Eine Felsenkette, viele Fragen

Zur Sommersonnenwende sind die Externsteine im Teutoburger Wald das Ziel vieler, die die markante Felsformation als „Kraftort“ feiern. Sachlicher sieht das die Wissenschaft, wie eine Tagung in Detmold gezeigt hat.

Die Tagung zu den Externsteinen wurde vom Lippischen Landesmuseum, der Historischen Kommission für Westfalen und der Schutzgemeinschaft Externsteine organisiert. Die zentralen Ergebnisse lassen sich so zusammenfassen:

Die Externsteine
Die Kette zerklüfteter, bis zu 40 Meter hoch aufragender Sandsteinfelsen in der Nähe von Bad Meinberg zieht jährlich eine halbe Million Besucher an. Die Anziehungskraft beruht auf der imposanten Erscheinung der Felsen in einer offenen, parkähnlichen Landschaft, aber auch auf den von Menschenhand geschaffenen Anlagen, für die es in Mitteleuropa kaum Vergleiche gibt. Zu ihnen zählt vor allem
das monumentale Relief der Kreuzabnahme Christi, aber auch
die Grottenanlage, die Grabnische unterhalb der Felsen und
die Höhenkammer mit der Altarnische, die man über eine Felsentreppe und eine Brücke in 28 m Höhe erreicht.

Das museale Infozentrum zu Natur und Kultur der Externsteine ist bis zum 31. Oktober täglich von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Weitere Informationen unter Tel. (052 34) 202 97 96
www.externsteine-info.de


  • Uta Halle, Bremer Landesarchäologin mit lippischen Wurzeln, widmete sich den bisherigen archäologischen Untersuchungen. Die aufwendigste Grabung hat demnach 1934/35 stattgefunden. Damals konnte eine bis ins Mittelalter zurückreichende Siedlungstätigkeit an den Felsen nachgewiesen werden, doch aus ur- und frühgeschichtlichen Zeiten fehlte jede Spur.
  • Der Kunsthistoriker Roland Pieper aus Münster deutete das Relief der Kreuzabnahme Christi, das in einen der Externstein-Felsen gehauen ist, als Teil einer Inszenierung. Sie sollen die mittelalterlichen Gläubigen das Geschehen von Karfreitag bis Ostersonntag, von der Kreuzigung bis zur Auferstehung Christi, vor Augen führen und ist frühestens um 1200 entstanden.
  • In der Grotte hinter dem Relief befindet sich eine unvollendete, zum Teil nur schwer lesbare Inschrift. Sie besagt, dass der Paderborner Bischof Heinrich an dieser Stelle 1115 einen Altar geweiht hat. Manche halten diese Inschrift für eine Fälschung. Doch das ist sie offenbar nicht, wie Helga Giersiepen, Inschriften-Expertin an der Universität Bonn, aus dem Vergleich mit anderen Inschriften jener Zeit geschlossen hat.
  • Burkard Steinrücken, Leiter der Volkssternwarte Recklinghausen, untersucht seit Jahren Anlagen aus ur- und frühgeschichtlicher Zeit, die der Himmelsbeobachtung gedient haben (sollen). Seit den 1920-er Jahren zählen Laienforscher dazu auch die Externsteine: Das Rundloch in der Altarnische der Höhenkammer, so heißt es, sei auf den Sonnenaufgang zur Sommersonnenwende hin orientiert. Steinrücken bestätigte das, formulierte aber zwei Vorbehalte:
    1. Die hervorragende Qualität der Peilung sei noch kein Beweis, dass sie auch beabsichtigt war.
    2. Aus der Peilung ergebe sich keine Datierung. Sie sei in germanischer Zeit vor 2000 Jahren ebenso möglich gewesen wie im Hochmittelalter vor 800 Jahren. Anders gesagt: Dass das Rundloch und andere Anlagen an den Externsteinen für astronomische Peilungen genutzt werden konnten, ist noch kein Beweis für eine vorchristliche Entstehung der Anlagen.

Das braune Erbe

Die esoterischen Theorien von einer vorchristlichen Kultstätte an den Externsteinen sind untrennbar verbunden mit dem Gedankengut der völkischen Bewegung des frühen 20. Jahrhunderts, wie die Historiker Uwe Puschner, Julia Schöning, Ingo Wiwjorra und Stefanie Haupt zeigten. Die den Nationalsozialisten nahestehenden „Völkischen” waren überzeugt, dass es eine „arteigene” Kultur und Religion der Deutschen gäbe, die von fremden Einflüssen gereinigt werden müsse. Zu all den abstrusen Thesen gilt letztlich noch immer das Wort Erich Kittels. Der langjährige Leiter des Detmolder Staatsarchivs hatte bereits vor mehr als 50 Jahren notiert:

„Es ist heute schwer verständlich, wie dieser wirklich mit Händen zu greifende Unsinn, der mit historischer Forschung nicht das mindeste mehr zu tun hat, Glauben finden konnte.“ Roland Linde/Str.

Unser Autor Roland Linde, aufgewachsen in Horn (Kreis Lippe), ist Historiker und Mitglied im Vorstand der „Schutzgemeinschaft Externsteine“.