Wasser ist harmlos? Von wegen!

Ein Toter, mehrere Schwerverletzte – so lautet in Westfalen-Lippe derzeit die traurige Bilanz der Video-Drehs im Rahmen der „Cold Water Challenge“. Die Kraft des Wassers wird immer wieder unterschätzt.

Ein Toter, mehrere Schwerverletzte – so lautet in Westfalen-Lippe derzeit die traurige Bilanz der Video-Drehs im Rahmen der „Cold Water Challenge“. Die Kraft des Wassers wird von den Beteiligten immer wieder unterschätzt.

Möglichst skurrile Videos rund ums kalte Wasser zu drehen und diese ins Internet zu stellen – das ist das Ziel der sogenannten „Cold Water Challenge“. Seit Wochen fordern sich Vereine und Gruppen in Westfalen-Lippe gegenseitig dazu heraus. Eigentlich soll die Aktion ein harmloser Sommerspaß sein. Welche enormen Kräfte Wasser ent­wickeln kann – vor allem, wenn mehrere Tausend Liter im Spiel sind – wird dabei von den Beteiligten immer wieder unterschätzt.

Von Schaufel erschlagen

Allein in Westfalen-Lippe gab es bislang zwei schwere Unfälle im Zusammenhang mit derartigen Video-Drehs: Am Dienstag vergangener Woche kam ein 34-jähriger Familienvater in Isselburg, Kreis Borken, ums Leben. Fünf weitere Personen im Alter zwischen 32 und 36 Jahren wurden schwer verletzt. Zuvor hatten sie gemeinsam mit acht Freunden aus ihrem Kegelverein für das Video an einer Bierzeltgarnitur Platz genommen.

Ein weiteres Mitglied des Vereins sollte die Gruppe am Tisch mithilfe der Schaufel eines Teleskopladers mit 2.000 l Wasser überschütten. Dazu fuhr der Landwirt die gefüllte Schaufel auf 6 m steil in die Höhe. Noch bevor er damit beginnen konnte, das Wasser auszuschütten, kam die Maschine aus dem Gleichgewicht. Die Hinterräder des Teleskopladers gingen in die Luft, die Schaufel schlug auf die Gruppe am Biertisch.

Ermittlungen laufen

Die polizeilichen Ermittlungen laufen derzeit. Fest steht bislang, dass der Fahrer des Teleskopladers zum Zeitpunkt des Unfalls nicht unter Alkoholeinfluss stand. Ob die Staatsanwaltschaft Anklage wegen fahrlässiger Tötung und fahrlässiger Körperverletzung erheben wird, ist noch nicht geklärt.

Den ersten schweren Unfall im Rahmen einer „Cold Water Challenge“ hatte es in Westfalen-Lippe bereits Mitte Juni gegeben. Damals wurden sieben Jugendliche aus einem mit Wasser gefüllten Muldenkipper durch große Wellen herausgedrückt. Auch in diesem Fall laufen nach Polizeiangaben immer noch die Ermittlungen. Bislang konnten noch nicht alle Zeugen befragt werden. Bekannt ist derzeit nur, dass sich keine der Personen mehr im Krankenhaus befindet.

Jeder Liter wiegt 1 kg

Die Beispiele zeigen, welche Gefahr von vermeintlich harmlosen Wassermassen ausgehen kann. Dabei spielen mehrere Faktoren eine Rolle. Ein Aspekt, der häufig außer Acht gelassen wird, ist nach Einschätzung von Physiker Johannes Pauly von der Universität Paderborn das Gewicht des Wassers. „1 l Wasser wiegt 1 kg“, betont er. Bei 2.000 l Wasser, wie sie in Isselburg zum Einsatz gekommen sind, entspricht das 2.000 kg, also 2 t.

Das maximale Hubgewicht hätte nach Angaben des Herstellers für Ladung, die am Boden aufgenommen wird, 4,4 t betragen. Aufgrund des ausgefahrenen Teleskop­arms und der Bewegung des Wassers können die einwirkenden Kräfte dennoch zu hoch sein, wie Johannes Pauly erläutert: „Schwappt das Wasser nach vorne, so wirkt durch den verlängerten Hebel ein größeres Drehmoment auf den Teles­koplader und er kann leichter umkippen.“ Bar

Den ausführlichen Beitrag lesen Sie im Wochenblatt Folge 32 auf Seite 71.