Frauen auf den Höfen leisten viel und sind in zahlreichen Rollen unterwegs. „Ohne uns läuft nichts!“ - lautete dementsprechend das Thema des diesjährigen Bäuerinnenforums. Insgesamt 210 Frauen nahmen daran am Dienstag vergangener Woche teil – 150 in Präsenz auf Haus Düsse, weitere 60 digital von zu Hause am PC.Eine wichtige Frage an diesem Tag lautete: „Ist das Beste für den Betrieb auch das Beste für mich?“ Anne Dirksen, sozioökonomische Beraterin der Landwirtschaftskammer Niedersachsen, gab dazu einige Denkanstöße:
- Frauen auf den Höfen haben viele verschiedene Hüte auf, die ihre unterschiedlichen Aufgaben repräsentieren. „Welche dieser Hüte wurden Ihnen aufgesetzt? Welche haben Sie sich selbst genommen?“, fragte die Referentin. „Es kommen immer wieder neue Hüte geflogen. Schauen Sie genau, welcher Ihnen gut passt.“
- Wie viele Minuten am Tag führen Sie mit Ihrem Partner echte Gespräche, die nichts mit der Landwirtschaft zu tun haben? In der Schweiz gibt es dazu eine Erhebung. Demnach sind es bei Ehepaaren in der Landwirtschaft 2,5 Minuten pro Tag. Für Anne Dirksen ist das mehr als bedenklich. „Gespräche können dazu beitragen, Konfliktpotenzial zu reduzieren“, betonte sie.
- „Es ist Ihre unternehmerische Verantwortung als Bäuerin, Ihre vertragliche Absicherung nicht als Gott gegeben hinzunehmen. Schauen Sie nach: Was steht im Hofübergabevertrag? Was steht in irgendwelchen GbR-Verträgen über Ihre Rolle?“, gab sie einen Tipp. „Ziehen Sie gegebenenfalls für sich Konsequenzen daraus.“ Sie selbst hat das bei der Heirat auf den Hof auch getan. Und ist einer der Gründe, warum sie außerhalb des Betriebs berufstätig ist.“
Mit der Übergabe vom Hof gezogen
So manche Frau, die mit ihrer Schwiegermutter nicht zurecht kommt, nimmt sich fest vor: „Wenn ich später in dieser Position bin, werde ich alles besser machen.“ Kammerberaterin Anne Dirksen ist schon früh für sich zu dem Schluss gekommen: Das ist reine Illusion.
„Mein Mann und ich haben daher beschlossen, vom Hof zu ziehen, sobald wir ihn an die nächste Generation übergeben. Und damit wir das auch tatsächlich machen, haben wir es vorher allen erzählt.“ Bereits vor einigen Jahren kaufte das Ehepaar sich ein Haus in 2 km Entfernung von der damaligen Hofstelle. „Wir müssen schließlich nicht sehen können, wann der Tierarzt und wann der Kadaver-Wagen kommt und wer zu Besuch ist.“
Da die Hofstelle im vergangenen Jahr auch noch umgesiedelt wurde, sind es vom neuen Wohnhaus aus für ihren Mann nun 10 km bis zum Betrieb. Anne Dirksen ist überzeugt, dass es die richtige Entscheidung war. Denn: „Aus der Ferne liebt es sich leichter“, bringt sie es für sich auf den Punkt.
„Ich darf nicht unabkömmlich sein“
Zu sehen, wie ihre Eltern sich ehrenamtlich engagieren – das hat Reinhild Pröbsting vom Kreisvorstand der Landfrauen Coesfeld als Kind geprägt. Damals fiel ihr eine Sache jedoch auf: „Während mein Vater jederzeit vom Hof gehen konnte, war das für meine Mutter nicht immer ganz so einfach.“
Ihr war schon damals klar: Auch sie möchte sich als Erwachsene engagieren. Aber anders als bei ihrer Mutter sollte es selbstverständlich sein, dass sie unterwegs sein kann und zu Hause trotzdem alles weiterläuft.
Über diese Erwartungshaltung hat sie mit ihrem Mann immer offen gesprochen – beispielsweise als es um die Frage ging, ob das Paar noch ein drittes Kind bekommen möchte. Reinhild Pröbsting war wichtig, dass das nicht bedeuten würde, dass sie in den kommenden Jahren zu Hause auf dem Schweinemastbetrieb der Familie unabkömmlich sein würde.
Heute sind die Kinder 13, 11 und 8 Jahre alt. Und wenn die Landfrau ab und an auf einem Tagesseminar oder gar einer mehrtägigen Fortbildung ist, kümmert ihr Mann sich darum, dass die Kinder das Frühstück mit in die Schule nehmen und nachmittags von A nach B kommen.
Von anderen Frauen bekommt Reinhild Pröbsting oft zu hören: „Du hast so ein Glück, dass du so einen tollen Mann hast.“ Sie persönlich stören solche Kommentare. „Denn das bedeutet ja, dass die ganze Care-Arbeit eigentlich meine Aufgabe wäre und ich nur Glück habe, dass mein Mann diese Aufgaben auch übernimmt. Und das sehe ich anders.“
„Dadurch hatte ich Zeit für andere Hobbys“
Dr. Dorothee Schulze Schwering ist seit September als Innovationsmanagerin bei der Landwirtschaftskammer tätig. Sie unterstützt unter anderem Betriebe, die über ein neues Standbein nachdenken. „Angesagt ist zurzeit das Thema Insektenhaltung“, nennt sie ein Beispiel. Ihre Hilfe besteht unter anderem darin, Kontakte zu Experten herzustellen, um am Ende fundierte Entscheidungen treffen zu können.
Ein wichtiges Instrument im Bereich Innovationen ist aus ihrer Sicht der Perspektivwechsel. Das kann bedeuten, ein Hindernis nicht negativ als Problem, sondern positiv als spannende Herausforderung zu betrachten.
Vor einigen Jahren hat Dorothee Schulze Schwering dieser Perspektivwechsel auch persönlich weitergeholfen. Damals erlitt sie einen schweren Reitunfall, auf den mehrere Operationen folgten.
„Reiten war mein Leben. Vor dem Unfall habe ich gefühlt nichts anderes gemacht als zu studieren und zu reiten.“ Statt darüber zu trauern, dass sie nicht mehr reiten konnte, war sie dankbar dafür, dadurch Zeit für andere Hobbys zu haben, beispielsweise schwimmen zu gehen oder ihren Hund auszubilden. Bei dem Unfall hat sie auch eine schwere Fußverletzung sowie Kopfverletzungen erlitten. „Mein Fuß ist nicht mehr ganz intakt, aber dafür ist mein Kopf es wieder. Ich bin dankbar. Denn es hätte viel schlimmer kommen können.“
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