Im Heimatverein Altenberge ist es im Grunde wie in vielen Landhaushalten: Gebaut wird immer. Ist das eine Projekt abgearbeitet, steht das nächste schon wieder in den Startlöchern. In den vergangenen Jahren hat der Verein aus dem Kreis Steinfurt eine gar nicht so kleine und sehr feine Hofanlage errichtet. Der bisher letzte Baustein ist eine Remise mit einem auskragenden Satteldach. Schirmschoppe heißt solch ein Bau andernorts, in Altenberge sagt man „Kappscheune“.
„Wir brauchten Platz für Tische, Stühle und Sonnenschirme“, erklärt Werner Witte, der zweite Vorsitzende des Vereins. Im Sommer wird die Hoffläche zum beliebten Treffpunkt. Keller haben die umstehenden Gebäude nicht – also musste Lagerfläche her.
Eiche wächst durchs Dach
Der 9 x 6 m große Bau, an den Seiten 2,20 und bis zum First 4,50 m hoch, war schnell geplant. Der anvisierte Standort hatte aber seine Tücken: Denn dort streckt sich eine schlanke Eiche Richtung Himmel. Nicht irgendeine Eiche, wie der Heimatverein feststellen musste. 1998, im Jubiläumsjahr „350 Jahre Westfälischer Friede“, hatte die Gemeinde vier Friedensbäume gepflanzt, allesamt Ableger der uralten Femeiche von Erle im Kreis Borken. Eine Lösung des Konflikts zwischen Bau und Baum war zügig gefunden: Der Schirm der Schoppe wurde um den Baum gebaut. Regenrinne und Drainage versorgen die Eiche mit Wasser. Der Vorsitzende des Heimatvereins, Franz Müllenbeck, muss über das Kuriosum bis heute schmunzeln. Um pfiffige Lösungen ist der Verein nie verlegen.
Müllenbeck selbst ist ein Profi beim Anzapfen von Fördertöpfen. Wo sich Chancen auftun, das hat er stets im Blick. Die Finanzierung der Remise zum Beispiel sicherte ein kräftiger Zuschuss vom NRW-Heimatministerium, insgesamt 40 000 € kamen aus Düsseldorf. Die Vereinsmitglieder stellten ihre Arbeitskraft.
Buddeln und pflastern
Lediglich das Fachwerkgerüst baute eine Zimmerei aus dem Ort – zum Teil mit Resthölzern aus anderen Projekten des Heimatvereins. Auch das Aufstellen erledigten die Profis. Den Rest übernahmen die Ehrenamtlichen. Sie buddelten den Graben für das Ringfundament und setzten den Sandsteinsockel auf, mauerten die Gefache aus und pflasterten den Boden. Dort sind für die Stützpfosten Punktfundamente eingelassen. Das Dach ist von unten mit Eichenbrettern verkleidet. Das sorgt für eine gepflegte Optik. Gedeckt ist das Dach mit modernen, roten Pfannen.
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Nebenan auf dem Speicher verwendete der Verein historische Hohlziegel mit Strohdocken. Bei der Remise wählten die Ehrenamtliweniger Aufwand und eine längere Haltbarkeit. „Außerdem wären die Kosten etwa doppelt so hoch gewesen“, erklärt Franz Müllenbeck. Ein halbes Jahr dauerten die Arbeiten. Zum Schluss wurden drei Holztore eingesetzt. In der Dunkelheit lässt sich die Remise stimmungsvoll beleuchten.
In ähnlicher Manier sind in den vergangenen Jahren eine ganze Reihe von Bauten auf dem Areal am Rande des alten Friedhofs von Altenberge entstanden. Keimzelle ist ein Ackerbürgerhaus, das schon seit 140 Jahren an der Friedhofstraße unweit der Pfarrkirche steht.
Besuch im „Kittken“
In dem Gebäude ist heute das Heimathaus „Kittken“ untergebracht. Den Namen verdankt es einem kleinen Anbau, den die Polizei einst als „Arrestlokal“ nutzte. 2003 kam ein Speicher dazu, 2006 das Backhaus und 2015 „Stenings Scheune“, an die ein gepflegter Bauerngarten grenzt. Wenn kein Corona ist, finden auf dem Gelände jährlich etwa 300 Veranstaltungen statt, vom Spielenachmittag bis zur Trauung im Speicher.
Übrigens: Das nächste Projekt hat der Heimatverein Altenberge natürlich schon im Blick. Hinter der Remise soll eine alte Holzschuhmacherwerkstatt auferstehen. Den 70 Jahre alten Maschinenpark hat der Verein schon eingelagert und das Gebäude ist – zumindest im Kopf – bereits durchgeplant.