dorf
Die aktuelle Situation erschwert nicht nur den Schulalltag, „Homebanking ist von zu Hause aus nicht möglich“, berichtet Martin Lohmann. Auch viele technische Geräte brauchen inzwischen WLAN. Den Fernseher hat er schon einmal mit in die Firma genommen, damit er ein Update abrufen konnte. Manches ist lästig, anderes auch kostspielig. Den Söhnen spendieren die Lohmanns regelmäßig zusätzliche Datenpakete für ihre Handytarife. Mit WLAN wäre das nicht nötig.
Die Lohmanns sehen die Politik in der Pflicht, dafür zu sorgen, dass der Netzausbau voranschreitet. Für sie selbst besteht Hoffnung. Der Kreis Warendorf forciert den Anschluss der Außenbereiche an das Glasfasernetz, mit Förderung von Bund und Land. Ende dieses Jahres sollen die Lohmanns dran sein.
Breitband auf dem LandIn Deutschland gilt eine Übertragungsrate von 50 Mbit/s als Schwelle für einen Breitband-Internetanschluss. 93 % aller Haushalte sind damit laut Breitbandatlas des Bundes versorgt. Tatsächlich schwächeln solche Anschlüsse häufig beim Upload von Daten.
Laut Koalitionsvertrag strebt die Bundesregierung bis 2025 den flächendeckenden Ausbau mit gigabitfähigen Infrastrukturen an. Das bedeutet 1000 Mbit/s und das funktioniert auf dem Land nur über einen Anschluss ans Glasfasernetz. Bisher steht rund 55 % der Haushalte in Deutschland Internet mit dieser Geschwindigkeit zur Verfügung. Vectoring, also eine Aufwertung der bestehenden Kupferkabelverbindung, schafft etwa 200 Mbit/s. Das Problem: Starke Nutzung in der Nachbarschaft bremst die Geschwindigkeit.
Der
Breitbandatlas verschafft einen Überblick über die Versorgung in der Fläche. Kern ist eine interaktive Karte. Das Stadt-Land-Gefälle springt sofort ins Auge. Wer genauer hinschauen möchte, kann bis in Stadt- und Ortsteile zoomen.
Tipp: Wie schnell der eigene Anschluss tatsächlich ist, lässt sich mit einer App der Bundesnetzagentur testen.
www.breitbandmessung.de