Das Verhältnis zwischen Landwirten und Nichtlandwirten ist trotz Öffentlichkeitsarbeit gestört, weil diese Kommunikation oft einseitig ist. Neue Ideen sind gefragt. Die Studie „Dialog und Wertschätzung“ der Fachhochschule Südwestfalen kommt zu dem Ergebnis, dass der Schlüssel zu mehr Wertschätzung und Akzeptanz der Dialog ist.
Schluss mit bla, bla, bla. Der neue Weg zu kommunizieren heißt: Verbrauchern persönliche Geschichten erzählen und ihnen Fragen stellen, anstatt sie mit Fakten zu überfluten.
Kommunikation: Sechs praktische Übungen
Übung 1 „Der Einstieg ins Gespräch“: Das größte Hindernis ist der Anfang: Wie fange ich ein Gespräch mit einem kritischen Verbraucher an? Wo rede ich mit ihm?
Strategie: Der Supermarkt oder der Feldrand sind ideal. Der Einstieg gelingt schnell und obendrein auf charmante Art und Weise mit einer Eisbrecherfrage: „Entschuldigen Sie, ich habe bemerkt, dass, ... Ich bin Landwirt und würde gerne etwas dazu sagen. Darf ich?“
Übung 2 „Kritische Themen“: Bestimmte Sachthemen wie Tierhaltung oder Pflanzenschutz sind gesellschaftlich negativ besetzt. Wie spreche ich diese an?
Strategie: Auf die Wortwahl kommt es an, um beim Verbraucher positive Bilder im Kopf zu erzeugen. Über „Tierhaltung“ beispielsweise lässt sich entspannt sprechen, indem man von großen, hellen Milchviehställen, beheizten Spalten im Schweinestall, Spielzeug, Weiden und Freiland oder Kuhbürsten erzählt.
Beim Thema „Naturschutz“ erzeugen die Wörter Blühstreifen, Lerchenfenster und Kitzretter positive Wirkung. Harte Fakten und Sachinfos lassen sich sehr gut in persönlichen Geschichten verpacken, z. B. „Ich bin gerne Landwirt, weil ... Mit meiner Familie lebe ich seit ... hier. Mein Beruf bedeutet mir ... Im Alltag ...“
Übung 3 „Der Gesprächsablauf“: Gute Dialoge sind keine „Experte-Laie-Konstellation“. Einseitige Kommunikation, wobei der Landwirt den Großteil der Redezeit beansprucht und den Verbraucher mit Sachinformationen „zutextet“, erzeugt wenig Vertrauen.
Strategie: Überlegen, ob die Sachinformation wichtig ist oder etwas anderes? Grundsätzlich gilt: weniger reden, dem Verbraucher zuhören und ihm Fragen zu stellen.
- Woher kommen Sie?
- Waren Sie schon mal auf einem Bauernhof?
- Was hat dazu geführt, dass Sie diese Meinung haben ...?
- Was wäre Ihrer Meinung nach anders, wenn Landwirte ... /nicht tun/ keine Subventionen erhalten/ alle auf Bio umstellen?
So signalisiert der Landwirt dem Verbraucher Interesse und zeigt sich als aufschlussbereiter Gesprächspartner.
Übung 4 „Der Perspektivwechsel“: Viele Verbraucher sind offen für Landwirtschaft. Man muss nur wissen, was sie bewegt.
„Verbraucher haben keine Ahnung von Landwirtschaft“ – der Gedanke ist falsch. Öffentlichkeitsarbeit ist ein Betriebszweig. Es ist wichtig, die Menschen, welche die Produkte kaufen, in die Arbeit einzubeziehen.
Strategie: Rollentausch ist angesagt. Dieser lässt sich zwischendurch mit der Familie üben: Dazu schlüpft einer in die Rolle des Verbrauchers, der andere ist der Landwirt. Dann sprechen beide z. B. über „billiges Fleisch“. Beim Rollenwechsel geht es darum, die andere Person verstehen zu lernen, ihre Sichtweise einzunehmen und Verständnis für ihre Emotionen, Gedanken und Motive zu entwickeln.
Übung 5 „Einstellung ändern“: Gespräche zwischen Landwirten und Verbrauchern fördern die Vertrauensbildung und verändern die Einstellung.
Strategie: Die wichtigste vertrauensbildende Maßnahme ist die ehrliche Antwort auf die Frage: Wie würde ich über die Landwirtschaft denken, wenn ich kein Landwirt wäre?
Der Fachbegriff ist „Selbstreflexion“. Das meint, sein eigenes Denken, Fühlen und Handeln zu hinterfragen. Wer seine Wertvorstellungen kommuniziert, Missstände klar benennt, Veränderungsabsichten signalisiert, handelt entsprechend und gewinnt Vertrauen (zurück).
Übung 6 „Kritik zulassen“: Selbst wenn die Wut hochkocht: Kritik ist nicht immer negativ.
Strategie: Verbale Gegenangriffe, Überzeugungsarbeit, Probleme negieren, Schuld wegschieben sind genauso falsche Reaktionen wie eine Rechtfertigung à la „Ja, aber ...“ Erzielt man nämlich mit einem klaren Ja eine positive Wirkung, zerstört das nachgeschobene Aber sie wieder. Der andere erkennt sofort: „Der Mensch ist angreifbar. Meine Kritik ist berechtigt.“ Richtig ist, Kritik als Chance zu nutzen, um etwas zu erklären und Verbesserungsabsichten zu signalisieren.
Und sofern es angebracht ist, zu sagen: „Ja, es sind Dinge im Argen. Doch ist es der Verbraucher, der am Regal die Wahl trifft.“
Studie „Dialog und Wertschätzung“
In der Studie „Dialog und Wertschätzung“ untersuchten Wissenschaftler der Fachhochschule Südwestfalen, wie sich ein persönliches Gespräch zwischen Landwirten und Verbrauchern auf die Einstellung zu landwirtschaftlichen Themen wie Antibiotika, Technik oder Tierhaltung auswirkt. Untersucht wurden 110 Begegnungen. Alle Beteiligten bewerteten die Gespräche positiv. Der persönliche Austausch baute Vertrauen auf. Sowohl Landwirte als auch Verbraucher veränderten durch das Gespräch ihre Einstellung zu den Themen. Jedoch ist die Einstellungsänderung nicht nachhaltig. Für eine dauerhafte Wirkung müssen die Dialoge öfter wiederholt werden. Die Studie steht im Wochenblatt, Folge 4/2020, Seite 20 bis 21. Hier geht es zum E-Paper.
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