Europawahl

Rekord-Wahlbeteiligung im Dorf Stockhausen

Schlangestehen vor der Wahlurne: Das gab es am vergangenen Sonntag im 739-Seelen-Dorf Stockhausen, Kreis Minden-Lübbecke. Aber es wurde auch kräftig gefeiert, wie uns Ortsheimatpfleger Gerd-Heinrich Niemeyer berichtet.

Herr Niemeyer, herzlichen Glückwunsch zu 74,44 % Wahlbeteiligung bei der Europawahl in Ihrem Dorf. Damit lag Stockhausen knapp vor Rosendahl im Kreis Coesfeld, das 74,33% erreichte. Beide Orte lagen damit klar über dem Landesdurchschnitt.

Gerd H. Niemeyer, Jahrgang 1942, gelernter Landwirt, pensionierter Gymnasiallehrer und Ortsheimatpfleger von Stockhausen. Er gründete den Verein "Stockhausen für Europa". (Bildquelle: Heike von Schulz)

Wir standen mit den Rosendahlern schon vor der Wahl in Kontakt und haben uns am Wahlabend gegenseitig beglückwünscht. Wahlen als Zeichen unserer Demokratie sollte man feiern. Und sehr gute Wahlbeteiligung erst recht! Wir haben den Erfolg hart erarbeitet. Vor fünf Jahren lag die Wahlbeteiligung in Stockhausen noch bei 54%.

Was hat die Menschen ins Wahllokal getrieben?

Viele haben erkannt, wie wichtig Europa und entsprechend die Europawahl für ihre Zukunft ist. Andere haben sich durch persönliche Gespräche, tolle Aktionen und das wachsende politische Bewusstsein im Dorf mitreißen lassen. Doch der Weg dahin war lang

Wie meinen Sie das?

Schon 2017 entstand zu Hause an unserem Küchentisch die Idee, sich stärker für Europa einzusetzen. Meine Frau, mein erwachsener Sohn und ich sind der Überzeugung, dass wir in Europa verantwortlich für die großen Themen wie Frieden und Umweltschutz sind. Für unser Anliegen einer hohen Wahlbeteiligung suchten wir Mitstreiter im Dorf, in der Politik und in der Kreisverwaltung. Im Januar 2018 gründeten wir den Verein „Stockhausen für Europa“. Er hat inzwischen mehr als 60 Mitglieder. Unser Ziel: eine Wahlbeteiligung von mindestens 80%.

Was hat der Verein gemacht?

Wir haben zahlreiche Veranstaltungen organisiert. Hochkarätige Europapolitiker, aber auch ein Philosophie-Doktorand und mein Sohn als Musikwissenschaftler waren mit Vorträgen im Dorf zu Gast. Diese Denkanstöße aus völlig unterschiedlichen Richtungen kamen sehr gut an. Wir waren uns auch nicht zu schade, von Haus zu Haus zu gehen und alle Stockhausener Bürger um ihr Mitwirken bei der Wahl zu bitten.

Wie lief der Wahlsonntag in Stockhausen ab?

Wir haben das Wahlwochenende unter das Motto „Europawahl – ein Fest der Demokratie gestellt. Am Freitagabend fand das „Konzert für Europa“ mit dem Lübbecker Sinfonieorchester und namhaften Solisten statt; insgesamt waren über 200 Mitwirkende beteiligt. Die Vorbereitung war ein Kraftakt für uns. Über den Verein haben wir die nötigen Finanzmittel in Höhe von 35000 € eingeworben. 800 Menschen haben das Konzert miterlebt. Den Wahlsonntag haben wir in Form unseres traditionellen Backtags, der stets als Dorffest gestaltet wird, abgehalten und um einige Aktionen wie eine Wahlschätzung und eine kindgerechte Version der Wahl ergänzt. Am Ende des Wahltages wurden 462 gültige Stimmzettel ausgezählt; wahlberechtigt waren 544 Einwohner. Damit haben wir unser Ziel von mehr als 80 % nicht erreicht, sind aber dennoch sehr zufrieden.