Was tun mit einem Fachwerkhaus, das fast 200 Jahre alt und vor gut 100 Jahren erweitert worden ist, aber längst nicht mehr den heutigen Wohn- und Lebensstandards entspricht? Einfach abreißen – so haben die Eigentümer des Hauses in Welver, Kreis Soest, einen Moment lang gedacht. Aber sie haben sich dann doch für eine andere Lösung entschieden. Mit dem Architekten Viktor Nachtigall aus Hamm setzten sie auf Modernisierung, klimafreundliche neue Nutzung und auf die Wiederverwendung alter Materialien. Entstanden ist ein Schmuckstück – und davon können sich Interessierte selbst ein Bild machen.
Denn am Wochenende des 20. und 21. Juni findet der Tag der Architektur in NRW statt. Das renovierte Fachwerkhaus in Welver ist eines von rund 180 neuen Objekten, die an diesem Tag für interessierte Besucher offenstehen.
25 Jahre Tag der Architektur
Seit mittlerweile einem Vierteljahrhundert bietet der „Tag der Architektur“ einen Einblick in das aktuelle Baugeschehen, in Trends und Bauideen. Wer einen Neu- oder Umbau plant, findet auch in diesem Jahr an und in den teilnehmenden Objekten Anregungen – und kann im Austausch mit Eigentümern oder Architekten viele Details in Erfahrung bringen.
Teilnehmen dürfen private und öffentliche Gebäude, die nicht älter als fünf Jahre alt sind. Gartenanlagen und andere Werke der Landschaftsarchitektur sind ebenfalls dabei, dürfen aber nicht älter als acht Jahre alt sein. Die große Mehrzahl der teilnehmenden Gebäude sind Neubauten.
Tag der Architektur in der Corona-Zeit
Der „Tag der Architektur“ findet am Wochenende des 20. und 21. Juni an und in 180 Neubauten, Umbauten, Parks und Bauprojekten in Nordrhein-Westfalen statt. Zumindest ist das bislang so geplant. Angesichts der Corona-Krise kann aber derzeit niemand voraussagen, was tatsächlich möglich sein wird und was nicht. Deswegen sei Interessierten empfohlen, die Internetseite der Architektenkammer NRW aufzurufen, die den Aktionstag koordiniert. Über eine ständig aktualisierte Datenbank können die Zeiten für Besichtigungen und Führungen abgerufen werden.
Eine 200 Seiten umfassende Broschüre stellt alle 180 Objekte vor und kann kostenlos bestellt werden bei der Architektenkammer NRW, Tel. (02 11) 49 67 12 oder 49 67 13, www.aknw.de.
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In diesem Jahr besonders spektakulär sind
- die neue Bücherei im Schlossgarten von Hövelhof (Kreis Paderborn), unweit des Jagdschlosses,
- das nagelneue Kinocenter in Gummersbach,
- drei neue Feuer- und Rettungswachen in Gütersloh, Höxter und in Stadtlohn (Kreis Borken),
- das neue Empfangsgebäude des Eisenbahnmuseums in Bochum-Dahlhausen,
- das aus Buchenholz gefertigte Hörsaalgebäude in Bochum, das in die Landschaft ragt, „ohne den naturschutzrechtlich wertvollen Waldboden des Siepens zu berühren“, wie es in der Baubeschreibung heißt, sowie
- die Kleinhauszeile „Epkes Kamp Tree houses“ in Gütersloh: Der Architekt Reinhard Michel hat sie auf einer 500 m2 großen Parzelle in den Luftraum zwischen neun uralten Eichen errichtet. Zwei winzige Wohnhäuser, jeweils etwa 30 m2 groß, bieten zwei Zimmer, Küche, Bad, Balkon und Hauswirtschaftsraum – „das sinnliche Erlebnis in den Baumkronen ist unbeschreiblich“, heißt es in der Einladung zum Tag der Architektur.
Aus alt wird neu - und gut
Neben diesen Neubauten gibt es auch eine Reihe renovierter und modernisierter Altbauten zu sehen:
- Das ehemalige Haupthaus des Landschaftspflegehofes Ramsbrock in Ummeln bei Bielefeld wurde zu einer modernen Bildungsstätte mit Tagungs- und Büroräumen umgebaut.
- In Hesselteich bei Versmold, Kreis Gütersloh, wurde ein mehr als 100 Jahre altes Hofgebäude so umgebaut, dass es heute Platz für vier Wohneinheiten sowie für einen variablen Gemeinschaftsbereich mit Küche bietet. Das Gebäude wird im Katalog der Architektenkammer NRW vorgestellt als „Beispiel für die Nutzung von nicht mehr in Betrieb befindlichen Bauernhäusern im Außenbereich, mit modernem Generationenwohnen unter einem Dach“.
- In Velbert hat der Architekt Ralf Brauckhoff die Scheune des ehemaligen Bauernhofes Aschhof zu Wohn- und Ausstellungszwecken umgebaut. Dabei wurde vom Trägerwerk abgesehen nahezu alles entfernt, ehe eine Stahlgalerie eingebaut wurde. Die Scheune erhielt überdies großflächige Glastüren.
Auch Garten- und Landschaftsbauprojekte präsentieren sich am Tag der Architektur interessierten Besuchern. Dazu zählt die abgeschlossene Umgestaltung des Paderquellgebietes in Paderborn, in deren Zuge der historische Haxthausenhof zu einem innerstädtischen Garten umgestaltet worden ist. In Rorup bei Dülmen ist ein 600 m2 großer „altersgerechter Hausgarten“ zu sehen – ohne Stufen, mit Rollator-geeigneten Wegen, verteilten Sitzplätzen und gefassten Kräuter-Hochbeeten.
Auch dabei: Das Freilichtmuseum Kommern
Am Aktionstag zur modernen Architektur beteiligt sich auch das Rheinische Freilichtmuseum in Mechernich-Kommern. Das ist nur auf den ersten Blick ungewöhnlich. Denn zu besichtigen ist die aus Overath stammende Diasporakapelle, 1949 nach Bauhaus-Ideen errichtet als geistiges Zentrum für vertriebene evangelische Christen. Vor drei Jahren wurde die Kapelle in Overath abgebaut und in Kommern wieder errichtet: nun als Zeugnis der Zeitgeschichte und als Dokument modernen Bauens in den frühen Nachkriegsjahren.