Egal ob es um die Beleuchtung im Wohnzimmer oder um das Thema Sicherheit geht – wer sich mit Technik im Haus beschäftigt, kommt an dem Begriff „Smart Home“ kaum vorbei. Was verbirgt sich dahinter?
Nixdorf: Übersetzt bedeutet der Begriff so viel wie „intelligentes Haus“. Zwei, drei Lampen, die sich über eine Smartphone-App einschalten oder dimmen lassen, machen jedoch noch kein Smart Home aus. Smart Home fängt für uns an dem Punkt an, an dem Geräte und deren Funktionen sinnvoll und automatisch miteinander verknüpft sind: Wenn beispielsweise ein Bewegungsmelder einen Eindringling im Haus feststellt, das Gerät als Sirene den Warnton der Rauchmelder aktiviert und alle Lampen im Haus und Garten blinken lässt.
Bei einem Neubau können Bauherren die notwendige Infrastruktur direkt im Rahmen der Elektroinstallation verbauen lassen. Muss ich in einem Bestandsgebäude Schlitze ziehen, um Smart-Home-Komponenten nachzurüsten?
Vollstedt: Nein, das ist nicht notwendig. Hier besteht die Möglichkeit, mit Funk zu arbeiten. Bei der Steuerung von Lampen und Rollläden zum Beispiel werden dazu die herkömmlichen Schalter aus den Buchsen entfernt und zwei neue Komponenten eingefügt: Zum einen ein sogenannter Aktor. Das kann ein Dimmer für die Lampe, aber auch das Modul zum Hoch- und Runterfahren der Rolllade sein. Dieser Aktor wird vom Elektroinstallateur mit den vorhandenen Kabeln ins Stromnetz eingebunden. Zum anderen ein Funkschalter, mit dem er die Buchse wieder verschließt und über den sich der Aktor steuern lässt. Das Besondere daran: Dieser Schalter wird weder an das Stromnetz angebunden noch benötigt er eine Batterie. In dem Schalter ist eine kleine Spule eingebaut, die durch den Druck auf die Tasten genügend Strom erzeugt, um das Funksignal zu senden. Dieses Funksignal ist dreifach verschlüsselt, sodass Störungen durch andere Funkquellen so gut wie ausgeschlossen sind. Ein einzelner Aktor ist etwa ab 60 € zu bekommen, ein Funkschalter ab etwa 50 € pro Stück.
Der Markt ist groß. Was gibt es bei der Auswahl zu beachten?
Nixdorf: Kaufen Sie Komponenten, die einen der drei gängigen Funkstandards verwenden: EnOcean, Zig-Bee oder Z-Wave. Sie müssen sich dabei nicht zwangsläufig auf einen Funkstandard für ihr Haus festlegen. Unter bestimmten Voraussetzungen ist auch die Kommunikation untereinander möglich. Durch die Wahl von Geräten, die einen dieser drei Funkstandards verwenden, können Sie unserer Einschätzung nach sicher sein, auch in Zukunft kompatible Geräte zu finden. Denn sie sind seit vielen Jahren erprobt.
Was ändert sich an der Bedienung dadurch, dass ich meinen herkömmlichen Schalter gegen die Smart-Home-Komponenten austauschen lasse?
Vollstedt: Der neue Schalter verfügt über vier Tasten. Jede dieser Tasten lässt sich nach Wunsch mit einer Funktion belegen. Der genaue Vorgang ist von Hersteller zu Hersteller unterschiedlich. In einem Fall versetzt man den Aktor beispielsweise in den Lernmodus und drückt dann die einzelnen Tasten des Funkschalters nach einem bestimmten Muster. Dreimal drücken bedeutet: Diese Taste ist zum Einschalten. Viermal Drücken: Diese Taste ist zum Dimmen.
Welche weiteren Vorteile bieten die Funktasten?
Vollstedt: Als Nutzer können Sie nicht nur die Funktion der einzelnen Tasten frei wählen, sondern auch festlegen, wie viele Aktoren eine Taste ansteuern soll. Beispielsweise können Sie so über eine einzige Taste alle Lampen im Raum gleichzeitig einschalten oder alle Rollläden gleichzeitig herunterfahren. Und: Sofern die Funkstandards zueinander passen, können die Aktoren für Lampen und Rollladen auch so angelernt werden, dass sie beispielsweise darauf reagieren, dass der Rauchmelder oder der Bewegungsmelder ausgelöst wird – so wie wir es eingangs in unserem Beispiel erläutert haben.
Hat die Steuerung per Funk auch Nachteile?
Nixdorf: Diese Art der Steuerung ist störanfälliger als eine Kabelverbindungen. In einem Beratungsgespräch sage ich immer ganz klar: „Wenn Sie über einen Funkschalter 13 Rollläden im Haus gleichzeitig steuern wollen und direkt beim ersten Tastendruck reagieren elf davon, dann ist das ein super Ergebnis.“ Wenn Sie ein weiteres Mal drücken, wird in der Regel auch die letzte Rolllade sich schließen. Manchmal reicht es dafür schon, die eigene Position vorm Schalter zu verändern. In anderen Fällen stellen Einbauschränke oder große Spiegelelemente beispielsweise im Badezimmer einen permanenten Störfaktor da. In diesem Fall muss der Sender an einem anderen Platz angebracht werden.
Smarthome Paderborn
e. V.Die Unternehmer Michael Vollstedt und Walter Nixdorf sind Vorstandsmitglieder des 2005 gegründeten Vereins „Smarthome Paderborn e.V.“. Zu den knapp 20 Mitgliedsunternehmen zählt ein Trockenbauergenauso wie der IT-Spezialistoder das Küchenstudio. In Pa-derborn präsentiert der Verein Smart-Home-Technik in einem Musterhaus.
Stichwort Datenschutz: Viele Hausbesitzer machen sich beim Thema Smart Home um die Sicherheit Ihrer Daten Sorgen. Welche Rolle spielt das Internet bei der Steuerung der Komponenten?
Nixdorf: Bei allen Funktionen, die wir bislang beschrieben haben: gar keine. Die Kommunikation läuft ausschließlich über die genannten Funkstandards. Die Hersteller oder auch unbekannte Dritte können so keinerlei Daten abgreifen. Wollen Sie weitere Funktionen nutzen – beispielsweise festlegen, zu welcher Uhrzeit oder bei welchen Lichtverhältnissen die Rollläden hoch- oder runterfahren sollen – kommt zusätzlich eine Schaltzentrale ins Spiel, Kostenpunkt: 200 € aufwärts. Mithilfe eines Computer-Programms oder einer App können Sie dann den Status sämtlicher Smart-Home-Komponenten einsehen und Einstellungen vornehmen. Aber auch hier gilt: Diese Zentrale können Sie so einrichten, dass sie zwar mit Ihrem lokalen WLAN verbunden, ein Fernzugriff von außerhalb über das Internet jedoch nicht ohne Weiteres möglich ist.
Bei allen Komponenten legen Sie Wert auf die Rückfallsicherheit. Was meinen Sie damit?
Nixdorf: Jede einzelne Komponente des Systems ist für sich funktionsfähig. Auch wenn ich eine Steuerungszentrale zwischenschalte: Sollte sie aufgrund eines Defekts oder einer Internetstörung ausfallen, kann ich meine Rollläden beispielsweise immer noch hoch- und runterfahren. Nur wenn der Strom ausfällt, geht nichts mehr. Das ist bei einer herkömmlichen elektrischen Steuerung aber auch nicht anders.
Wie sieht es mit Sprachbefehlen aus? Ist diese Art der Steuerung bei den beschriebenen Komponenten möglich?
Nixdorf: Ja, sofern Sie eine Zentrale zwischengeschaltet haben, können Sie auch Sprachassistenten wie Siri oder den Google-Assistenten einbinden. Sie sollten sich dabei jedoch bewusst sein, dass die Sicherheit Ihrer Daten damit ein Stück weit infrage gestellt wird. Denn Ihre Anfragen landen auf den Servern des jeweiligen Herstellers.