Vereine

Im Verein lebt’s sich länger

Wer lange leben möchte, kann aufhören zu rauchen oder einer Gruppe ­beitreten. Beides hat etwa den gleichen Effekt auf die Gesundheit. Die ­Zugehörigkeit zu einem Verein hat aber noch mehr Vorteile.

Menschen brauchen soziale Kontakte. Sie sind für die Gesundheit ebenso wichtig wie Bewegung und gesundes Essen. Zu finden sind sie in der ­Familie, in Freundeskreisen, aber auch in Vereinen. Hier kommen Menschen zusammen, die mindestens ein gemeinsames Interesse ­haben. Das gibt Orientierung und Halt. Die Zugehörigkeit zu einem Verein ist nicht nur Mittel zum Zweck oder Engagement zum Wohle anderer. Auch das einzelne Mitglied kann großen persönlichen Nutzen daraus ziehen.

In einer Gemeinschaft sind Dinge möglich, die ein einzelner kaum erreichen könnte. Landwirte erfahren das, wenn sie mit einer Treckerdemo auf ihre schwierige Lage aufmerksam machen. Die Zuversicht in die Kraft der Gruppe stärkt sowohl die Gruppe als auch den Einzelnen. Wichtig ist, dass sich das Mitglied mit der Gemeinschaft identifiziert. Je mehr das der Fall ist, desto besser geht es ihm, sagt Prof. Dr. Rolf van Dick, Professor für Sozialpsychologie an der ­Goethe Universität Frankfurt.

Höhere Lebenserwartung durch soziale Kontakte

Eine 2010 veröffentlichte Analyse von 148 Studien untersuchte den Einfluss zwischenmenschlicher Beziehungen auf die Sterberate. Sie verglich diesen Einfluss mit dem der üblichen Kriterien, wie Rauchen, Bewegung oder Übergewicht. Das Ergebnis: Soziale Unterstützung und Verbundenheit hingen am stärksten mit einer hohen Lebenserwartung zusammen. Der Soziologe Robert David Putnam erklärt dazu: „Wenn man keiner Gruppe angehört, dann aber beschließt, sich einer Gruppe anzuschließen, halbiert man das Risiko, im Laufe der nächsten sechs Monate zu sterben.“

Vereinszugehörigkeit beugt Depressionen vor

Dennoch tritt kaum jemand mit dem Ziel in einen Verein ein, sein Sterberisiko zu verringern. Als Maßnahme zur Gesundheitsförderung eignet sich die Mitgliedschaft aber durchaus. Die Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft stärkt nachweislich die psychische Gesundheit. In Großbritannien gibt es deshalb soziale Aktivitäten inzwischen auf Rezept. Interessierte erhalten Unterstützung, um Mitglied in einer Gruppenaktivität vor Ort zu werden, zum Beispiel einem Kunst- oder Sportkurs.

Wer einer Gruppe angehört, leidet seltener unter Depressionen, sagt Prof. van Dick. Und nach einer psychischen Krise genesen diese Menschen schneller. Deshalb kann die Bindung an eine Gruppe in schwierigen Lebensphasen besonders wichtig sein, zum Beispiel wenn die Kinder das Haus verlassen, nach einer Trennung oder beim Eintritt in die Rente.

Es muss nicht unbedingt ein Verein sein, dem sich jemand anschließt. Im Vergleich zu anderen Gruppen bietet ein Verein jedoch einige Vorteile. Vor allem zeichnet er sich durch Regeln und mehr oder weniger feste Strukturen aus. Klarer Vorteil ist die Regelmäßigkeit der Zusammenkünfte. In Cliquen oder Freundeskreisen besteht schnell die Gefahr, dass Kontakte einschlafen, weil es keine fest vereinbarten Treffen gibt.

Neue Einblicke gewinnen

Zudem fördern Vereine die Diversität. Hier kommen Menschen zusammen, die ansonsten womöglich nie miteinander ins Gespräch gekommen wären. „Das ist anstrengend, bringt mich aber weiter“, meint Prof. van Dick. Mitglieder erhalten die Chance, Einblick in andere Lebensweisen und Perspektiven zu bekommen. Das macht das Leben spannend. Gleichzeitig fördert es die Toleranz und ist eine Chance zur Integration. Zieht jemand neu in einen Ort, kann er über die Mitgliedschaft in örtlichen Vereinen sehr gut das Dorf, die Anwohner und die örtlichen Strukturen kennenlernen.

Gleichzeitig bieten Vereine die Möglichkeit, in einem relativ geschützten Raum zu üben, Verantwortung zu übernehmen. Wer einmal ein Vereinsfest oder ein Zeltlager organisiert hat, kann von den dabei erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten im Alltag, in der Familie wie im Beruf, profitieren.

Ehrenamtliche und Freiwillige machen weiter, wo andere sich zurückziehen. Sie sind motiviert und ­leisten Beachtliches, obwohl sie vom Staat nicht bekommen, was sie wollen oder brauchen.