Mobilfunk: Den Störungen auf der Spur

Die Gründe für Lücken im Mobilfunk auf dem Land sind unterschiedlich. ­„Detektive“ der FH Südwestfalen haben die Störungen im Münsterland unter die Lupe genommen. Die Nutzer sind nicht unschuldig.

Es wirkt wie ein Widerspruch: Landwirte und andere Unternehmer auf dem Land beklagen, dass Gespräche am Smartphone abreißen und Daten nicht übertragen werden. Ministerien und Anbieter brüsten sich aber mit einer fast vollständigen Abdeckung mit dem aktuellen Mobilfunkstandard 4G/LTE.

Die vier Kreise des Münsterlandes gingen dieser Unzufriedenheit auf den Grund und haben sich dazu Forscher der Fachhochschule (FH) Südwestfalen ins Boot geholt. Ergebnisse der Untersuchung präsentierten sie auf einer digitalen Veranstaltung des Zentrums für ländliche Entwicklung (ZeLe) des NRW-Landwirtschaftsministeriums. Im nächsten Schritt geht es darum, Lösungen zu finden.

Spürbare Unzufriedenheit

Die Kreise des Münsterlandes haben Unternehmer und Landwirte Ende 2019 zu ihrer Zufriedenheit mit dem Mobilfunk befragt. Sie interessierten sich für die genutzten Anwendungen und konkrete Versorgungsprobleme. 1000 Rückmeldungen gab es aus der Region. Hinzu kamen Gespräche mit den drei Netzbetreibern Vodafone, Telefonica und Telekom.

20 % der Teilnehmer meinten, dass sich die Mobilfunkversorgung in den vergangenen zwei Jahren verschlechtert hat. Nur knapp 10 % hielten sie für besser.

„Obwohl sich die Versorgungslage mit 4G/LTE kontinuierlich verbessert, herrscht ein hohes Maß an Unzufriedenheit“, fasst Ingmar Ebhardt, Breitbandkoordinator des Kreises Steinfurt, zusammen. Parallel hat das Volumen an Daten, das per Mobilfunk übertragen wird, in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen.

Gründe für die Störungen

2020 begaben sich Prof. Christian-Friedrich Lüders und ein Team der FH Südwestfalen auf die Spur der Störungen. Es gibt sicherlich eindeutige „Funklöcher“, aber auch viele Unwägbarkeiten und Abhängigkeiten, sagte der Experte für Mobilfunk.

Das Team legte eine Messstrecke fest, die sich an den Störmeldungen der Umfrage orientierte. An sich scheint das Münsterland vergleichsweise gut versorgt zu sein. Laut der Karte der Bundesnetzagentur liegt der Anteil der unterversorgten Haushalte im Münsterland bei allen drei Anbietern im unteren einstelligen Bereich.

Die Versorgung im bergigen Hochsauerlandkreis ist deutlich schlechter. Dort liegt der Anteil der unterversorgten Fläche je nach Betreiber bei 15 bis 30 %. Auf ihrer Messroute im Münsterland kamen die Wissenschaftler auf eine LTE-Basisversorgung im Freien von 92 bis 97 % und mit einer höherwertigeren LTE-Versorgung auf 70 bis 80 %, was angesichts der gewählten Route durch kritische Bereiche recht ordentlich ist.

Die Hälfte der Störmeldungen passt zu den weißen Flecken der Abdeckungskarten der Anbieter. Schlechten Empfang gibt es auch in unmittelbarer Nähe der eingezeichneten Funklöcher. Es gab aber auch Störmeldungen und geringe Pegel in laut Netzabdeckungskarten „versorgten“ Gebieten.

„Die Daten der Netzabdeckungskarten sind manchmal etwas optimistisch“, meint Prof. Christian-Friedrich Lüders. Hinzu kommen Störungen in Grenznähe mit dem niederländischen Mobilfunk. Wo große Lücken der Versorgung sind, empfiehlt der Physiker den Ausbau mit Mobilfunkmasten.

An manchen Stellen sollte die Verbindung schlecht sein, die Messungen ergaben aber gute Pegel und Datenraten. Bei ein paar Unternehmen lag es an der Signaldämpfung durch das Gebäude. Vor allem moderne Bauten sind gut isoliert, behindern aber den Mobilfunk. Repeater oder die Mobiltelefonie über ein eigenes WLAN können helfen.

Selbst im Auto kann die Lage des Smartphones eine Wirkung haben: Auf dem Armaturenbrett ist der Empfang besser als in der Mittelkonsole. Manche Nutzer können auch gar kein 4G/LTE empfangen: Bei 23 % der befragten Unternehmen unterstützten ihre Mobilfunkverträge 4G/LTE gar nicht oder nur teilweise, bei weiteren 8 % war die LTE-Unterstützung unbekannt.

Beratung vor Ort

Abgesehen von den größeren weißen Flecken, die neue Masten brauchen, bedarf es oft kleinteiligere Lösungen. Der Professor empfiehlt den Kreisen die Stelle eines Mobilfunkkoordinators. Er behält die Versorgungslage im Blick, kann neue Standorte für Masten ausmachen und den Kontakt mit den Netzanbietern halten sowie Förderbedingungen klären. Denn der Lückenschluss mit 4G ist das eine. Am Horizont wartet schon der Ausbau mit 5G in der Fläche.

Jalousien hoch, Fenster auf
Einfache Tipps für einen besseren Empfang beim Endkunden gibt Christian Tebel, Gigabitkoordinator der Stadt Münster:
Der Nutzer sollte im Vorfeld die Netzabdeckung des Betreibers mit den Karten der Bundesnetzagentur überprüfen.
Mit einer Dual-Sim-Karte lassen sich zwei Netzbetreiber nutzen.
Man sollte schauen, ob das Smartphone alle Standards der Netzbetreiber unterstützt.
Wichtig ist ein zeitgemäßer Vertrag, der 4G/LTE unterstützt inklusive ausreichendes Datenvolumen.
Dämpfung des Empfanges im Auto lässt sich durch eine zusätzliche Antenne mindern.
Im Gebäude lässt sich die Dämpfung reduzieren, indem man Jalousien hochzieht und Fenster öffnet.
In Grenznähe nutzt man einen Netzbetreiber, der Handover anbietet. So bricht die Verbindung in andere Landesnetze nicht ab.

Mehr zu dem Thema

Internet auf dem Land

Wenn das Netz nicht reicht

von Andrea Hertleif

Die Bundesregierung strebt Glasfaser für alle an. Doch selbst langsame ­Verbindungen gibt es bisher nicht überall. Familie Lohmann muss (fast) ­ohne Netz auskommen. Das hat im Alltag gravierende...

Dorf.Zukunft.Digital

Homepage und App fürs Dorf

von Patrick Otte

Das Leben im Dorf wirkt im Lockdown wie eingefroren. App und Homepage ermöglichen ein wenig Gemeinschaft. Passend dazu macht das Projekt „Dorf.Zukunft.Digital“ Orte fit für die digitale...

Smartphones für Senioren im Test

Tippen, wischen, Bilder schicken

von Christina Breuker

Sind spezielle Senioren-Smartphones für Einsteiger hilfreich? Und was bieten sogenannte „Feature­Phones“, die eine Mischung aus klassischem Handy und Smartphone darstellen? Wir haben fünf...