Vielen Bürgern ist klar, dass die gesetzliche Altersrente nicht reichen wird, und sie sind bereit, für eine Zusatzrente selbst anzusparen. Neben anderen Vorsorgeformen haben sie auch einen Riester-Vertrag erwogen, aber noch nicht abgeschlossen. In jüngster Zeit berichten Medien jedoch, dass eine neue „Bürgerrente“ die Riester-Rente ablösen könne.
Riester ist gescheitert
Soll man noch schnell einen Riester-Vertrag abschließen oder lieber auf die Bürgerrente warten oder doch ganz anders vorsorgen? Das noch bestehende Konzept der Riester-Rente ist aufgrund zu hoher Kosten, schlechter Renditen und sehr geringer Rentenhöhe gescheitert. Da sind sich die Fachleute einig. Die meisten Versicherer bieten schon keine Riester-Verträge mehr an. Also ist eine eindeutige Empfehlung, dass Sie keinen Riester-Vertrag mehr abschließen sollten. Außer Sie erwarten Drillinge oder Vierlinge, für die Sie Kinderzuschüsse beantragen können.
Viel Werbung ohne Produkt
Bei der aktuell diskutierten Bürgerrente handelt es sich nicht um ein fertiges Produkt, sondern um ein vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) in die Diskussion eingebrachtes Konzept, welches die Riester-Förderung vielleicht ablösen könnte. Sie können also heute noch keinen Vertrag über eine Bürgerrente abschließen, werden aber vermutlich in nächster Zeit sehr viel Werbung darüber hören. Die folgenden Informationen helfen Ihnen, sich selbst eine Meinung zur Bürgerrente zu bilden.
Die neue Bürgerrente – eine Riester-Rente 2.0?
Was ist die Bürgerrente?
Die Bürgerrente ist ein Vorschlag der Interessenvertretung der privaten Versicherungsindustrie. Wie die auslaufende Riester-Rente beruht sie auf Kapitaleinzahlung der Bürger, welche der Staat bezuschusst. Man könnte die Bürgerrente als eine minimal überarbeitete Riester-Rente betrachten.
Was ist außerdem wie bei Riester?
Unverändert bleibt, dass es sich um eine Rente handelt, die nicht nach dem Generationenprinzip gespeist wird, sondern durch Kapitalbildung, also angespartes Geld, finanziert wird. Die Kapitalbildung erfolgt ganz wie bei Riester-Verträgen nicht beim Staat direkt, sondern bei Finanzinstitutionen, insbesondere Versicherungsgesellschaften, Banken und Kapitalanlagegesellschaften.
Ebenfalls unverändert bleibt der Vertrieb über die Finanzdienstleister, wodurch weiterhin hohe Kosten zu erwarten sind, die renditemindernd und somit rentenmindernd wirken. Die kostensparende Alternative, dass der Staat direkt sowohl Management der Bürgergelder übernimmt wie auch als Ansprechpartner für die Versicherten agiert, wird von der Versicherungslobby verständlicherweise abgelehnt.
Schließlich weiterhin unverändert ist, dass beim Renteneintritt das angesparte Kapital grundsätzlich in eine lebenslange Rente umgewandelt wird – lediglich 30 % können auf Kundenwunsch als Einmalzahlung entnommen werden. Damit bleibt ein Hauptproblem der Riester-Rente bestehen, nämlich dass die Kunden wirklich sehr alt werden müssen, um angesichts der geringen Rentenhöhe ihr Kapital zurückzuerhalten.
Was ist neu an der Bürgerrente?
Wirklich neu an dem Konzept der Bürgerrente ist insbesondere eine fixe Förderquote von 50 % auf die Eigenleistung der Bürger, die bis zu einem erheblich höheren Maximalbetrag – aktuell wären es etwa 3500 € jährlich – aus Steuermitteln gezahlt werden soll.
Außerdem soll sich dieser Maximalbetrag jährlich automatisch erhöhen können, da er auf 4 % der Beitragsbemessungsgrenze der Rentenversicherung festgelegt ist und diese seit Jahrzehnten jährlich steigt. Auch soll sich der Kreis der Förderberechtigten erhöhen. So sollen auch Selbstständige und Freiberufler eine Förderung beantragen dürfen.
Was ist von dem Vorstoß zu halten?
Der Vorstoß des GDV als größtem Lobbyverband der deutschen Versicherer ist verständlich, da er nach dem Scheitern der Riester-Rente dafür sorgen muss, dass Geschäfts- und Ertragspotenziale bei den privaten Versicherern bleiben. Völlig ungeachtet, ob dies für die Bürger und gesamtwirtschaftlich sinnvoll ist.
Was sagen Verbraucherschützer?
Verbraucherschützer stehen diesem Konzeptvorschlag, der auch noch Lücken enthält und in den nächsten Wochen und Monaten sicherlich noch nachgebessert werden wird, sehr reserviert gegenüber. Was genau kritisieren sie? Sie kritisieren vor allem, dass sich am Problem der hohen Kosten – die aus Sicht der Versicherer und ihrer Vertriebe Erträge sind – kaum etwas ändern wird.
Zur Erinnerung: Bei Riester-Verträgen werden im Durchschnitt etwa 25 % der Beitragszahlungen – in der Spitze sogar 34 % – durch Kosten verzehrt. Und wenn die Finanzvertriebe selbst sagen, dass hohe Vertriebskosten als Anreiz für die Mittler unabdingbar seien, um Vorsorgeprodukte erfolgreich in den Markt zu drücken, ist das ein Anzeichen, dass die Bürgerrente lediglich ein Riester 2.0 werden könnte.
Was fällt noch negativ auf?
Auch das hohe Volumen benötigter Fördermittel bei der Umsetzung des Bürgerrentenkonzeptes bietet Grund zur Sorge. Je nach Rechenszenario und Akzeptanz beträgt dies schnell eine Verdrei- bis Vervierfachung der aktuellen Budgets. Diese Fördergelder muss der Steuerbürger zahlen.
Was spricht gegen diese Bürgerrente?
Schließlich ist eine zwangsweise Verrentung des angesparten Kapitals gerade in Kombination der angebotenen Minirenten abzulehnen. Viele Bürger wünschen sich eine hohe Ratenzahlung über eine garantierte Laufzeit etwa 20 Jahre oder bis zum 90. Lebenjahr verbunden mit der Auszahlung verbleibender Beträge an Erben bei früherem Versterben. Sollte eine Bürgerrente diesen Wunsch mündiger Bürger wirklich einfach so ignorieren und diese durch Methusalem-Tarife und Minirenten de facto enteignen?
Was kann jeder für seine Rente tun?
Wer heute noch in Brot und Arbeit steht, sollte am besten heute mit einem eigenen regelmäßigen Sparbeitrag für eine zusätzliche kapitalgedeckte Altersversorgung loslegen. Also auf keinen Fall auf ein staatliches Signal oder eine neuartige Vorsorgeform warten. Um flexibel zu bleiben und unnötige Kosten zu vermeiden, fangen Sie mit einem ETF-Sparplan an. Um kostenintensive und unflexible Verträge bei Versicherern sollten Sie einen Bogen machen.
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