Auf dem Bauernhof der gemeinnützigen „Gesellschaft für Soziale Dienstleistungen Essen“ (GSE) leben Menschen mit verschiedensten Biographien. Doch sie haben etwas gemeinsam: Alle waren eine Zeitlang ohne festen Wohnsitz oder ihnen drohte unmittelbar ein Leben auf der Straße.
Privileg der Arbeit
Auf dem Bauernhof haben acht Männer ein neues Zuhause gefunden. Jeder bewohnt sein eigenes Zimmer – Mit Ausnahme von Arnd Kukoschke und Heinz Kannewurf. Die beiden teilen sich ein Doppelzimmer, das aus zwei kleinen Räumen besteht. Den einen nutzen sie als Schlafzimmer, im anderen steht der Fernseher, ein kleiner Tisch sowie die Voliere, in der die Vögel von Arnd Kukoschke leben. Der 58-Jährige kam auf den Hof, weil ihm die Wohnungslosigkeit drohte: „Als der Sozialarbeiter bei mir vor der Haustür stand und sagte, ich solle die wichtigsten Dinge packen war für mich klar, dass meine beiden Vögel mitkommen. Für mich war es keine Option, sie ins Tierheim zu geben.“
So kamen die Vögel samt Käfig mit. „Zunächst bin ich in einem normalen Wohnheim untergekommen, eh ich nach gut anderthalb Jahren hier auf den Hof umziehen durfte“, erzählt der gelernte Kfz-Mechaniker. Im Gegensatz zu den meisten anderen Bewohnern arbeitet er auswärtig, in einer Krankenhausküche. „Für mich ist es ein Privileg, dass ich hier wohnen darf, zur Arbeit aber raus fahre“, fasst der sympathische Bartträger zusammen. Anders ist es bei seinem Zimmergenossen Heinz Kannewurf.
Landwirt wird obdachlos
„Ich habe ursprünglich Landwirt gelernt – eh ich auf der Straße gelandet bin“, erzählt er. Die Schulden nahmen dem heute 70-Jährigen das Dach über dem Kopf. Er zog durch ganz Deutschland, eh es auch ihn nach Essen verschlug. Das Leben und Arbeiten auf dem Bauernhof macht ihm große Freude. „Wir versorgen die Tiere, sortieren die Eier und machen all das, was auf einem Hof anfällt“, erzählt er.
Zusammen und miteinander
Die Bewohner arbeiten täglich sechs Stunden. „Dafür erhalten sie ein kleines Taschengeld“, berichtet Andreas Wartmann. Der Sozialpädagoge ist für die Außenstelle Bauernhof bei der GSE verantwortlich. Er koordiniert die täglichen Arbeiten auf dem Hof, ist aber auch Ansprechpartner bei allen Fragen und Problemen des Alltags. „Wo Menschen zusammenleben bleiben Konflikte nicht aus“, ist sich der 60-Jährige sicher.
„Wir haben schon mal Unstimmigkeiten“, bekräftigt auch Ralf Meurer. Er lebt seit sieben Jahren auf dem Hof und ist dankbar für sein Einzelzimmer. Dorthin kann er sich zurückziehen, Fern sehen oder Sport machen. Wenngleich es unter den Bewohnern auch Einzelgänger gibt, haben sich mit Arnd Kukoschke, Heinz Kannewurf und Ralf Meurer drei gefunden, sie sich verstehen. Gerne unternehmen sie auch mal in der Freizeit gemeinsam Dinge. „Wenn einer von uns Geburstag hat, dann gehen wir zusammen essen“, erzählt Heinz Kannewurf.
Gänsebraten zum Fest
An Weihnachten hängen viele ihren eigenen Gedanken nach. Nur in der Zweizimmer-WG will man gemeinsam feiern – in diesem Jahr sogar mit Braten. „Wir haben eine humpelnde Gans auf dem Hof“, strahlen die beiden Bewohner, „das ist unsere.“ Bei ihrem Festmahl wollen sie gerne unter sich in ihrem Doppelzimmer bleiben – vorausgesetzt, die Zubereitung der Gans gelingt.
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