Exzellenzuni Bonn

Vorstoß ins digitale Zeitalter

Die Uni Bonn ist eine von elf Exzellenzuniversitäten. Beteiligt sind auch Forscher der Landwirtschaftlichen Fakultät. Prof. Heiner Kuhlmann spricht über den Wandel auf dem Acker und wie das Geld der Lehre zugute kommt.

Die Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn ist seit Mitte Juli eine der elf deutschen Exzellenzuniversitäten. Entscheidend für den Zuschlag war, dass im Vorfeld schon sechs Forschungscluster der Uni ausgezeichnet wurden. Eines davon ist das PhenoRob der Landwirtschaftlichen Fakultät. Was verbirgt sich hinter diesem Cluster?

Prof. Kuhlmann: PhenoRob steht für „Robotik und Phänotypisierung für Nachhaltige Nutzpflanzenproduktion“. In Kooperation mit dem Forschungszentrum Jülich arbeiten wir anMethoden und Techniken, Nutzpflanzen zu analysieren und dann besser behandeln zu können.

Dafür werden die Äcker aus der Luft oder vom Boden aus überwacht und die Daten am Computer verarbeitet. Im Anschluss steuert ein Roboter die Einzelpflanze gezielt an und behandelt sie.

Seit über 15 Jahren forschen Sie in diesem Bereich. Worin steckt die Motivation für dieses Gebiet?

Prof. Kuhlmann: Mit dem Projekt versuchen wir den negativen Einfluss der Nutzpflanzenproduktion auf die Umwelt zu vermindern, wie den übermäßigen Eintrag von Nitrat in den Boden oder das Ausbringen von zu viel chemischem Pflanzenschutz. Mit diesen Techniken möchten wir den Dünger direkt bis an die Pflanze bringen, Unkraut mechanisch oder per Laser durch Roboter entfernen sowie Pflanzenkrankheiten schon direkt am Blatt behandeln.

Das klingt erst mal nach Science-Fiction. Wann ist der Einsatz in der Praxis möglich? Wie sieht der Ackerbau der Zukunft aus?

Prof. Kuhlmann: Die Erkennung des Zustandes der Pflanzen steht kurz vor der Marktreife. Die automatische Unkrautkontrolle braucht noch drei bis vier Jahre. Nichtsdestotrotz werden wir auch in Deutschland in den nächsten Jahrzehnten eine andere Landwirtschaft vorfinden. Die Digitalisierung des Ackerbaus ist eine kleine Revolution. In Zukunft werden kleine, intelligente Maschinen über die Felder fahren. Die Schläge werden daher auch wieder kleiner sein, unterbrochen von ökologischen Inseln für Insekten und Vögel. Nur so wird uns eine nachhaltigere Landwirtschaft gelingen.

Wie werden diese Entwicklungen das Agrarstudium verändern?

Prof. Kuhlmann: Die Landwirtschaft stößt ins digitale Zeitalter vor. Der Beruf des Landwirtes und das Studium der Agrarwissenschaft, die beide inhaltlich schon breit aufgestellt sind, werden durch eine digitale Dimension erweitert. Darauf müssen wir die Studierenden vorbereiten. Zum Beispiel heißt das Modul Landtechnik heute schon Agrarrobotik.

Neue Namen sind das eine, aber was verändert sich inhaltlich?

Prof. Kuhlmann: Der klassische Agrarstudent hat eher ein Bio-Gen, während der klassische Informatikstudent ein Mathe-Gen hat. Das heißt, wir müssen schon frühzeitig mehr Mathematik im Agrarstudium vermitteln. Außerdem haben wir schon jetzt im Master Nutzpflanzenwissenschaften einen Schwerpunkt namens Digital Agriculture.

Inwiefern wird sich die Auszeichnung auf den Ruf der Fakultät auswirken?

Prof. Kuhlmann: Wir sind die einzige Agrarfakultät, die diese Auszeichnung trägt. Wir gehören damit weltweit zur Speerspitze der Forschung. Damit werden wir attraktiv für Wissenschaftler auf höherem Niveau als zuvor.

Das Cluster bekommt direkt 26 Mio. € für sieben Jahre. Weiteres Geld kommt von der Uni Bonn. Was hat die Masse der Studierenden aber von der Exzellenzförderung?

Prof. Kuhlmann: Eine Exzellenzuni lockt exzellente Leute an, nicht nur in der Forschung, sondern auch für die Lehre. Denn die Studierenden müssen auch verstehen, was wir entwickeln. Nur so schaffen wir nachhaltig Nachwuchs, zum einen als spätere Anwender und zum anderen, um auch eine Zukunft in der Forschung zu haben.

Wie wird sich das Geld konkret im Studienalltag bemerkbar machen?

Prof. Kuhlmann: Insgesamt vier neue Professuren für die Fakultät wurden und werden durch das Exzellenzcluster und die Auszeichnung der Uni geschaffen. Alle neuen Professoren werden sich auch in der Lehre engagieren. Denn die neuen digitalen Inhalte müssen ab dem erstenSemester vermittelt werden und nicht erst später den Doktoranden. Außerdem werden die Studierenden es an einer verbesserten Ausstattung in Lehre und Forschung merken. Selbst ein neues Gebäude ist geplant.


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