Am Anfang stand der 40. Geburtstag. „Was wünscht du dir?“ fragten die Freunde. Mehr aus Jux entschied sich Dirk Bonekamp für ein Starterset zum Bierbrauen – Einkochtopf, Malz und ein Holzpaddel. Damit experimentierte er herum. Und traf den Geschmack von Freunden und Bekannten so gut, dass diese immer mehr Kostproben verlangten.
Also verdoppelte er mit einem 50-l-Topf seine Bierproduktion. Doch auch das reichte innerhalb kurzer Zeit nicht für die wachsende Nachfrage. „Das war der Punkt, wo ich darüber nachgedacht habe, das Ganze auf professionelle Füße zu stellen“, blickt der 45-jährige Sauenhalter aus Dülmen-Rorup auf die Anfänge zurück.
Hohes Brau-Niveau
Doch hat ein „Hobbyist“ überhaupt eine Chance am umkämpften Biermarkt? Die Familie signalisierte: „Lass lieber die Finger davon.“ Doch Dirk Bonekamp wollte seinen Traum nicht aufgeben. Er lud einen „Bier-Sommelier“ ein, seine Biere mit feiner Zunge zu testen. Dieser bescheinigte ihm ein „hohes Niveau des Brauens“. Ein Naturtalent sozusagen. Denn eine Ausbildung als Brauer hat der junge Landwirt nie gemacht.
Das machte dem Hobbybrauer Mut. Ende 2018 gründete er die Braumanufaktur Bonekamp. Das Risiko war überschaubar. In der ehemaligen Nato-Pumpstation, die Bonekamp mit seiner Familie bewohnt, war genügend Platz für die Brauerei. Für Umbau und Einrichtung kalkulierte er mit 100 000 €.
Das Getreidelager wurde zur Brauerei umgerüstet und mit professioneller Ausrüstung bestückt: Zwei 600-l-Gärtanks und vier Lagertanks à 300 l, zudem Flaschen, Kisten, Etikettiermaschine, Kühlraum. Die Spülmaschine, die in einer Stunde 200 Flaschen reinigt, hat der Landwirt gebraucht in Bayern erstanden. Das Amt für Lebensmittelüberwachung war von Beginn an einbezogen, sodass die Abnahme der Brauräume glattlief.
Passend zum Bier wählte er die rustikale 0,33-l-Steini-Flasche mit Bügelverschluss. Trotz des hohen Pfands von 30 Cent zahlt der Unternehmer bei einem Einstandspreis von 40 Cent drauf, wenn Flaschen nicht zurückkommen.
Bei Kunststoff-Bierkisten lag die Mindestabnahme bei 9000 Stück – mehrere Nummern zu hoch für den Einstieg. Daher startete Bonekamp mit Holzkisten, vom Schreiner gefertigt. Durch ein Pfand von 15 € fördert er den Rücklauf.
Von Pils bis Imperial Stout
Schon während der Planungsphase meldeten sich erste Interessenten, die sein Bier listen wollten. Am 1. Oktober 2019 schließlich war Premiere für den Verkauf des ersten eigenen Biers.
Sechs verschiedene Sorten mit charakteristischen Namen hat der Landwirt im Angebot – vom Welter Weizen Dunkel über Roruper Premium Pils und Röster Heide bis zum Imperial Stout. Das Marketing ist professionell. Jedes Bier hat seine eigene Farbe – schon seit Hobbybrauerzeiten. Zusammen mit einer Dülmener Agentur verfeinerte er das Logo, das auf dem Hofwappen aufbaut. Die Agentur entwarf Etiketten, Flyer und eine Homepage. Auch auf Facebook und Instagram ist der Brauer aktiv. Dort schätzt er vor allem die zielgerichtete Werbung.
Bonekamps schwierigste Entscheidung? Der Preis! Billig-Bier sollte es auf keinen Fall werden. Aber auch nicht so teuer, dass nur wenige zugreifen. Letztlich pendelte Bonekamp sich zwischen 1,90 € pro Flasche für Pils ein und 2,90 € für alkoholreiches Imperial Stout.
Bier-Tasting im Trend
Damit lag er genau richtig. Seine Zielmarke war, nach zwei bis drei Jahren 300 l selbst gebrautes Bier pro Woche zu verkaufen. Das übertraf er innerhalb kürzester Zeit. Schon nach drei Monaten gingen 500 l pro Woche „über die Theke“. Dann kam Corona. Doch der Lockdown stoppte den Aufwärtstrend nur für einen Monat. Danach stieg die Biernachfrage wieder. Dieser Trend hat bis heute gehalten.
Lediglich das Bier-Tasting ist von den Corona-Einschränkungen getroffen. Das war Bonekamps Wochenend-Beschäftigung mit bis zu 40 Personen in der Braustube. Sehr beliebt und zuletzt sechs Monate im Voraus ausgebucht. Inzwischen hat der findige Unternehmer ein Online-Tasting ausgetüftelt, zu dem er vorab neben den Biersorten auch Malz- und Hopfenproben rausschickt.
Malz vom eigenen Acker
Zum eigenen Braukessel gehört für den Landwirt auch das eigene Malz. Um Selbstversorger zu werden, ist er im letzten Jahr mit 6 ha in den Anbau von Braugerste und Brauweizen eingestiegen. Was er nicht bedacht hatte: Mälzereien sind auf größere Aufträge eingestellt. Daher musste er lange nach einer Mälzerei suchen, die sein Getreide verarbeiten wollte. Seitdem nutzt er sein eigenes Malz als Basis beim Brauen. Für die Geschmacksrichtung sorgt die Zugabe von Spezialmalz.
Schnell gewachsen
Angesichts des rasanten Starts investierte Bonekamp direkt in den dritten Gärtank und zusätzliche Abfüllstationen. Zudem erweiterte er Kühlhaus und Lager.
Zehn Verkaufsstellen führen das Dülmener Edelbräu. Die meisten im Umkreis von 15 km, eine in der Lüneburger Heide.
Sein Engagement hat sich gelohnt. Ende 2020 hat sich der Vorjahresumsatz mit 900 l pro Woche fast verdoppelt. „Ich bin viel weiter als ursprünglich geplant“, zieht der Unternehmer zufrieden Bilanz. Doch die Arbeitsbelastung ist nicht ohne. „Beim Start 2019 bin ich an meine Grenzen gekommen“, erinnert sich der Landwirt, der eine 350er-Sauenherde im geschlossenen System führt. Seitdem unterstützt ein Student ihn beim Abfüllen und Etikettieren. Auch seine Familie zieht begeistert mit.
Das Brauen aber gibt Bonekamp nicht aus der Hand. Mittlerweile geht die Hälfte seiner Arbeitszeit für die Brauerei samt Büroarbeit drauf. Deshalb hat er im landwirtschaftlichen Betrieb einen Mitarbeiter eingestellt.
Eigener Hofladen
Wichtig ist dem Unternehmer der Verkauf im Hofladen. Dort bekommt er direkte Rückmeldungen zu seinen Bieren. So entstand die Idee, Partyfässchen ins Sortiment aufzunehmen. Besonders beliebt bei den Kunden sind Geschenksets mit allen sechs Sorten – stilecht in einer kleinen hölzernen Bierkiste mit eingebranntem Logo. Auch das Online-Geschäft entwickelt sich, gerade vor Weihnachten. Ein Renner sind Maibock und Winterbock mit höherem Alkoholgehalt, die er saisonal braut. Beide gibt es in der kultigen 2-l-Flasche.
Weiteres Wachstum ist mit den vorhandenen Gebäuden nicht drin. Sind denn weitere Sorten geplant? Bonekamp lacht: „Ich bin experimentierfreudig!“ Nur eins sucht man in Bonekamps Biermanufaktur vergeblich: Alkoholfreies Bier!