Auch in der Corona-Zeit gibt es viele Möglichkeiten, um dem eigenen Hof oder der eigenen Familie auf die historische Spur zu kommen. Hier ein paar Tipps, wo und wie Interessierte am besten suchen – und finden! – können.
1. Schritt: Die Suche auf dem Hof beginnen
Nicht in entlegenen Archiven oder Bibliotheken, nicht in tiefster Vergangenheit und auch nicht „irgendwo im Internet“ beginnt die Suche, sondern: in der Gegenwart der eigenen Familie, auf dem eigenen Hof. Viele Dokumente und Fotos aus unterschiedlichen Zeitepochen liegen hier in Schubladen, Fotoalben und Aktenschränken, manchmal auch in versteckten Truhenfächern oder im Zigarrenkasten.
Auf manchen Höfen haben sich auch Anschreibe- oder Rechnungsbücher erhalten. Sie können viele Namen, kurze Eintragungen oder vielleicht sogar längere Beobachtungen oder Erinnerungen eines Vorfahren enthalten. Auch Totenzettel, von Oma oder Ur-Opa gesammelt, können vom Leben und Tod der Vorfahren berichten, aber auch auf entfernte Verwandten und vergessene Seitenlinien der Familie weisen. Und schließlich: Auch Möbelstücke können aus der Geschichte des Hofes bzw. der Familie erzählen.
Wenn zu all den Hinterlassenschaften noch ältere Zeitzeugen auf dem Hof oder in der Nachbarschaft befragt werden können – um so besser. Wer nicht in Ihrem Haushalt lebt, denn können Sie derzeit nur am Telefon befragten oder über die digitalen Kanäle: per E-Mail oder über die Kommunikationskanäle wie Skype, MS-Teams, Zoom und so weiter. Ältere Zeitzeugen haben in der Regel viel Freude an solchen Gesprächen und Befragungen. Diesen Austausch sollte man nicht auf die lange Bank schieben, im Gegenteil. Am besten ist es, sie sofort zu befragen, denn ins Archiv kann man später immer noch gehen.
2. Schritt: Nach den Vorfahren fahnden
Um die Entwicklung des Hofes, der jeweiligen Erben bzw. der Familie zu durchschauen und zu gliedern, ist es zunächst einmal wichtig, die handelnden Personen zu kennen: Vorname, Familienname, evtl. noch Nenn- oder Hofname („Meyer genannt Möller“).
Auch hier beginnt die Recherche in der Gegenwart. Dann erst klettert man schrittweise in frühere Jahrhunderte zurück. Fangen Sie also nie in tiefster Vergangenheit an, etwa mit einem Schriftstück aus dem 15. Jahrhundert, auf dem man den eigenen Hof- oder Familiennamen zu erkennen glaubt. Auch wenn das noch so faszinierend ist. Dieser Weg führt fast immer in die Irre. Man beginnt also bei seinen eigenen Lebensdaten bzw. denen der eigenen Geschwister. Dann nimmt man sich die nächste Generation vor, notiert Namen, Daten und Herkunft der Eltern und eventuell auch noch die ihrer jeweiligen Geschwister. Dann folgen die Angaben zu den Großeltern, anschließend zu den Urgroßeltern.
Spätestens jetzt wird die mündliche Überlieferung dünn. Hat schon jemand eine Ahnentafel zusammengetragen? Falls nicht, ist nun der Zeitpunkt gekommen, ein Archiv aufzusuchen – in Corona-Zeiten geht das natürlich nur digital über das Internet.
Personendaten werden seit 1875 in den Standesämtern geführt. Deren amtliche Quellen waren lange verschlossen und sind erst seit gut zehn Jahren den Familienforschern zugänglich. Sie sind in den kommunalen Archiven oder auch im westfalenweiten Personenstandsarchiv zu finden, das zum Landesarchivs NRW, Abteilung Detmold, gehört. Über dessen Internetseite ist eine Übersicht der aufbewahrten Akten zu den jeweiligen Standesämtern abrufbar, nach Regierungsbezirk, Kreisen und Orten sortiert. Einige Unterlagen sind sogar bereits online abrufbar. Der größte Teil der Dokumente ist aber noch nicht digitalisiert. Diesen Teil der Recherche muss man also für die Nach-Corona-Zeit zurückstellen.
Neben dieser kommunal-staatlichen Überlieferung gibt es auch in den jeweiligen Kirchengemeinden Aufzeichnungen zu den Vorfahren. Die Geistlichen der katholischen oder evangelischen Ortsgemeinden notierten darin die Taufen, Hochzeiten und Todesfälle in ihrem Sprengel. Diese Kirchenbücher sowie auch „Seelenzählungen“ und ähnliche in den Kirchengemeinden entstandenen Listen sind für Westfalen-Lippe nahezu vollständig digital abrufbar:
● hier für die katholischen Kirchengemeinden,
● hier für die evangelischen Kirchengemeinden (Nutzung ist kostenpflichtig).
3. Schritt: Wie sah der Hofalltag aus?
Die Namen und Lebensdaten der Vorfahren ergeben ein tragendes Gerüst - nicht weniger, aber auch nicht mehr. Es muss nun mit Leben gefüllt werden. In welchen Zeiten lebten die Vorfahren? Wie waren die Bedingungen auf dem Hof, in der Bauerschaft, im Ort? Antworten liefern unter anderem Heimatbücher oder historische Fachstudien über eine Gemeinde oder einer Stadt. Solche Bücher liegen für nahezu alle Orte Westfalens vor.
Viele ältere bzw. historische Bücher, darunter auch viele Ortschroniken oder etwa auch Beschreibungen zur früheren Landwirtschaft in Westfalen, sind über die digitale Sammlung der Universitäts- und Landesbibliothek Münster kostenfrei abrufbar. Sie ist als Regionalbibliothek für den Landesteil Westfalen zuständig und verfügt deshalb über ein besonders breites Angebot an digitalen Schriften: von der Statistik über historische Adressbücher bis zum längst vergessenen Dorfroman.
Auch die Universitätsbibliotheken in Bielefeld und Paderborn stellen über ihre Internetseiten ein breites Angebot digitaler Schriften zur Landeskunde und Geschichte Westfalens bereit. Geben Sie in den Suchfenstern Stichworte wie "Westfalen", "Landwirtschaft" oder auch den Namen Ihrer Heimatgemeinde ein, dann werden Sie rasch fündig.
Weitere umfangreiche digitale Sammlungen finden Sie unter anderem auch hier:
● Staatsbibliothek Berlin (Stiftung Preußischer Kulturbesitz)
● Bayerische Staatsbibliothek München
● Universitätsbibliothek Köln
Fündig werden kann man auch über die Suchmaschine Google Books. Sie umfasst nach Angaben des Internet-Unternehmens mehr als 40 Mio. Bücher aus mehreren Jahrhunderten. Wer mit Google Books gezielt nach Orten, evtl. auch Hof- oder Bauerschaftsnamen durchsucht, kann bisweilen überraschende Schriften entdecken.
Unser Tipp: Wählen Sie in den Voreinstellungen „e-books“ und als Zeitraum das 19. oder 20 Jahrhundert – dann finden sie ausschließlich digitalisierte Volltexte historischer Bücher.
4. Schritt Sonderfällen nachspüren
Jede Hof- und Familiengeschichte ist anders und hat auch andere Quellen und Dokumente hinterlassen. Dazu drei Beispiele:
- Sind Vorfahren in die USA ausgewandert, findet man hier hilfreiche Hinweise. Viele Informationen und eine umfangreiche Datenbank hält auch das Deutsche Auswanderer-Museum in Bremerhaven bereit.
Ohne größere Umschweife und Probleme kann man auch in US-Datenbanken wie $(LEhttps://heritage.statueofliberty.org/:heritage.statueofliberty.org nach möglichen Auswanderern unter den Vorfahren suchen. Grundlage dieser Datenbank sind Passagierlisten mit mehr als 51 Mio. Namen von Personen, die von 1892 bis 1957 in die USA eingewandert sind.
- Haben zu Ihrem Hof einmal mehrer Kotten gehört, die längst abgerissen sind? Mit etwas Glück finden Sie in der $(LEhttps://www.archive.nrw.de/landesarchiv-nrw:Kartensammlung des Landesarchives NRW (links im Fenster den Ort und dazu das Stichwort "Karte" eingeben) eine historische Karte der Bauerschaft oder des Dorfes mit ihrem Hof und der Umgebung.
Diese drei Beispiele zeigen: Wer den Lebensläufen der Vorfahren nachspüren möchte, hat auch digital gute Chancen, fündig zu werden. Spürsinn schadet dabei nicht. Vor allem aber benötigt man Zeit, Ausdauer, Sorgfalt – und etwas, das sich schlecht digitalisieren lässt: eine Portion Finderglück.