Eimer auf und losstreichen: Das versprechen viele Hersteller von Schutzanstrichen für Holz. Und darauf springen nicht nur Endverbraucher, sondern auch viele Malerbetriebe an. Andreas Hempe aus Blomberg (Kreis Lippe) setzt dagegen oft auf eine kompliziertere Technik. Der Maler- und Lackierermeister ist seit 25 Jahren Restaurator im Handwerk. Die Verarbeitung von Leinölfarben gehört zu seinen Spezialitäten, denn er und sein Team sind häufig im Freilichtmuseum in Detmold im Einsatz. Dort ist wie bei vielen anderen denkmalgeschützten Fachwerkgebäuden ein Leinölanstrich bei Holzteilen Pflicht.
Ein entscheidender Vorteil
„Er bildet über dem Untergrund keinen dichten Film, sondern bleibt dampfdiffusionsoffen“, nennt Andreas Hempe den entscheidenden Vorteil. Das heißt: Dringt Wasser ein, kann es wieder ausdunsten. Ist Holz dagegen lackiert und sickert dann doch Feuchtigkeit ein, gammelt es schnell.
Ein weiterer Vorteil: Das Öl kann tief ins Holz einziehen, bis zu 2 cm. Wenn es dann langsam austrocknet – und dabei nach und nach seinen Geruch verliert –, schützt es das Holz nicht nur an der Oberfläche. Bevor eine farbige Schicht aufgetragen wird, muss das Holz deshalb mit einer Grundierung gesättigt werden. Sonst würde das Öl einziehen und die Farbpigmente würden an der Oberfläche austrocknen. Eine Anleitung für einen Außenanstrich gibt es hier.
Trocknen durch Verdunstung
Leinölfarben sind ein Nischenprodukt und um etwa ein Drittel teurer als herkömmliche Lasurfarben. Zusätzlich hat der natürliche Holzschutz Tücken. So trocknen Leinölfarben nicht durch Verdunstung, sondern durch die Aufnahme von Sauerstoff, „vernetzen“ heißt das in der Fachsprache. Es dauert ein bis zwei Wochen, bis ein Anstrich grifffest ist. Das ist an vielen Stellen nicht nur unpraktisch, sondern auch schwierig, weil Staub oder Insekten den Anstrich verschmutzen können. Damit es schneller geht, setzen viele Hersteller ihren Leinölprodukten Trocknungsstoffe zu. Diese sind häufig Kobalt-, Mangan- oder Zirkoniumverbindungen. Auch mit Terpentin gemischtes Leinöl trocknet schneller.
Eine zweite Tücke: Farblose Leinölfarbe bietet keinen UV-Schutz. Die Strahlen können auch weiter in das Holz eindringen, dort das Lignin abbauen. Das Holz vergraut und verliert gleichzeitig seine Oberflächenspannung. Die Fasern stellen sich auf. Die Beimischung von Farbpigmenten ist bei Außenanstrichen deshalb ratsam.
Einfach wieder einstreichen
Beim Erstauftrag verursacht ein Anstrich mit Leinölfarbe einiges an Arbeit, Renovierungen sind aber leichter. Abplatzungen gibt es nicht, allerdings kann die Bindekraft des Öls nachlassen. Meist lassen sich die Farbpigmente dann mit etwas Leinölfirnis wieder einstreichen. Andreas Hempe rät, Fenster alle zwei bis drei Jahre zu kontrollieren.
Im Innenbereich empfiehlt er reines Leinöl ohne Lösemittel einzusetzen. Auf strapazierten Flächen kann es satt aufgetragen werden. Überschüssiges Öl nach einer halben Stunde mit einem Lappen abnehmen. Schneidebretter und andere Holzteile, die mit Lebensmitteln in Kontakt kommen, mit kalt gepresstem Leinöl behandeln.
Wird erstmals ein Leinölanstrich aufgetragen, muss der Untergrund von allen alten Farbschichten befreit sein. Ist ein alter Leinölanstrich vorhanden, reicht es, diesen auszubürsten oder anzulaugen. Denn Laugen wirken fettlösend – und das verträgt sich gar nicht mit einem Anstrich auf Ölbasis.