Obstbäume für morgen

In Bonn gibt es eine besondere Obstplantage mit Hunderten Sorten. Hier tragen die Bäume keine Früchte, denn es kommt nur auf ihre Zweige an. Aus ihnen entsteht die nächste Obstbaum-Generation.

Winterruhe? Von wegen! Wenn die Tage kälter werden, lockert Alexander Adolf seine Handgelenke, schärft die Schere und schneidet im Akkord. Der durchtrainierte Mann stiefelt durch das nasse Gras von Baum zu Baum und zwackt lange, dünne Ruten ab. Diese Zweige stellen die kostbare Ernte eines arbeitsreichen Jahres dar.

Die Obstbäume stehen in einer Plantage hinter dem Gebäude der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen in Bonn-Roleber. Die Anlage trägt den Namen „Obstmuttergarten Rheinland“. Hinter diesem Wortungetüm steckt ein ausgeklügeltes System, um Obstbäume zu erhalten und zu vermehren.

Nachschub für die Branche

Obstmuttergarten – das klingt nach „Mutter aller Obstbäume“. Thomas Vogt schmunzelt und erklärt: „Nicht aller Obstbäume, aber sehr vieler“. Der Baumschulfachberater bei der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen ist zugleich Geschäftsführer der GmbH, die den Reisergarten unterhält. Die Plantage versorgt Baumschulen und Obstbauern mit Zweigen von bestimmten Obstsorten. Sie sind das Ausgangsmaterial zum Vermehren. „Wir liefern Reiser an Betriebe in ganz Deutschland, aber auch in mehrere europäische Länder“, berichtet Vogt.

Nur noch drei Anbieter

Das Geschäft mit den Reisern ist hart. Mehrmals klingt das beim Rundgang über die Plantage an. Eine offensichtliche Herausforderung ist, die Nachfrage nach interessanten Sorten für Jahre im voraus zu kalkulieren und von diesen Sorten genug Bäume anzubauen.

Gefordert ist außerdem, den Aufwand für die Baumpflege wirtschaftlich zu halten, erläutert der Geschäftsführer. Vogt plagt zudem die Sorge um die Anbauflächen. Etwa 7 der 13 ha hat der Obstmuttergarten von der Landwirtschaftskammer gepachtet. Da ihr Standort Roleber zum Verkauf steht, ist unklar, wie es mit diesen Flächen weitergeht und wohin der Reisergarten umziehen könnte, wenn der jährliche Pachtvertrag nicht verlängert wird.

Obstsorten erhalten

Neben der Bonner Anlage gibt es in Deutschland nur noch zwei weitere vergleichbare Reisergärten: einen in Hannover und einen bei Heilbronn. Andere Plantagen mussten aus wirtschaftlichen Gründen aufgeben. Durch gemeinsame Vermarktungs-Kampagnen und eine Bereinigung des Sortiments auf das wirklich Sinnvolle, ohne einzelne Sorten komplett zu verlieren, wollen die bestehenden Gärten ihre Zukunft sichern. Dabei nehmen sie den Auftrag ernst, die große Bandbreite der Obstsorten in Deutschland zu erhalten. Den beteiligten Obstbauern und Baumschulen liegt viel daran. Schließlich geht es um ihre Obstbäume für morgen. Brigitte Laarmann

Den kompletten Bericht finden Sie in Wochenblatt Ausgabe 51/52.


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