Wochenblatt: Rassehuhn oder Legehybride? Welches Huhn passt am besten zu einem Anfänger?
Wohlmuth-Meinicke/Kiehn: Rassehühner passen meist besser zu Anfängern, denn die Legehybriden sind ausschließlich auf Legeleistung gezüchtet. Rassehühner sind vielfältig und können entsprechend der eigenen Bedürfnisse ausgesucht werden. Sie unterscheiden sich deutlich in ihrem Temperament und Aussehen. Auch in den Eischalenfarben finden sich viele Variationen. Jeder wird eine passende Rasse finden.
Im Internet, von Privat oder beim Händler: Wo kauft man die Hühner am besten?
Kaufen Sie beim Züchter. Es gibt auch fahrende Händler, die verschiedene Verkaufsstellen haben. Dabei bieten sie aber vielleicht nicht alles selbst gezüchtete, sondern bei mehreren Züchtern zusammengesammelte Hühner an. Dann besteht die Gefahr von Infektionen, außerdem ist der Impfstatus unsicher.
Wer züchten will, sollte außerdem ganz genau hinsehen. Ein Beispiel: Eine Haube wie sie Seidenhühner aufweisen, ist bei vielen sehr beliebt. Man findet diese Haube teilweise auch bei Kreuzungen, wenn man dann aber mit diesen Tieren weiterzüchtet, tritt das gewünschte Merkmal aufgrund der Aufspaltung der Gene nicht mehr bei allen Nachkommen auf. Der Preis ist beim Züchter höher, aber das lohnt sich.
Woran erkennt der Laie denn einen guten Züchter?
Käufer sollten sich die Elterntiere ansehen können, zumindest durch ein Fenster. Abholungen an der Garage sind verdächtig. Der Auslauf sollte zumindest teilweise bewachsen sein und die ganze Anlage sauber und ordentlich erscheinen. Auch können Sie sich das Bestandsbuch zeigen lassen. Man muss sich Zeit nehmen, denn Züchter erzählen sehr gerne von ihren Tieren. Das sind ja auch wichtige Informationen für den Käufer. Einen guten Züchter erkennt man daran, dass er für Rückfragen zur Verfügung steht. Positiv ist auch, wenn dem Käufer etwas Futter mitgegeben wird, damit zum Stress des Umzugs nicht auch noch ein abrupter Futterwechsel erfolgen muss. Das Futter wird dann über einige Tage mit dem eigenen Futter verschnitten.
Wie beurteilt man, ob die Junghennen gesund ist?
Beobachten Sie das Tier, ob es munter mit den anderen mitläuft. Kranke Tiere sondern sich eher ab. Der Schnabel und die Augen müssen klar und ohne Schlieren und Auflagerungen sein. Kamm und der Kehllappen sollten tiefrot aussehen. Auf den Füßen dürfen keine schuppigen Auflagerungen zu erkennen sein. Ein glattes Federkleid sowie eine saubere Kloake runden das perfekte äußere Erscheinungsbild ab. Zusätzlich sollte man ein Huhn auch mal in die Hand nehmen und den Brustmuskel ertasten. Dafür ist allerdings etwas Erfahrung erforderlich und es ist Anfängern zu empfehlen jemanden dabei zu haben, der sich mit Hühnern auskennt.
In welchem Alter sollten die Hühner zugekauft werden?
Eine Rasse-Junghenne beginnt im Alter von sechs Monaten mit dem Legen. Am besten ist es, wenn die Küken zwischen Mitte April und Mitte Mai schlüpfen, dann legen sie nämlich noch im gleichen Jahr. Schlüpfen sie später im Jahr, beginnen sie erst im darauffolgenden Jahr mit der Legetätigkeit.
Wie viele Hennen sollten es sein – für die Bildung einer stabilen Herde und auch, um den Eierbedarf der Familie zu decken?
Generell sollten Hühner mindestens zu zweit gehalten werden. Von der Legetätigkeit der Rasse und dem jeweiligen Eierverzehr der Familie hängt ab, wie viele Tiere angeschafft werden. Als Richtwert kann man sagen, dass man bei einer Familie mit zwei Kindern mit vier Legehennen gut zurecht kommt. Ein Hahn kann die Herde natürlich gerne ergänzen.
Welche Impfungen muss das Huhn beim Kauf haben und sind vom neuen Halter weitere Impfungen durchzuführen?
In Deutschland ist die Impfung gegen Newcastle Disease – Atypische Geflügelpest – Pflicht. Das ist eine anzeigepflichtige Krankheit. Dagegen müssen die Junghennen beim Kauf geimpft sein. Die Impfungen müssen durch einen Tierarzt wiederholt werden. Dafür gibt es verschiedene Möglichkeiten: über das Trinkwasser, durch eine Spritze oder ein Aerosolspray. Bevor man sich Hühner zulegt, sollte man sich nach einem Tierarzt umsehen, der sich mit Hühnern auskennt. Meistens bündelt dieser die Impfungen, das wird häufig auch über einen Zuchtverein koordiniert. Alle weiteren möglichen Impfungen sind freiwillig. Zu empfehlen ist eine Impfung gegen die Marek´sche Krankheit, die Lähmungen verursacht. Eine Impfung ist aber immer auch eine Belastung für das Tier. Man kann auch auf natürlichem Wege vorbeugen und alles für ein gutes Immunsystem tun.
Was genau kann der Halter für ein intaktes Immunsystem tun?
Hygiene ist wichtig und eine optimale Fütterung. Futterzusätze mit Kräutern sind zu empfehlen. Auf 1 l Trinkwasser kann 1 Teelöffel Obstessig zugegeben werden. Auch Kamillen- oder Pfefferminztee tut den Tieren gut.
Wie gewöhnt man Junghennen an den neuen Stall?
Sind zuvor noch keine Hühner vorhanden, läuft die Eingewöhnung in die neue Umgebung meist reibungslos. Wichtig ist es, das vom Züchter erhaltene Futter über einige Tage mit dem neuen Futter im eigenen Stall zu verschneiden. Sind schon Hühner vorhanden, sollten die Neuankömmlinge zuerst eine Woche separat gehalten werden. So erkennt man mögliche Krankheiten. Bewährt hat sich, die neuen Hühner im Dunkeln zu den bereits vorhandenen Tieren zu setzen. Morgens wachen dann alle zusammen auf. Einige besprühen alle Hühner beim Einzug der neuen mit Essigwasser, dann riechen sie gleich. Besser ist es, gleich zwei neue Tiere in eine vorhandene Herde zu integrieren.
Gibt es Vorgaben für die Ausgestaltung des Hühnerstalls?
Es gilt die Tierschutznutztierhaltungsverordnung, die beispielsweise vorgibt, wie viel Platz, Licht, Nestfläche und Sitzstange pro Huhn vorhanden sein muss. In der Hobbyhaltung können wir die Ställe jedoch komfortabler ausgestalten. Neben abgerundeten Sitzstangen ist eine von den Tieren getrennte Kotgrube, ein Sandbad und eine flackerfreie Beleuchtung wichtig. Neonröhren sind ungeeignet für Hühner. Außerdem müssen Zugluft sowie zu niedrige und zu hohe Temperaturen im Stall verhindert werden. Zu empfehlen sind Ställe aus Holz oder Stein. Plastikställe sind zwar leicht zu reinigen, jedoch bildet sich dort häufig Kondenswasser. Zur Reinigung sollten alle Teile leicht aus dem Stall herauszunehmen sein.Teilnehmer der Seminare in Echem erhalten Faustzahlen für verschiedene Hühnerrassen.
Muss ich meine Hobbyhaltung genehmigen lassen?
Genehmigt werden muss eine Hobbyhaltung nicht, weil dahinter keine Gewinnerzielungsabsicht steht. Jedoch kann das je nach Bundesland unterschiedlich sein. Erkundigen Sie sich vorab beim zuständigen Veterinäramt. Auf jeden Fall müssen die Hühner bei der Tierseuchenkasse angemeldet werden, diese gibt die Daten dann an das Veterinäramt weiter.
Welche Menge Hühnerfutter sollte ich einkaufen?
Im Durchschnitt kann man von einem Futterverzehr von 120 g Alleinfutter je Huhn und Tag ausgehen. Hühner sind Allesfresser und benötigen zusätzlich zu den Körnern Proteine. Für vier Hühner benötige ich nur kleine Mengen Fertigfutter, das Mindesthaltbarkeitsdatum sollte beachtet werden. Das Futter darf nicht schimmeln und muss von Ratten und Mäusen ferngehalten werden. Daher ist es ratsam, das Futter in eine dafür vorgesehene Futtertonne umzufüllen. Wichtig ist, die Hühner nicht im Auslauf zu füttern, denn das lockt Ratten und Mäuse an.
Welche besonderen Leckereien sind für Hühner geeignet?
Besonders lieben sie getrocknete Mehlwürmer und „Convenience Food“ wie gehäckselte Möhren. Geflügelmüsli und Reis sind ebenfalls beliebt. Einmal in der Woche darf es etwas Quark oder Joghurt sein. Spaß haben Hühner auch mit Spaghetti.
Gibt es etwas, dass Hühner nicht fressen dürfen?
Das Huhn ist jedenfalls kein Müllschlucker. Schließlich wollen wir das Ei ja auch essen. Salzige und verschimmelte Lebensmittel sollten keinesfalls verfüttert werden. Zwiebeln, Avocados, Zitrusfrüchte, Apfelsamen, Schokolade, getrocknete und rohe Bohnen sowie alle Nachtschattengewächse sind giftig für Hühner. Gekochte Kartoffeln dürfen Hühner hingegen schon fressen. Allerdings sollten sie diese – wie auch Brot und Müsli – nur in Maßen bekommen.
Die Rote Vogelmilbe ist ein häufiger Parasit in der Geflügelhaltung. Wie beugt man vor?
Gründliche Stallhygiene ist wichtig. Außerdem sollten Ritzen beim Stallbau vermieden werden. Die Rote Vogelmilbe versteckt sich tagsüber in Ritzen und befällt nachts das Huhn, um Blut zu saugen. Das ist belastend für das Tier. Bei starkem Milbenbefall leidet auch die Legetätigkeit. Dann wirkt das Huhn blutleer und sieht blass aus. Ein Staubbad mit Kieselgur ist zur Vorbeugung vor Milben sinnvoll. Kieselgur kann auch auf die Stalleinrichtung verstäubt werden. Wer über Nacht ein Stück Küchenrolle auf die Kotgrube legt und darauf morgens kleine rote Striche findet, hat mit Milben ein Problem.
Einmal im Jahr kommen natürlich gehaltene Hühner in die Mauser, was ist zu beachten?
Die Hühner legen im Herbst über zwei bis vier Monate keine Eier. Auch Stress kann eine Mauser einleiten. In der Mauser benötigen die Tiere Ruhe und eiweißreiches Futter, denn daraus bestehen Federn zu einem großen Teil.
Kann man Hühner eigentlich auch zähmen?
Hühner sind schlau, man kann ihnen auch Kunststücke beibringen. Es ist von Vorteil ein handzahmes Huhn zu haben, beispielsweise wenn der Tierarzt kommt. Generell sollten die Hühner einmal im Monat gewogen werden. Nur beim Anfassen spürt man, ob das Huhn die richtige Konstitution hat. Durch die aufgeplusterten Federn kann man das optisch nicht erkennen. Durch das regelmäßige Wiegen gewöhnt sich das Tier an die Berührung. Um Hühner zu zähmen setzt man sich ruhig hin und legt die Hand mit etwas Futter auf den Boden. Pickt das Huhn dieses Futter ruhig auf, kann die Hand langsam weggezogen werden. Das Huhn wird folgen. Das kann man weiter steigern. Wenn man ein Huhn stets mit besonderen Leckereien auf der Schulter füttert, wird es bald von selbst dorthin fliegen.
Woran erkenne ich, dass ein Huhn krank ist?
Ein Huhn, das nicht mehr mit den anderen mitläuft und nach Futter pickt sondern apathisch in der Ecke hockt, ist vermutlich krank. Auch ein strubbeliges Gefieder ist verdächtig. Das Tier sollte sofort separiert werden. So wird eine Ansteckung der anderen Hühner vermieden. Dann muss ein Tierarzt konsultiert werden.
Susan Wohlmuth-Meinicke ist Tierärztin und passionierte Hobbygeflügelhalterin.
Monika Kiehn leitet Kurse im Landwirtschaftlichen Bildungszentrum Echem.
Einsteigerkurse: Am Samstag, den 24.04.2021 findet ein Präsenzseminar Hobbyhühnerhaltung im LBZ Echem von 9 bis 17 Uhr statt. Am 27.02. startet ein aus fünf Modulen bestehender Grundkurs. Anmeldungen unter: