Ergebnisse der Studie "Frauen.Leben.Landwirtschaft"

Was Frauen auf den Höfen leisten, schlägt sich bisher in keiner Agrar-Statistik ausreichend nieder.Eine bundesweite Studie liefert nun neue Einblicke in ihre Arbeits- und Lebenssituation.

Merle Gröhn ist staatlich geprüfte Agrarbetriebswirtin und als Hofnachfolgerin auf dem 100 ha großen Milchviehbetrieb der Familie in Schleswig-Holstein angestellt. Dörte Lühmann leitet einen 350 ha großen Ackerbaubetrieb in einer Maschinengemeinschaft in Sachsen-­Anhalt. Marianne Albersmeier ­bewirtschaftet mit ihrem Mann ­einen Hof mit Ackerbau, Schweinemast und Photovoltaik im Kreis Soest. Sie sind drei der Teilnehmerinnen der bundesweiten Studie „Frauen.Leben.Landwirtschaft“, deren Ergebnisse in der vergangenen Woche in Berlin vorgestellt wurden.

(Bildquelle: Grafik Cirkel)

(Bildquelle: Grafik Cirkel)

Anders als früher?

Das Besondere daran: Zum ersten Mal seit der Wiedervereinigung haben Wissenschaftlerinnen bundesweit Daten zur Arbeits- und Lebenssituation der Frauen erhoben. Zuvor hatte es 1988 eine Befragung von Bäuerinnen in Westdeutschland gegeben. Das hat sich in dieser Zeit geändert:

Haupterwerb: Vor etwa 30 Jahren stammten 83 % der Befragten von Haupterwerbsbetrieben. Heute sind es nur noch etwa 50 %.

Qualifizierung: Laut der aktuellen Studie hat etwa ein Fünftel der befragten Frauen einen Hochschul- oder Universitätsabschluss erlangt. Damals waren es unter 1 %.

Außerbetrieblich erwerbstätig: Während heute 40 % der befragten Frauen einer außerbetrieblichen Erwerbstätigkeit nachgehen, waren es vor gut 30 Jahren 5 %.

Urlaub: Derzeit nehmen die Frauen im Schnitt 22 Tage Urlaub im Jahr. 16 % gaben dabei an, nie Urlaub zu machen, 38 % machen Urlaub, aber nicht jährlich, 46 % machen jährlich Urlaub. 1988 nahmen die Frauen im Schnitt 7,5 Tage Urlaub pro Jahr. Angestellte und Auszubildende sind bei diesen Angaben nicht berücksichtigt.

Haushalt: 98 % der Frauen waren 1988 für den Haushalt verantwortlich. Heute sind es 83 %.

So wurde geforscht

Die Studie „Frauen.Leben.Landwirtschaft“ führten Wissenschaftlerinnen des Thünen-Instituts für Betriebswirtschaft und des Lehrstuhls für Soziologie ländlicher Räume der Georg-August-Universität Göttingen im Zeitraum von 2019 bis 2022 im Auftrag des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft durch. Es fanden unter anderem 28 regionale Auftaktworkshops mit insgesamt 128 Teilnehmerinnen sowie etwa 80 narrative Einzelinterviews mit Frauen aus ganz Deutschland statt. An der Online-Befragung nahmen 7345 Frauen teil – von der Auszubildenden bis zur Altenteilerin. Kooperationspartner der Studie ist der Deutsche Landfrauenverband (dlv). Der Abschlussbericht zur Studie wird im Herbst erscheinen.

www.landfrauen.info

Aufgeschnappt

„Mit zwei Kindern, Haus, Eltern, Großeltern und noch zwei Großeltern werde ich nie die gleiche Leistung bringen wie meine männlichen Kollegen. Somit werde ich als Frau immer im Nachteil sein.“ Betriebsleiterin, 33 Jahre

„Ich wundere mich, dass der Studie zufolge nur 21 % der Frauen von Burn out gefährdet sein sollen. Ich glaube, dass die Frauen, die über die Gefährdung hinaus sind, erst gar nicht an der Studie teilgenommen haben.“ Anne Dirksen, LWK Niedersachsen

Traditionelle Rollenbilder

„Dass die Lebenszufriedenheit der Frauen auf einer Skala von 1 bis 10 bei 7,92 liegt, finde ich aufgrund der doch schwierigen Arbeitsbedingungen und der unsicheren Zukunftsperspektiven sehr überraschend.“ „Ich war erstaunt, dass die traditionellen Rollenbilder noch so stark präsent sind.“ Petra Bentkämper, Präsidentin des dlv

„Als junge Frau habe ich früher gedacht, das ist alles überholt: die Frauen, die kochen, die den Haushalt machen und so. Aber jetzt stecke ich da so drin und manchmal denke ich: ,Wie weit ist es eigentlich gekommen? Und komme ich da noch raus?‘“ Teilnehmerin der Studie

Kuh oder Kind?

„Das Thema ,Kuh oder Kind?‘ zu beleuchten, finde ich wichtig. Auch ich stelle mir die Frage ,Kind oder Ucker-Ei?‘ Denn ich habe niemanden, der den Betrieb für ein paar Monate leiten könnte.“ Hanka Mittelstädt, Geschäftsführerin Ucker-Ei GmbH

„Mädchen für alles, das kennen wir alle. Man plant den Tag. Und irgendwann kommt jemand um die Ecke und sagt ,Du, da ist was kaputt. Kannst du eben zum Landhändler fahren?‘ Da sind wir zu wenig fordernd zu sagen , Jetzt habe ich nicht die Zeit.‘“ Juliane Vees, Vizepräsidentin des dlv

„Viele Frauen haben bereut, dass sie als Steuersparmodell des Betriebs in Form eines Minijobs hergehalten und damit am Ende auf Rentenversicherungsansprüche verzichtet haben.“ Imke Edebohls, Betriebswirtschaftliche Beraterin

Lesen Sie mehr:

Frauen haben eine wichtige Rolle auf landwirtschaftlichen Betrieben. Was genau sie leisten bleibt aber oftmals unsichtbar und ungewürdigt. Eine bundesweite Studie soll nun Licht ins Dunkel bringen.

Mehr Mitglieder in Weser-Ems

„Landfrauen sind der neue Hype“

von Andrea Hertleif

Andere Verbände klagen über sinkende Mitgliederzahlen. Neuen Zuspruch erlebt dagegen der Niedersächsische Landfrauenverband Weser-Ems. Im vergangenen Jahr ist die Zahl seiner Mitglieder um 513...

DLG-Wintertagung Münster

Mehr Frauen in landwirtschaftliche Gremien

von Rebecca Kopf

Mehr Frauen in die erste Reihe: in Zeiten des Wandels wichtiger denn je! Hinter dem Motto des DLG-Forums steht kein Fragezeichen, sondern ein Ausrufezeichen. Klare Zeichen für mehr Frauen in...