Frau Brüning, knapp 11 000 Personen folgen Ihrem Account „unser.lebenaufdemland“ auf Instagram. Welchen Beitrag zu diesem Erfolg haben Marmeladengläser und die Kaffeekanne Ihrer Oma geleistet?
Ich bastel und dekoriere gerne. Fast täglich poste ich Fotos und kurze Videos von meinen Ideen auf Instagram. Im Sommer sind es häufig auch Gartenfotos. Bis Ende vergangenen Jahres hatte ich auf meinem Kanal so die Marke von 1000 Followern geknackt. Das war immer mein Ziel. Dann, kurz vor Weihnachten, habe ich mit einer Deko aus Marmeladengläsern mit der Aufschrift „Glück“ anscheinend einen Nerv getroffen. Innerhalb weniger Tage haben sich 2,2 Mio. Leute den Post angeschaut. Ein paar Wochen später bekam eine Blumendeko in der alten Kaffeekanne meiner Oma mehr als 1,4 Mio. Klicks. Seitdem scheint der Algorithmus von Instagram mich entdeckt zu haben und meine Posts regelmäßig anderen Nutzern vorzuschlagen. Die Zahl meiner Follower steigt seitdem stetig.
Ihr Account ist öffentlich, sodass jeder Instagram-Nutzer Ihre Inhalte sehen kann. Wie sind Sie auf die Idee gekommen, ihre Deko über den Social-Media-Kanal mit anderen zu teilen?
Fotografieren ist schon lange mein Hobby. Und sich mit anderen über das Internet zu vernetzen, finde ich einfach spannend. Vor gut zwei Jahren habe ich einen Vortrag von Conny Langreck, Landfrau aus Rheda-Wiedenbrück, über ihren Gartenblog „Die Beetschwestern“ gehört. Das wollte ich auch einmal ausprobieren. Da ich im Corona-Lockdown die Zeit dazu hatte, bin ich selbst mit einem Blog auf einer eigenen Internetseite gestartet. Ich habe jedoch schnell gemerkt, dass es mir zu aufwendig ist, regelmäßig Beiträge mit mehreren Fotos und längerem Text für den Blog zu gestalten. Und so habe ich mich mehr auf Instagram konzentriert. Dort hatte ich schon vor meinem Blog einen Account. Denn hier kann ein Post auch aus nur einem guten Bild mit ein paar Zeilen bestehen. Außerdem ist der Austausch mit anderen dort viel mehr gegeben.
Würden Sie sich als Influencerin bezeichnen?
Darüber habe ich schon häufig mit anderen Instagrammern diskutiert. Früher hätte ich diesen Begriff weit von mir gewiesen. Denn bei Influencern habe ich anfangs vor allem an hippe Personen gedacht, die ihr Geld damit verdienen, Produkte auf Social-Media-Plattformen zu präsentieren. Außerdem hatte der Begriff früher für mich einen negativen Beigeschmack. Influencerin zu sein bedeutet für mich jedoch ganz wörtlich, einen Einfluss auf andere zu haben. Und da ich mit meinen Beiträgen viele Nutzer erreiche und sie anrege, meine Ideen nachzumachen, würde ich heute sagen: Ja, ich bin eine Influencerin.
Wissen Sie, welche Personen Ihrem Kanal folgen?
Natürlich kenne ich kaum jemanden meiner 11 000 Follower persönlich. Aber ich bekomme von vielen regelmäßig Feedback zu meinen Postings und Storys. Einige schreiben mich auch per Direktnachricht an, um etwas zu fragen, wie eine Pflanze heißt oder wo ich etwas gekauft habe. Mit einigen ist dadurch auch so was wie eine Freundschaft entstanden – ohne dass man sich persönlich kennt. Laut der Statistik, die ich mir anzeigen lassen kann, sind 95 % meiner Follower weiblich, die meisten kommen aus Deutschland.
Viele von ihnen sind morgens gegen sieben Uhr online. Um sie gut erreichen zu können, würde ich also am besten um diese Uhrzeit meine Beiträge posten. Das ist mir aber zu anstrengend. Denn natürlich geht bei uns in der Familie der Alltag mit den Kindern vor. Um Instagram kann ich mich kümmern, wenn ich gerade Zeit habe. Das ist in der Regel abends auf dem Sofa. Dort schneide ich mit einer Smartphone-App beispielsweise Videos, in denen ich zeige, wie eine Deko entstanden ist, zusammen.
Wie viel Zeit investieren Sie täglich in Ihren Account?
Samstags gehe ich in der Regel in meine Bastelwerkstatt oder in den Garten. Das können mal zwei, aber auch schon mal acht Stunden sein. Dabei entstehen dann die Ideen für neue Beiträge in der kommenden Woche. Möchte ich davon am Ende nicht nur ein Foto, sondern auch ein Video – ein sogenanntes Reel – posten, befestige ich mein Smartphone mit einer Halterung etwa 30 cm oberhalb der Arbeitsfläche. So kann ich alles filmen und habe beide Hände frei. Abends auf der Couch schneide ich die Videos dann, lege Musik dahinter, vergebe die Hashtags, damit möglichst viele Personen meinen Post finden, und schreibe einen kurzen Text dazu. Damit bin ich auch noch einmal zwei bis drei Stunden pro Tag beschäftigt.
Womit basteln und dekorieren Sie zurzeit am liebsten?
Vor ein paar Monaten habe ich Anzündhölzer für mich entdeckt. Mithilfe von Leim lassen sich daraus leicht schöne Dinge bauen. Ich habe beispielsweise einen Schlüsselkasten und verschiedene Tabletts daraus gebaut und angestrichen.
Wer viele Follower hat, wird für Unternehmen als Werbepartner interessant. Haben Sie auch schon Anfragen erhalten?
Ja, tatsächlich kommen ab und an Anfragen von Unternehmen. Einmal ging es um Nahrungsergänzungsmittel. In der Szene ist bekannt, dass das die ersten Anfragen sind, die man bekommt. Dafür zu werben, kam für mich aber nicht infrage, weil es thematisch nicht zu meinem Account passt. Ein anderes Mal ist eine Frau auf mich zugekommen, die gerade dabei ist, sich ein Standbein mit dem Verkauf von Kerzen aufzubauen. Da mir die Kerzen nicht gefielen, habe ich auch das abgelehnt.
Könnten Sie sich vorstellen, in Zukunft Produktwerbung auf Ihrem Account zu machen?
Ich würde das nicht kategorisch ausschließen, arbeite aber auch nicht gezielt darauf hin. Bei einigen Unternehmen oder Agenturen könnte ich mich beispielsweise gezielt für ein Influencer-Programm anmelden. Das kommt für mich zurzeit nicht infrage. Von einem Produkt, das ich bewerbe, müsste ich wirklich überzeugt sein. Außerdem müsste die Bezahlung stimmen. Einige Instagrammer probieren Produkte schon dann aus und stellen sie anschließend vor, wenn sie die Sachen im Gegenzug behalten dürfen. Das würde mir nicht reichen. Schließlich müsste ich die Produkte als geldwerten Vorteil bei der Steuererklärung angeben und so sogar noch Steuern dafür zahlen. Das Produkt auszuprobieren und einen Post zu erstellen, kostet aber durchaus Zeit. Und die würde ich mir auch vergüten lassen wollen.
Wie finden Sie es, auf den Seiten anderer Instagrammer Werbung zu entdecken?
Meine Meinung dazu hat sich geändert. Früher habe ich mich beispielsweise darüber geärgert, wenn einige Instagrammer zu den Produkten, die sie vorstellen, sogenannte Affiliate-Links gesetzt haben. Wenn andere Nutzer darüber das Produkt bestellen, erhält der Verfasser des Posts eine Provision. Ich habe solche Links bewusst gemieden, auch wenn mir das Produkt gefiel. Mittlerweile weiß ich, dass dahinter eine Menge Arbeit steckt. Und wenn jemand mir einen guten Tipp gegeben hat und ich tatsächlich Interesse an dem Produkt habe, finde ich es nur fair, wenn der- oder diejenige dann auch daran verdient.
Was sagt Ihre Familie dazu, dass Sie auf Instagram aktiv sind?
Sind Ihr Mann und Ihre drei Kinder häufig auf Ihren Fotos oder Videos zu sehen?Bei meinen Posts sieht man in der Regel unseren Garten, einen Teil meines Bastelraums und Deko im Haus. Mich selbst oder unserer Familie zeige ich selten. Und wenn, dann nur, wenn sie auch einverstanden sind. Meistens haben sie Spaß daran. In den Osterferien waren wir zum Beispiel auf Zeeland. Darüber habe ich ein Reel gepostet. Unsere großen Mädels finden es cool, sagen zu können, dass ihre Mutter so viele Follower auf Instagram hat. Unseren Jüngsten interessiert das mit neun Jahren noch nicht so sehr.
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