Häusliche Gewalt: Wer schlägt, der geht

Gewalt gegen Frauen ist noch immer ein Tabuthema. Doch für die Opfer ist es Alltag. Die Landfrauen in Bochum informierten sich in einem Vortrag über die Situation in Deutschland. Dr. Silvia Berke aus dem Bundesfamilienministerium berichtete aus aktuellen Studien.

Häusliche Gewalt ist die am weitesten verbreitete Form von Gewalt. Die Landfrauen in Bochum informierten sich in einem Vortrag über die Situation in Deutschland. Dr. Silvia Berke aus dem Bundesfamilienministerium berichtete aus aktuellen Studien.

In Zahlen dokumentiert heißt das: Jede vierte Frau zwischen 16 und 85 Jahren hat mindestens einmal in ihrem Leben Gewalt durch den Partner erfahren. Nach einer vom Europarat zitierten Statistik ist häusliche Gewalt weit vor Krebs und Unfalltod die Haupttodesursache oder Grund für gesundheitliche Schäden für Frauen. In Deutschland stirbt statistisch gesehen jeden Tag eine Frau an den Folgen von Gewalt. In 90 bis 95 % der Fälle von häuslicher Gewalt sind Frauen Opfer und Männer Täter. Besonders gefährdet, Opfer von Gewalt durch den Partner oder den „Ex“ zu werden, sind Frauen, die sich trennen oder scheiden lassen wollen. Häusliche Gewalt ist eine größere Gefahr für Frauen als schwere Delikte wie Körperverletzung mit Waffen, Wohnungseinbruch oder Raubüberfälle.

Dies zeigt die 2004 veröffentlichte repräsentative Studie "Lebenssituation, Sicherheit und Gesundheit von Frauen in Deutschland". Ähnliche Ergebnisse liefert auch eine europaweit durchgeführte Studie.

Schubsen, verprügeln, demütigen

Die physische Gewalt hat viele Gesichter. Die Übergriffe reichen von wegschubsen oder wegschleudern, über Ohrfeigen, schlagen bis hinzu Verprügeln mit Gegenständen und Einsatz von Stich- und Schusswaffen. Gewalt kann auch sexueller, sozialer und finanzieller Natur sein – etwa durch soziale Kontrolle oder Verbot einer Erwerbstätigkeit durch den Partner.

Täter und Opfer in allen Schichten

Häusliche Gewalt beschränkt sich keineswegs auf soziale Brennpunkte. Häufig erfahren Frauen aus mittleren und oberen Bildungsschichten Gewalt.

Allen Opfern gemein ist, dass kaum jemand sich traut, darüber zu sprechen und Hilfe zu holen. Selbst wenn die Adressen bekannt sind, nutzen nur 5 von 100 Frauen die Angebote. Der Großteil der Opfer zieht sich zurück (siehe Kasten).

Das Schweigen der Opfer

Die betroffenen Frauen schämen sich für das, was ihnen angetan wurde. Aus Angst vor dem Partner, der Sorge um die Kinder und aus Angst vor dem Gerede ertragen sie ihr Leid. Medikamentenabhängigkeit, Alkoholmissbrauch, Depressionen und der Suizid sind weitere Folgen.

Gewalt muss bestraft werden

Gewalt in der Partnerschaft geht jeden was an - auch der Staat muss Verantwortung übernehmen und dafür sorgen, dass Gewalt nicht toleriert, sondern bestraft wird. Ein wichtiger Meilenstein ist das Gewaltschutzgesetz von 2002. Darin ist geregelt, dass Opfer von häuslicher Gewalt schneller und einfacher zu ihrem Recht kommen und die Polizei stärker eingreifen kann.

  • Die Polizei kann den Täter der Wohnung verweisen
  • und ihm die Wohnungsschlüssel abnehmen.
  • Die Beamten können dem Täter für zehn Tage die Rückkehr verbieten.
  • Die Polizei kontrolliert, ob der Täter die Weisung befolgt.
  • Ein Verstoß kann verfolgt werden.

Während und nach dem Polizeieinsatz

Binnen der zehn Tage kann sich Opfer mit den Kindern in ein Frauenhaus oder zu Freunden gehen oder aber in der Wohnung bleiben und sich über seine Rechte informieren. Das Familiengericht ist zuständig für Schutzanordnungen und den Antrag auf Wohnungsüberlassung.

Kostenlos und anonym ist das bundesweite Hilfetelefon unter der Rufnummer 08000 116 016. Die Berater sind an 365 Tagen rund um die Uhr erreichbar.

In akuten Fällen sollte die Polizei über den Notruf 110 alarmiert werden. rk