Erinnerungen an die DDR

Schikane war Standard

In jüngster Zeit zeigt sich, wie wichtig Demokratie und Toleranz sind. Dass diese Werte auch in Deutschland nicht immer selbstverständlich waren, wurde beim Landfrauentag in Brakel deutlich.

In Deutschland genießen wir seit Jahrzehnten Freiheit und Demokratie. Das ist aber keine Selbstverständlichkeit. Das sind Werte, für die man kämpfen und ein­stehen muss, findet Gesine Lange.

Die Tochter von Ex-Bundespräsident Joachim Gauck berichtete am vergangenen Freitag beim Kreislandfrauen in Brakel von ihrer Kindheit und Jugend in der DDR. Wenig Verständnis zeigte sie in diesem Zusammenhang für den verklärten Blick einiger Ost-Nostal­giker, die auch heute noch die angeblichen Vorteile jener Zeit glorifizieren und die systematische Unterdrückung der Freiheit ausblenden.

Kindheit in der DDR

„Wer in der DDR nicht ‚auf Linie‘ war, wurde bedrängt, diskriminiert und schikaniert. Das begann schon in jungen Jahren“, beschrieb die gebürtige Rostockerin ihre Erfahrungen. Als Kinder eines evangelischen Pfarrers hatten Gesine und ihre Geschwister es von Anfang an nicht leicht: Aktive Christen galten in der DDR bestenfalls als Sonderlinge. Sie wurden teilweise sogar als Bedrohung für den Staat empfunden.

Weil die Gauck-Kinder überdies nicht Mitglied in den üblichen DDR-Jugendorganisationen waren, wurden sie in der Schule und später in der Ausbildung benachteiligt. Gesine Langes Bruder beispielsweise durfte trotz guter Schulnoten nicht studieren.

Später stellte er einen Ausreiseantrag und durfte Jahre später mit seiner Familie in den Westen übersiedeln. Das musste dann aber „Knall auf Fall“ kurz vor Weihnachten passieren, ohne zu wissen, ob man die Eltern und Geschwister jemals wieder sieht. „Dann war der Bruder weg und wir saßen allein unterm Tannenbaum“, konstatierte Gesine Lange: Schikane gehörte in der DDR zu Standard. Und wer gegen das Unrecht aufbegehrte, dem wurde das Leben noch schwerer gemacht.

Freiheit wertschätzen

Angesichts dieser Beschreibungen könne man die heutige Freiheit in Deutschland gar nicht genug wertschätzen, erklärten Gaby Beckmann und Karin Schröder vom Kreislandfrauenverband Höxter. Zumal täglich in den Nachrichten zu sehen sei, dass Frieden, Demokratie und Freiheit keine Selbstverständlichkeit, sondern ein Geschenk sind.

Und wenn die Kluft zwischen den gesellschaftlichen Gruppen größer wird, sei mehr Verständnis für die Position des Anderen gefragt. "Wir brauchen mehr Toleranz und sollten weiter blicken, als bis zum eigenen Tellerrand, denn das bringt uns auch persönlich voran“.

Die zahlreichen Teilnehmer des LKreislandfrauentages zeigten, wie sehr sich die Menschen nach persönlichem Austausch sehnen. (Bildquelle: Waldeyer)

Beckmann freute sich deshalb über den guten Besuch des Verbandstages. Das zeige, dass die Landfrauen-Themen attraktiv und der Wunsch nach persönlichem Austausch stärker seien, als der „Klebstoff“ auf dem heimischen Sofa.

Das 75-jährige Jubiläum des Kreislandfrauenverbandes wollen Gaby Beckmann und Elfe Holli im nächsten Jahr auf der Landesgartenschau in Höxter feiern (Bildquelle: Waldeyer)

Im kommenden Jahr möchten die Landfrauen im Kreis Höxter übrigens ihr 75-jähriges Bestehen feiern: Am 17. Juni 2023 auf dem Gelände der dann stattfindenden Landesgartenschau in der Kreisstadt.