Nachbarschaftsinitiative

Schutzhütte in Eigenregie

In Coesfeld-Stevede steht eine neue Schutzhütte für Radfahrer. Sie ist ein tolles Beispiel, das zeigt, was Nachbarschaften leisten. Es zeigt aber auch, dass es viele Hütten im Münsterland gibt, die besser vernetzt werden müssen.

Das Dach der Kantinenhütte ist schon von Weitem zu sehen. Die tonfarbenen Dachpfannen schimmern durch das Grün der Bäume. Radfahrer erkennen sofort, dass sie dort sicher vor Regen sind. Doch selbst bei strahlendem Sonnenschein kehren Pedalisten in das Häuschen am Heubach ein. Mit etwas Glück finden sie sogar eine frisch gedruckte Ausgabe der Tageszeitung oder können ein kühles Alster trinken. Dabei handelt es sich bei der Holzhütte mit dem roten Spitzdach nicht um einen Kiosk, sondern um eine beispielhafte Nachbarschaftsinitiative.

Acht Familien aus der Bauernschaft Stevede in Coesfeld taten sich im Frühjahr zusammen und bauten die Rast- und Schutzhütte für Radfahrer – nach traditioneller Bauweise aus massiver Eiche und in 100 % Eigenleistung. Sie hätten selbst nicht gedacht, dass die Unterkunft bei den Radfahrern aus der Umgebung und den Behörden in Coesfeld so gut ankommt.

Eine Hütte am Heubach

Besonders Rainer Ebbing freut sich darüber. Der ehemalige Landwirt ist der Sprecher der Nachbarschaftsinitiative und brachte den Stein für den Bau ins Rollen. „Wir können ausgedehnte Radtouren unternehmen. Aber eine gemütliche Anlaufstelle vor Ort, um Rast zu machen, haben wir nicht“, begründet der 65-Jährige die Idee. Die Nachbarn sahen das genauso. Es gab auch schon einen geeigneten Standort für die Rasthütte. Sie sollte direkt am Radweg 124/140 von Reken nach Coesfeld am Heubach an der Kantinenbrücke stehen. Ob die Stadt Coesfeld das auch so sah? Das Stück Land gehört schließlich der Gemeinde.

Behörden und Finanzen

Die Behörde erhob weder Einwände noch Kosten und sagte ihm nach einer Ortsbegehung die Nutzung zu. Für die nächsten zwölf Jahre darf die Hütte also am Heubach stehen. Sollte die Stadt entscheiden, dass die Kantinenhütte weg soll, müssten die fleißigen Nachbarn sie auf eigene Kosten entfernen. Dass es dazu kommt, ist unwahrscheinlich, glaubt Ebbing.

Gleichzeitig bekamen Ebbing und seine Mitstreiter die Auflage, die Untere Wasserbehörde ins Boot zu holen, weil ihre Hütte weniger als 3 m entfernt an einem Wasserlauf liegt. Bis die Behörde grünes Licht gab, kostete es Zeit und rund 240 € Bearbeitungsgebühr. In der Zwischenzeit sprach der Projektinitiator mit seinem Ansprechpartner von der Stadtverwaltung über Fördergelder. Dieser riet ihm, es über die EU-Initiative Leader zu versuchen. Der Antrag hatte es allerdings in sich. Der 65-Jährige musste detaillierte Projektskizzen und -beschreibungen vorlegen.

Im Endeffekt gab es einen Zuschuss von 7200 €. Das sind 65 % der gesamten Baukosten in Höhe von 11  000 €. Eigentlich hatten die Hüttenbauer mit 14  000 € kalkuliert. Doch sowohl die Bagger- als auch am Ende die Pflasterarbeiten waren unentgeltlich. So blieb für die acht Familien eine Restsumme von 3800 € statt 4500 €, die sie aus eigener Tasche zahlten. Hinzu kommt ihr ehrenamtlicher Einsatz: Fundament gießen, Bohlen aufstellen und verzapfen, Dach decken, Kuchen für die Helfer backen. Nach acht Wochen Bauzeit war die „Kantinenhütte“, benannt nach der Kantinenbrücke am Heubach, fertig.

Unter Radfahrern aus nah und fern ist die neue Anlaufstelle schon jetzt ein Geheimtipp. „Wir bekommen viele Rückmeldungen“, sagt Rainer Ebbing und deutet auf eine Pinnwand mit Dankeschönzetteln, die in der Hütte hängt.

Bessere Vermarktung der Fahrradrouten

Doch nicht nur die Nachbarn wollen, dass die Kantinenhütte bei Radfahrern beliebt ist. Beim Thema Radfahrerschutzhütten wird auch der Verein Münsterland e. V. hellhörig. Dieser fördert den Tourismus im Münsterland. „Routen, an denen Rast- und Schutzhütten stehen, sind besser zu vermarkten als Wege ohne diesen Service“, erklärt Hans-Joachim Gerdemann von Münsterland e. V. Idealerweise sollen Gäste und Einheimische die Schutzhütten, die es in der Region gibt, in Karten oder elektronischen Tourenplanern finden.

Bei der Umsetzung hapert es ziemlich, weil einer offenbar nichts von den Aktivitäten des anderen weiß. „Es gibt viele Nachbarschaftsinitiativen oder Hütten von Heimat- und Kulturvereinen wie die in Stevede, von denen wir als touristischer Verband jedoch nichts wissen“, räumt Gerdemann ein. Das soll sich nun ändern (siehe Kasten).

Tourenplaner sucht Hütte

Sie wissen, wo eine hochwertige Rast- und Schutzhütte steht oder haben selbst mit Ihrer Nachbarschaft, einem Kultur- oder Heimatverein eine Hütte gebaut, die was hermacht? Dann informieren Sie Münsterland e. V. in Greven darüber. Schicken Sie ein Foto mit Standortbeschreibung sowie Ihre Kontaktdaten für Rückfragen an: Münsterland e. V., Herrn Hans-Joachim Gerdemann, Airportallee 1, 48268 Greven, oder per E-Mail an: tourenplaner@­muensterland.com, Tel. (0 25 71) 94 93 30.
Oder schreiben Sie an das Wochenblatt. Stichwort „Schutzhütte“. Dann kümmern wir uns darum. Unsere Adresse lautet: Landwirtschaftsverlag GmbH, Redaktion Wochenblatt, Postfach 49 29, 48084 Münster oder schreiben Sie eine E-Mail an redaktion@wochenblatt.com.
Bitte beachten Sie, dass die Rast- und Schutzhütte bestimmte Kriterien erfüllen muss, damit sie in den Tourenplaner aufgenommen wird.

- Die Anlage sollte ansprechend aussehen. Eine Bushaltestelle und eine einfache, offene Blechhütte oder ein Notbehelf genügen dem Anspruch nicht.
- Die Hütte sollte am rot-weiß ausgeschilderten Radwegenetz liegen.
- Je mehr Extras sie hat, umso besser, beispielsweise Fahrradständer, Infotafeln und Sitzgelegenheiten für drinnen und draußen.
- Nennen Sie den Standort.

Der Verein Münsterland e. V. behält sich vor, die Hütte selbst auf ihre touristische Vermarktungseignung zu prüfen.
Ein Verzeichnis der Radfahrerschutzhütten ist im Internet auf der Seite von Münsterland e. V. zu finden:   tourenplaner-muensterland.de/tou­ren­planer/ (den Reiter "Orte von Interesse" im rechten Bildschirmrand auswählen und im Feld "touristische Infrastruktur" das Unterfeld "Rast" anklicken. Per Klick auf das Symbol „Hütte“ öffnet sich ein Feld mit Infos und Details zur Hütte).