Neue Asbest-Leitlinie

Versteckte Gefahr in Putz und Teppichkleber

Seit Kurzem gilt eine neue Asbest-Leitlinie. Die Konsequenz: Alle älteren Gebäude stehen erst einmal unter Verseuchungsverdacht. Chemikerin Dr. Kerstin Effers erklärt, was das in der Praxis bedeutet.

Wochenblatt: Im vergangenen Jahr sind neue Asbest-Leitlinien für Gebäude erschienen, mit deren Bau vor dem 31. Oktober 1993 begonnen wurde. Was muss ich wissen, wenn ich an solchen Gebäuden Baumaßnahmen plane?

Effers: Grundsätzlich stehen Baumaterialien aus diesem Zeitraum zunächst unter Asbestverdacht. Es wird ­geraten, eine sogenannte Asbest­erkundung vorzunehmen, also entweder durch Laboranalyse oder auf anderen Wegen nachzuprüfen, ob die betroffenen Materialien frei von Asbest sind. Als betroffen gelten nur Materialien, die tatsächlich auch mechanisch bearbeitet werden sollen. Wer auf diese Erkundung verzichtet, muss sowohl bei der Ausführung der Arbeiten als auch bei der Entsorgung der Abfälle so verfahren, als handele es sich um asbesthaltiges Material.

"In manchen Fällen hilft Recherche"

Diese Beweislast-Umkehr ist eine Herausforderung für Bauherren. Wie können sie selbst erkennen, ob Bauteile asbesthaltig sind?

In manchen Fällen hilft Recherche. Einige Bauprodukte wie Rohre und Platten aus Faserzement tragen Prägestempel, mit deren Hilfe Sie erkennen können, ob das Produkt Asbest enthält: Mit NT (Neue Technologie), AF (asbestfrei) oder DIN EN 588 gekennzeichnete Produkte enthalten kein Asbest. Wenn eine bauaufsichtliche Zulassungsnummer oder ein Produktions­datum eingeprägt sind, lässt sich darüber recherchieren, ob das Bauprodukt asbestfrei ist. Sie finden die entsprechenden Zulassungs- und Genehmigungsverzeichnisse (ab 1968) auf der Webseite des Fraunhofer Informationszentrums für Raum und Bau. In vielen typischen Fällen, zum Beispiel bei ­Putzen oder Fliesenklebern, gibt aber nur eine Analyse im Labor Aufschluss, ob Asbest vorhanden ist oder nicht. Die Leitlinie sieht vor, dass nur Fachleute die Proben nehmen dürfen. Wegen der höheren Kosten ist zu befürchten, dass deswegen manches Material unbeprobt bleibt.

Die Leitlinie beinhaltet Empfehlungen, keine gesetzlichen Verpflichtungen. Warum ist es dennoch ratsam, die Empfehlungen zu beachten?

Wer die Leitlinie beachtet, kommt automatisch auch den bereits schon bestehenden gesetzlichen Verpflichtungen nach und vermeidet, sich und...


Mehr zu dem Thema