Die Hofübergabe ist nicht irgendeine Formensache zwischen Übergeber und Nachfolger und gewiss keine Angelegenheit, die sich zwischen Tür und Angel besprechen lässt. Der Vorgang ist ein komplexer Prozess, der nicht nur das Erb-, Steuer- und Vertragsrecht betrifft, sondern die gesamte Familie. Folgende Fragen sollten Landwirtsfamilien bedenken und klären:
Tipps für eine gelungene Hofübergabe
Zeitpunkt: Für den Eigentümer wird es Zeit, sich Gedanken zur Hofnachfolge zu machen, sobald der Nachwuchs den Wunsch äußert, eine landwirtschaftliche Ausbildung oder ein Studium zu beginnen. Auch geplante große betriebliche Entscheidungen wie Investitionen, eine Erweiterung oder der Ausbau neuer Betriebszweige, aber auch eine eventuelle Betriebsaufgabe oder die Umstellung von Haupt- auf Nebenerwerb, sind bedeutende Anlässe für ein Gespräch in der Familie über die Zukunft des Betriebes.
Hierbei lassen sich schon die entscheidendsten Meilensteine auf dem Weg Richtung spätere Hofnachfolge setzen:
- Welches Kind soll, kann und ist bereit, die Nachfolge anzutreten?
- Kommt ein außerfamiliärer Nachfolger infrage?
- Wie soll es mit dem Betrieb weitergehen – im Haupt- oder im Nebenerwerb oder läuft der Betrieb aus?
Erbrecht: Für die Übergabe ist es wichtig zu wissen, dass die meisten Betriebe in NRW, Niedersachsen, Bremen, Hamburg, Schleswig-Holstein erbrechtlich der Höfeordnung unterliegen. Ein entsprechender Vermerk steht im Grundbuch.
Wird der Hof im Sinne der Höfeordnung übergeben, handelt es sich um eine vorweggenommene Erbfolge. Das bedeutet: Der Eigentümer überträgt seinen Betrieb vollständig an den Nachfolger. Dafür verpflichtet sich dieser zu bestimmten Leistungen, beispielsweise muss er Altenteilsleistungen übernehmen und Pflichtteilsansprüche der weichenden Erben erfüllen. Dies führt oft zu Streit in der Familie. Manche Konflikte sind so festgefahren, dass, wenn überhaupt, nur noch ein Dritter zum Beispiel ein Mediator, Coach oder die ländliche Familienberatung helfen kann.
Vertrag: Übernehmer, Überlasser und weichende Erben sollten einen fairen Hofübergabevertrag schließen. Dieser ist notariell zu beurkunden. Um Vertrag und Hofübergabe so zu planen und zu regeln, dass alle Beteiligten mit der zukünftigen Situation zufrieden sein können, hilft es, rechtzeitig wichtige Fragen zu klären:
Betrieblich:
- Ist der Übernehmer schon in das betriebliche Geschehen eingebunden?
- Ist er noch in der Ausbildung oder studiert?
- Plant der Übernehmer einen schrittweisen Einstieg in den Betrieb?
- Können sich Übergeber und Nachfolger für die erste Zeit eine Zusammenarbeit vorstellen?
- Welche Form der Übergabe kommt infrage? Zum Beispiel GbR, Verpachtung oder Übergabe unter Nießbrauchsvorbehalt?
- Alle angedachten Lösungen sind auf ihre steuerlichen Folgen zu prüfen.
- Kann der Übernehmer den Betrieb weiterentwickeln?
- Welche Zukunftspläne hat er?
- Wie hat sich der Betrieb entwickelt, wie steht er wirtschaftlich da?
Altenteiler
- Wie hoch sind Altenteilsleistungen und Barrenten?
- Was passiert bei einer Pflegebedürftigkeit?
Weichende Erben
- Sind Abfindungen für die weichenden Erben über den Pflichtteil hinaus tragbar?
- Verfügt der Hof über hoffreies Vermögen wie PV- oder Windkraftanlagen?
- Haben weichende Erben im Vorfeld Sachwerte (Auto) von den Eltern erhalten, die es bei der Übergabe zu berücksichtigen gilt?
- Gibt es Besonderheiten wie Nachabfindung oder die Erhöhung des Höfewertes durch landwirtschaftliche Nebenbetriebe?
- Welche Folgen haben Erb-, Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsverzicht?
Nach der Übergabe
- Welche Auswirkungen hat die Veräußerung von Betriebsvermögen?
- Wie wollen Eltern und Kinder nach der Hofübergabe wohnen?
- Was ist nach der Übertragung zu tun? (zum Beispiel Eigentumsrechte anzeigen, Versicherungen und Fahrzeuge ummelden, Geschäftspartner informieren).
Hilfe: Es gibt keine Patentrezepte für eine reibungslose Hofübergabe. Aber es gibt Hilfe und Unterstützung.
- Die Kreisstellen des Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverbandes sowie der Landwirtschaftskammer NRW,
- Ratgeber: Hofübergabe gestalten, Abfindung regeln – von „top agrar“. Landwirtschaftsverlag, ISBN 978-37843-5574-0, 144 Seiten, 29,90 € bzw. 24,90 € für Abonnenten der „top agrar“. Hier geht es zur Bestellung im LV-Buchshop.
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