Was ist uns noch heilig?

Über den Umgang mit sakralen und gesegneten Gegenständen und das schlechte Gewissen, wenn es um deren Entsorgung geht.

Es war ein hübscher Anblick am ersten Advent vergangenen Jahres: 2000 Engel, handgefertigt aus den Notenblättern des alten Gotteslob, schmückten den Eingangsbereich des Münsteraner Doms. Auf symbolträchtige Art verabschiedete sich das Bistum damit von dem ausgedienten Gebet- und Gesangbuch. Was mit den alten Ausgaben geschehen sollte, sorgte seither in vielen Gemeinden für Gesprächsstoff.

Ein Gotteslob zu zerschneiden, um daraus Engel, Windlichter und andere kleine Kunstwerke zu basteln, mag nicht Sache eines jeden Katholiken sein. Doch immerhin wirkt dies wie ein würdiger Abschied – auch wenn der Großteil des 1120 Seiten umfassenden Buches dabei dennoch im Altpapier landet. Die eigene Ausgabe, womöglich ein Kommunionsgeschenk mit Goldschnitt und Ledereinband, kommt dafür meist nicht infrage. Die erhält einen Ehrenplatz im Bücherregal, vielleicht sogar neben einem ihrer Vorgänger.

Für den Großteil der veralteten Pfarreiausgaben fehlt allerdings vielerorts der Stauraum. Die meisten Gemeinden gehen daher ganz pragmatisch an das „Entsorgungsproblem“ heran: Die Bücher landen im Altpapier. Doch ein komisches Gefühl bleibt. Kann es richtig sein, einen sakralen, gesegneten Gegenstand ohne Weiteres auf den Müll zu werfen?

Keine magischen Kräfte

Das Segnen von Gegenständen hat in der katholischen Kirche eine lange Tradition. Vor allem sakrale Dinge wie Gebetsbücher, Kreuze, Heiligenfiguren oder Rosenkränze werden mit Weihwasser besprengt. Auch wenn es aus kindlicher Sicht so wirken mag: Mit Magie hat eine Segnung nichts zu tun. Die Gegenstände erhalten dadurch keine besonderen Kräfte. Vielmehr soll sich die Beziehung des Menschen zu ihnen ändern. Er nimmt sie damit als Geschenk Gottes an und soll sie verantwortungsvoll und unter dem Schutz und Segen Gottes betrachten oder verwenden.

Doch wie sieht der „richtige Umgang“ mit sakralen Gegenständen aus? Die Frage würde jeder Katholik wohl anders beantworten. Denn Vorgaben seitens der Kirche gibt es nicht. Einig sind sich jedoch die meisten: Die tiefere Bedeutung dieser Gegenstände sollte gewürdigt werden.

Kitschige Figur loswerden

Was ist nun aber, wenn man unfreiwillig durch einen Nachlass oder Dachbodenfund an eine Heiligenfigur gerät, die sich – beim besten Willen und unter Drehen und Wenden – nur als kitschig beschreiben lässt? Im schlechtesten Fall kommen Macken, Risse oder abblätternde Farbe hinzu. Bei dem Gedanken, Heiligenfiguren in den Mülleimer zu werfen, meldet sich das schlechte Gewissen. Doch wer sich stattdessen zu einer aufwendigen Restaurierung entschließt, steht danach noch immer vor der Frage: Wohin damit?

Wer solche Dinge gerne loswerden möchte, hat die Qual der Wahl: Zerschlagen, verbrennen, vergraben oder auch spenden – welche Art angemessen ist, beurteilt jeder für sich. Das Entscheidende ist wohl, sich überhaupt diese Gedanken zu machen. EB

Den ausführlichen Beitrag sowie ein Interview mit einem Geistlichen zu dem Thema lesen Sie in der Wochenblatt-Ausgabe 46.
Bastelanleitungen für die Gotteslob-Engel und Windlichter sind auf der Internetseite das Bistums Osnabrück zu finden (zu den Anleitungen ).