Josef Kückmann aus Münster

Als Entwicklungshelfer in Indien

Josef Kückmann hat zunächst Landwirt gelernt, um den Wunsch seines Vaters zu erfüllen. Doch seine Aufgabe lag in der Entwicklungshilfe, da war er sicher. Daher ließ er 1967 den Hof hinter sich und ging nach Indien.

Ein Brunnen, eine Straße und am wichtigsten: die Zusammenarbeit aller Bewohner – wie diese drei Faktoren ein abgelegenes Dorf verändern, hat Josef Kückmann selbst mehrfach erlebt. Als landwirtschaftlich-technischer Berater ging er im Alter von 30 Jahren von Nordwalde im Kreis Steinfurt nach Nashik, eine indische Millionenstadt nordöstlich von Mumbai, damals Bombay. Das Entwicklungsprojekt, in dem er arbeitete, sollte vor allem den Adivasi, den Ureinwohnern Indiens, zugute kommen. Denn fehlt es in den abgelegenen Dörfern an Zukunftsperspektiven, wandern die jungen Inder in die Städte ab, wo sich riesige Slums bilden.

Ein Versprechen halten

„Mit neun Jahren fasste ich den Entschluss, in die Mission zu gehen. Doch mein Vater erkrankte“, erzählt der 81-Jährige heute. „Mein Bruder und ich versprachen ihm, die beiden Höfe in Roxel und Nordwalde zu bewirtschaften und uns um Mutter und die fünf jüngeren Geschwister zu kümmern.“ Josef Kückmann war 15 Jahre alt, als sein Vater starb, sein Bruder 17. Er löste sein Versprechen ein, lernte Landwirtschaft und übernahm mit 20 Jahren den Hof in Nordwalde. Er steckte seine Energie in den nötigen Umbau und machte den Hof zukunftsfähig. Doch der Gedanke an die Entwicklungshilfe ließ ihn dabei nie los. Als sein jüngerer Bruder bereit war, den Hof zu übernehmen, ging Josef Kückmann an die Akademie Klausenhof am Niederrhein, damals eine zentral Bildungsstätte der katholischen Landjugendbewegung. Dort bildete sich der Landwirt für die Entwicklungshilfe aus. „Ich hatte damals Lateinamerika auf dem Plan, vielleicht Afrika. Doch nach gut einem halben Jahr kam eine Anfrage aus Indien. Da dachte ich mir: Woanders weißt du auch nicht, was auf dich zukommt.“

Projekt in Kinderschuhen

Und so verließ Josef Kückmann 1967 – letztlich doch schweren Herzens – den Hof und flog rund 6500 km Richtung Nashik.

Gemeinsam mit einem deutschen Kollegen vom Klausenhof wurde Josef Kückmann von einem Jesuitenpater in Empfang genommen. Die Erwartungen an die beiden jungen Landwirte war groß. Das Projekt, von Jesuiten und Christen gegründet, um die ländliche Entwicklung in der Region zu fördern, steckte noch in den Kinderschuhen. Josef Kückmann war für den Aufbau der benötigten Gebäude zuständig. Er legte Versuchsfelder an und baute die ersten Gemeinschaftsbrunnen in Adivasi-Dörfern. Als gelernter Landwirt bekam Josef Kückmann schnell die Verantwortung für die Technik übertragen. Doch mindestens so wichtig war die Überzeugungsarbeit. Der junge Berater lernte die indische Sprache Marathi und verbrachte viele Abende mit Dorfbewohnern.

Für das Gelingen eines Projektes ist eins entscheidend, so der Entwicklungshelfer: „Alle Dorfbewohner müssen an einem Strang ziehen. Entweder sind alle eingebunden oder keiner – egal, welcher Kaste er angehört.“

Zwei Gleichgesinnte

Neun Jahre verbrachte Josef Kückmann in Indien. Telefoniert hat er nach Deutschland in all den Jahren nur ein einziges Mal: Und zwar, um seiner Mutter von seiner Verlobung zu erzählen. Seine Frau Doris, mit der er heute 45 Jahre verheiratet ist, leitete damals ein Lepra-Krankenhaus. 1973 die Hochzeit an. Mitten in einer Dürre. Doch die war lediglich ein Vorbote.

„In Indien habe ich zwei Katastrophen miterlebt: Eine Flutkatastrophe und die große Dürre 1976.“ Josef Kückmann erinnert sich noch gut. „Eine Flut ist schlimm. Das Wasser reißt ganze Häuserzeilen nieder. Doch jeder weiß: Wenn das Wasser weg ist, kann der Aufbau beginnen. Eine Dürre dagegen ist grausamer, ein ewiges Ausharren. Das Elend wird von Tag zu Tag größer.“

Wieder daheim

Das Projekt lief erfolgreich – und tut es noch heute. Auch das bestärkte Josef Kückmann und seine Frau Doris darin, Indien 1976 schließlich zu verlassen. „Man sollte gehen, wenn es gut läuft und den Platz für Nachfolger frei machen“, so der Berater. Doch den Ausschlag gab ihr kleiner Sohn, der sehr unter der tro­pischen Hitze litt.

Inzwischen, Jahre später, engagiert sich Josef Kückmann noch immer ehrenamtlich in der Entwicklungshilfe – in der Pfarrei St. Gottfried und bei der Eine-Welt-Arbeit der Stadt Münster.

Gregorius-Orden für Josef Kückmann

Für seine Verdienste im Ökumenischen Zusammenschluss christlicher Eine-Welt-Gruppen in Münster überreichte Weihbischof Dr. Stefan Zekorn vor einigen Wochen Josef Kückmann den Gregorius­orden – ausgerechnet an dessen 45. Hochzeitstag. Der 81-jährige gelernte Landwirt nahm die Auszeichnung stellvertretend für alle an, die sich aktiv für eine gerech­tere Welt einsetzen. Der Gregoriusorden, benannt nach Papst Gregor dem Großen, ist einer von fünf päpstlichen Ritterorden, die für Verdienste in Gesellschaft und Kirche verliehen werden – in diesem Fall von Papst Franziskus.


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