Ratgeber am eigenen Tisch

Mehr als Lehrer und Berufsberater kennen Vater und Mutter die Stärken und Schwächen ihrer Kinder. Ihnen kommt bei der Ausbildungssuche eine wichtige Rolle zu. So war es auch bei der Landwirtsfamilie Schulze Hilbt.

Im Garten des Betriebes mit 76 ha Acker, knapp 1800 Mastschweinen sowie 160 Fressern und Kälbern blickt das Ehepaar Schulze Hilbt gemeinsam mit ihren Jungs zurück.

Thomas, der älteste Sohn der Familie, hat vor ein paar Wochen seinen neuen Arbeitsplatz als Gewässerschutzberater bei der Landwirtschaftskammer angetreten. Im Sommer hat er an der Fachschule Borken den Abschluss zum Agrarbetriebswirt gemacht.

Zuvor hatte der 22-Jährige eine dreijährige Ausbildung zum Landwirt absolviert. Der klassische Werdegang eines typischen Hofnachfolgers – jemand, der scheinbar schon im Kindergarten wusste, dass er Bauer wird.

Landwirt über Umwege

Doch weit gefehlt: „Landwirt wird Thomas bestimmt nicht“, erinnert sich Vater Hubert an die Kindheit seines Ältesten. Er war nicht der große Praktiker und zeigte auch kein überschwängliches Interesse an den Tieren und den Maschinen. „Doch reden, das konnte er. Thomas sprach schon als Kind unbekümmert Menschen an“, erinnert sich seine Mutter.

Als es in der achten Klasse der Realschule um das Thema Berufswahl ging, war Thomas unentschlossen. Sein Pflichtpraktikum in der neunten Klasse wollte er bequem bei einem Landwirt in der Nachbarschaft machen. Doch der Plan kam bei seinen Eltern gar nicht gut an. „Egal was du machst. Doch mach das Praktikum nicht in der Landwirtschaft“, rieten sie ihrem Sohn zu neuen Erfahrungen.

Gemeinsam mit seinem Vater besuchte Thomas eine regionale Ausbildungsmesse an der Realschule in Velen. Dabei stieß er auf eine Firma, die Hochsteiger und Lifte baut. Dort machte er sein dreiwöchiges Schulpraktikum als Anlagenbauer. Ihm gefiel die Arbeit. Eine Ausbildung konnte er sich dort aber nicht vorstellen. „Allein wegen dieser Einsicht hatte sich das Praktikum schon gelohnt“, sagt sein Vater.

Stärken mit Zahlen und Menschen

Marie-Theres und Hubert Schulze Hilbt – beide 48 Jahre – sahen die Stärken ihres Sohnes im Umgang mit Menschen und Zahlen. Vielleicht würde eine kaufmännische Ausbildung passen. Um sich darin auszuprobieren, machte er in den Ferien ein Praktikum in der kaufmännischen Abteilung von Westfleisch in Coesfeld und bei der Sparkasse Westmünsterland.

Für die Ausbildung zum Bankkaufmann konnte er sich begeistern. Leider scheiterte die Bewerbung am fehlenden Fachabi. Thomas hätte es deswegen nach dem Realschulabschluss gerne nachgeholt. „In der Schule war ihm eigentlich immer alles zugefallen. Er brauchte nie richtig zu lernen“, erinnert sich seine Mutter. Seine Eltern merkten aber, dass Thomas die Lust am weiteren Pauken fehlte.

Sie rieten ihm: Mach erst eine Ausbildung. Danach kannst du immer noch wieder zur Schule gehen. „Wenn man mal drei Jahre praktisch gearbeitet hat, dann drückt man mit einer anderen Einstellung wieder die Schulbank“, meint der staatlich geprüfte Landwirt Hubert Schulze Hilbt und erinnert sich an seine Ausbildung und Fachschulzeit. Thomas entschied sich für die landwirtschaftliche Lehre. Sein Vater schaute sich mit ihm gemeinsam die Lehrbetriebe an. Mit seiner langjährigen Erfahrung als Schweinehalter konnte er seinem Sohn beratend zur Seite stehen. pat

Den Weg der anderen Schulze Hilbt Kinder finden Sie in der Ausgabe 37/2016 des Wochenblattes.