Kleinkinder

Dunstan Babysprache: Was hat der Kleine nur?

Gerade beim ersten Kind sind Eltern häufig verunsichert, was ihrem Liebling fehlt. Abhilfe soll die „Dunstan Babysprache“ schaffen: Demnach können ­Eltern anhand der Laute ihres Babys feststellen, was es gerade benötigt.

Es klingt zu schön, um wahr zu sein. Dieser Gedanke kommt wohl vielen Eltern, wenn sie zum ersten Mal von der „Dunstan Babysprache“ hören. Wer diese Technik beherrscht, soll anhand der Laute eines Neuge­borenen erkennen können, was ihm fehlt. So können ­Eltern gezielt reagieren, bevor das Baby so sehr weint, dass es sich nur noch schwer beruhigen lässt.

Von einer Mutter entdeckt

Benannt ist die Sprache nach der Australierin Priscilla Dunstan. Ihr Gehör funktioniert wie ein fotografisches Gedächtnis – nur für Töne: Was sie einmal gehört hat, behält sie im Kopf. Als ihr Sohn geboren wurde, stellte sie schnell fest, dass er bestimmte Laute immer wieder von sich gab, je nachdem, ob er beispielsweise Hunger hatte, müde war oder bei ihm ein Bäuerchen quer saß. Bald stellte sie fest, dass diese Laute auch bei anderen Neugeborenen zu hören waren. Und so begann sie, ihre Theorie an Babys unterschiedlicher Nationalitäten zu testen. Ihr Ergebnis: Neugeborene bis zu einem Alter von etwa drei Monaten erzeugen diese Laute automatisch. Und das unabhängig von der Muttersprache ihrer ­Eltern. Priscilla Dunstan ist davon überzeugt: Die Laute sind eine Art Reflex. Das „Neh“ für Hunger entsteht zum Beispiel, wenn das Baby die Zunge wie zum Saugen an den Gaumen drückt und sich dann mit seiner Stimme bemerkbar macht. Ist es müde, formt es den Mund wie beim Gähnen zu einem „O“, sodass der Laut „auw“ entsteht.

Babysprache in Deutschland ist rar

In Deutschland ist dieser Ansatz recht neu. Derzeit gibt es etwa 30 Kursleiterinnen, die Eltern das Wissen um die Babylaute vermitteln. Eine von ihnen ist Melanie Meßler. Gemeinsam mit ihrem Mann bewirtschaftet sie in Steinheim im Kreis Höxter einen Bio­betrieb mit Mutterkuhhaltung und Direktvermarktung im Nebenerwerb. Die gelernte Einzelhandelskauffrau sattelte vor acht Jahren um. Seitdem bietet sie unter dem Namen „Lebensfreude“ unter anderem Kurse an, um werdende Eltern auf die Geburt ihres Kindes vorzubereiten. Vor einem Jahr ließ sie sich als Kursleiterin für die Baby­sprache ausbilden.

Während der eintägigen Schulung hatte Melanie Meßler so manches Aha-Erlebnis: „Bei meinen Kindern habe ich früher manchmal gedacht: ,Das hört sich aber süß an‘. Hätte ich verstanden, dass ,eh‘ bedeutet, dass mein Kind aufstoßen muss, hätte ich so manche Blähung vermeiden können.“

Wissenschaft versus Erfahrungen

Wissenschaftlich bewiesen ist die Theorie der Dunstan Babysprache nicht. Einige Eltern haben damit jedoch schon gute Erfahrungen ­gemacht. So zum Beispiel Denise Häger (29) aus Detmold. Sie lernte den Ansatz vor der Geburt ihres dritten Kindes im Rahmen eines Kurses von Melanie Meßler kennen. „Mein zweites Kind hat in den ersten sechs Monaten viel geschrien. Vielleicht hätte ich damals mit dem jetzigen Wissen ­einiges anders machen können“, überlegt sie. Als Denise Häger von der Babysprache erfuhr, stand für sie und ihren Mann jedenfalls gleich fest: Das probieren wir aus. „Als Eselsbrücke haben wir uns einen Zettel mit den fünf Lauten an den Kühlschrank gehangen. Wenn wir nicht sicher waren, welchen Laut Constantin von sich gibt, habe ich es aufgenommen und Melanie per WhatsApp geschickt.“

Babys "sprechen" unterschiedlich

Nicht jedes Kind gibt alle fünf Laute gleich häufig von sich. Bei Constantin war es vor allem das „Heh“ für „Ich fühle mich unwohl“, das Denise Häger weitergeholfen hat. Dieser Laut war dann zu hören, wenn der Kleine im Schlafsack in seinem Bettchen lag. „Das war Constantin anscheinend zu warm. Sobald ich ihn nur mit der Stoffwindel ins Nestchen gelegt habe, war Ruhe“, erinnert Denise Häger sich. Familie und Freunde des Paares haben die jungen Eltern häufig für verrückt erklärt, wenn sie ihnen von der Babysprache erzählt haben. „Wenn jedoch das Kind einer Freundin geweint hat und ich wusste, was es hat, waren alle beeindruckt.“

Hinhören, was das Baby „sagt“

Folgende fünf Laute hat die Australierin Priscilla Dunstan bei Neugeborenen bis zu einem Alter von etwa drei Monaten ausfindig gemacht:

  • „Neh“ bedeutet: „Ich habe Hunger!“ Die Zunge des Babys berührt dabei den Gaumen.
  • „Earh“ bedeutet: „Ich habe Bauchweh.“ Das „R“ ist dabei besonders deutlich zu hören. Das Baby hat meist die Fäuste geballt und hält die Beine steif.
  • „Auw“ heißt: „Ich bin müde.“ Der Mund ist wie beim Gähnreflex zu einem „O“ geformt.
  • „Heh“ bedeutet: „Ich fühle mich unwohl.“ Beispielsweise ist ihm zu warm, zu kalt oder es hat die Windel voll. Dieser Laut ist am gehauchten „H“ zu erkennen.
  • „Eh“ heißt: „Ich muss aufstoßen.“ Wichtig ist es, ihm Milch erst dann wieder zu geben, wenn der Laut nicht mehr zu hören ist.


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