Angebote für Frühaufsteher

Dorfladen mit durchdachtem Konzept

Häger war lange ohne Laden. Seit drei Jahren klingelt in dem Ort im Kreis Gütersloh wieder die Kasse. Beim Wochenblatt-Picknick erklärten die Macher, warum wahre Helden früh aufstehen.

Die Idee war schon fast gestorben, als sich im August 2015 eine Handvoll Ehrenamtliche zusammenfand. Verschiedene Köpfe hatten über der Idee eines Dorfladens gebrütet und eine Machbarkeitsstudie endete mit einem negativen Fazit. Trotzdem können die 1200 Einwohner von Häger, einem Ortsteil von Werther im Kreis Gütersloh, heute wieder vor der Haustür einkaufen.

Das neue Team entwickelte ein ganz auf Häger zugeschnittenes Dorfladen-Konzept und gründete im Februar 2016 schließlich einen Verein. Seit gut drei Jahren ist der Laden täglich geöffnet. Das Wochenblatt fand Idee und Macher sehr überzeugend und kam samt Picknick, um sich den Laden aus der Nähe anzuschauen.

Eine starke Marke

Ein mit schwarzem Stift gezeichnetes Schwein prangt auf allem, was das Gesicht des Ladens prägt, vom Eingangsschild bis zur Flasche mit Likör. Wolfgang Lamek hat das Tier gezeichnet. Der Grafikdesigner hat gemeinsam mit seiner Frau vor 16 Jahren ein Haus in Häger gekauft. Im dreiköpfigen Vorstand, der von fünf Beratern unterstützt wird, kümmert sich der 64-Jährige um die Marke „Dorfladen“. Er schreibt alle zwei Wochen einen Nachrichtenbrief, gestaltet Verpackungen für eigene Produkte und kommuniziert unermüdlich in alle Richtungen. Den Dorfladen am Leben zu erhalten, erfordert dauerhaften Einsatz und das zu großen Teilen ehrenamtlich.

Der Laden ist in den ehemaligen Räumen einer Bäckerei untergebracht. Als die schloss, mussten alle zum Einkaufen nach Werther, gerade Älteren fiel das schwer. Nach einem Intermezzo als Motorradhandel stand das Geschäft drei Jahre leer. Der Vermieter engagiert sich heute selbst im Dorfladen-Team und unterstützt die Idee nach Kräften, im Rekordsommer 2018 zum Beispiel durch den Einbau einer Klimaanlage.

Der Brötchen-Stopp

Den Initiatoren des Ladens war schnell klar, dass die Kaufkraft aus Häger für den Laden nicht reichen würde. Sie setzen deshalb auf die vielen Autofahrer, die täglich durch den Ort rollen. Der Dorfladen lädt zum Stopp ein. Montags bis freitags gibt es schon ab 5.30 Uhr belegte Brötchen. Die Zutaten liefert ein Bäcker aus dem Nachbarort.

Über 15.000 Brote sind seit der Eröffnung vor drei Jahren verkauft worden. (Bildquelle: Farina Schildmann)

Das übrige Sortiment steuert zu großen Teilen der Edeka-Händler aus Werther bei. Die Preise sind identisch mit denen im knapp 5 km entfernten Supermarkt, für den Laden bleibt trotzdem ein kleiner Gewinn. Eier kommen von einem Hof aus dem Nachbarort, Kartoffeln und Honig direkt aus Häger.

Aktuell macht der Laden rund 300  000 € Umsatz im Jahr. Die größten Margen bringen die belegten Brötchen und eigene Produkte. Haselnuss-Likör und Kräuter-­Wa­cholder in stilvollen schwarzen Flaschen sind mittlerweile beliebte Geschenke.

Voller Einsatz ab 5 Uhr

Acht Minijobber decken das Gros der Öffnungszeiten ab. Zu Stoßzeiten brauchen sie aber Unterstützung. „Fünf-Uhr-Helden“ nennt Wolfgang Lamek die Ehrenamtlichen, die morgens die Brötchen schmieren. Sie wissen mittlerweile genau, wer immer um 5.30 Uhr ein Mettbrötchen holt und wer das Salamibrötchen gerne ohne Salatblatt nimmt. „Wir schaffen es, dass die Leute mit besserer Laune rausgehen als sie reingekommen sind“, sagt Alexander Fillers. Der 57-Jährige ist als Ingenieur für Elektrotechnik selbstständig. Donnerstags, an seinem Brötchentag, legt er sich keine Termine vor 9 Uhr. Andere Ehrenamtliche putzen den Laden, dekorieren die Schaufenster oder kümmern sich um die Buchhaltung.

Alexander Fillers und Sigrid Kownatzki schmieren einmal die Woche ab 5 Uhr Brötchen - ehrenamtlich. (Bildquelle: Farina Schildmann)

Der Trägerverein hat mittlerweile 160 Mitglieder, Ureinwohner wie Zugezogene. Mit ihrem Jahresbeitrag in Höhe von 25 € stemmen sie einen Großteil der Mietkosten. Zu den Plenarsitzungen zweimal im Jahr sind alle Interessierten eingeladen. Deutlich häufiger trifft sich der Vorstand. Die Sitzungen dauern schon mal bis kurz vor Mitternacht. Es geht um Dienstpläne und Lieferkonditionen, Steuern und die defekte Brotschneidemaschine.

Sponsoring für die Tüte

„Wir haben keinen Chef, sondern besprechen jede Kleinigkeit im Vorstand“, erklärt der erste Vorsitzende Uwe Gehring. Rund zehn Stunden investieren die aktivsten Ehrenamtlichen pro Woche. Unterstützung kommt auch von Sponsoren, die ganz praktisch helfen: Zum Beispiel finanziert eine ortsansässige Versicherung die Brötchentüten und die Möbelmanufaktur im Ort bezahlt die Druckkosten für eine Broschüre.

Längst ist der Laden mehr als ein Mittel zur Nahversorgung. Nicht nur mittwochs, wenn der Laden bis 19 Uhr geöffnet ist, kommen Gäste zum Kaffeeklatsch. Den angrenzenden Caféraum nutzen die Hägeraner auch für Veranstaltungen. Ein pensionierter Physiklehrer bastelt mit Kindern Papierflieger, ein anderer liest aus den Feldpostbriefen seines Vaters.

www.dorfladenhaeger.de

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