Carving

Test: Schnitzen mit der Motorsäge

Schnitzen mit der Motorsäge ist angesagt. Der neue Trend heißt Carving. Wir haben selbst zur Kettensäge gegriffen und es ausprobiert.

Holzspäne fliegen umher, kleben an den Armen, am T-Shirt, fliegen gegen die Schutzbrille, ins Haar, Schweiß läuft ins Gesicht und den Rücken herunter, die Motorsäge in meiner Hand vibriert – ich muss sie gut festhalten. Die Unterarme tun weh. Das Kreischen der anderen Motorsägen dringt dumpf durch die Ohrschützer. Doch mit jedem Millimeter, den sich die Kettensäge in die Lärche arbeitet, wächst mein Ehrgeiz.

Am Ende dieses Tages soll aus dem dicken plumpen Holzklotz vor mir eine Schildkröte werden. Was ich hier mache, nennt sich Carving. Es kommt aus Amerika und heißt so viel wie: mit der Kettensäge/Motorsäge schnitzen. Carving begeistert immer mehr Menschen. Ich will es ausprobieren und besuche einen Kurs beim Landesverband Lippe. Zusammen mit zehn Mitstreitern aus ganz Deutschland sitze ich in einem Schulungsraum auf Burg Sternberg in Extertal.

Carving: Gut zu wissen

Der Kurs beginnt mit einer Trockenübung bei Trainer Thorsten Mühlenhof. Der Forstwirtschaftsmeister erklärt uns die Sicher­heitsregeln und technischen Grundlagen zum Carving.

  • Motorsägenschein? Nicht nötig.
  • Rück- und Hochschlagen der Kettensäge, wenn mit der Spitze der Sägeschiene geschnitten wird, gibt es bei Carving-Sägen nicht, da die Spitzen kleiner sind.
  • Die Motorkettensäge immer vom Boden aus starten oder die Säge zwischen die Beine klemmen.
  • Beim Sägen die Säge am Körper (Oberschenkel oder Knie) abstützen, dann läuft die Säge ruhiger und man kann genauer arbeiten.
  • Wenn Kraftstoff getankt werden muss, gleichzeitig Öl nachfüllen und die Kettenspannung prüfen.
  • Das mit der Kettenspannung ist ein wichtiger Punkt: Anders als bei „normalen“ Motorsägen muss die Kette durchhängen, damit die mit Spezialstahl gepanzerte Schienenspitze nicht zu viel Druck bekommt und heiß läuft.

Die Sägen sind kleine umgerüstete Brennholzsägen oder komplette Carving-Sägen. (Bildquelle: Kopf)

Wenige Regeln, klare Ansagen, das war es schon zur Theorie. Jetzt lernen wir die Carving-Sägen kennen. Es sind kleine umgerüstete Brennholzsägen oder komplette Carving-Sägen, die es im Fachhandel gibt (Kosten: ab 280  €). Die kompakten Brennholzmotorsägen sind mit einer 3/8“ Flachprofilhobbykette ausgerüstet. Zum Schnitzen sollte man aber eine 1/4“ Zoll-Kette nutzen, sagt Thorsten Mühlenhof. Dazu müssen die Antriebsritzel ausgetauscht und die Säge mit einer Carving-Schiene umgerüstet werden. In unserem Workshop sind drei Modelle im Einsatz.

Vorbereitet mit den theoretischen Grundlagen und voller Tatendrang geht es ans Werk. Ich ziehe die Schnittschutzhose über die Jeans, tausche Turnschuhe gegen Sicherheitsstiefel. Mit Schutzbrille, Lederhandschuhen und Ohrenschützern folge ich der Gruppe zum Übungsplatz auf der unteren Burg. Dort stehen zwölf Holzblöcke. Fichte, Küstentanne und Lärche, weiches Holz, gut für Einsteiger. Aus dem 35 x 60 cm hohen Block soll jeder zum Einstieg einen Pilz schnitzen. Alle Sägen brüllen los. Späne fliegen, die Sonne knallt. Zwischendurch Pause. Trinken. Säge tanken. Öl nachfüllen, Kette checken. Nach eineinhalb Stunden verstummt eine Säge nach der anderen. Wo zuvor Holzblöcke standen, sprießen nun Pilze aus dem Boden. Daneben stehen wir verschwitzt, voller Sägespäne. Glücklich.

Jetzt am liebsten aufgeben

Das soll sich noch steigern. Sowohl der Kraftaufwand als auch das Glücksgefühl. Allerdings werden auch alle Teilnehmer mindestens einmal den Gedanken haben: „Ich gebe auf. Ich packe es nicht.“ Carving hat nämlich mit Brennholzmachen, wo die Schnittführung aus Trennschnitten besteht, nichts zu tun, sondern mit Kunst und Technik. – Für Anfänger eine Herausforderung! Frustrierend ist dann der Moment, wenn der Holzklotz, nachdem viel Schweiß geflossen ist, immer noch aussieht wie ein Holzklotz.

Wie es weitergeht, lesen Sie im Wochenblatt-Folge 25, Seite 68.

Buchtipp: Der kleine Schnitzworkshop. Figuren und Gesichter – von Harold Enlow. Landwirtschaftsverlag Münster, ISBN 978-3-784-35408-8, 140 Seiten, 19,95 €.

Carving auf Burg Sternberg
Wer das Carving ausprobieren oder seine Technik verbessern möchte, kann sich bei einem Workshop auf Burg Sternberg in Extertal, Kreis Lippe, austoben. Ein Motorsägenschein ist nicht nötig.
Kosten: In der Gebühr von 200  € pro Person sind das Material (Sägen und Holz) sowie Verpflegung (Abendbrot, Frühstück, Mittagessen, Getränke) enthalten. Handschuhe, Brille und Schnittschutzhose werden gestellt. Sicherheitsstiefel muss jeder selbst mitbringen. Die Übernachtung auf Burg Sternberg kostet im Einzelzimmer 20  €, im Mehrbettzimmer sind es 15 € pro Person. Je nach Interesse wird am Freitag eine Burgführung angeboten.
Anmeldung: Landesverband Lippe, Forstmanagement, Kathrin Günter, Tel. (0  52  34) 20  68  20 (7.30 bis 12 Uhr) oder per E-Mail: k.guenter@landesverband-lippe.de
Informationen zu den Kursen: Landesverband Lippe, Kulturagentur, Frank Jendreck, Tel. (01  51) 23  42  11  80, E-Mail: f.jendreck@landesverband-lippe.de.


Mehr zu dem Thema