Was veranlasst eine Landwirtschaftsministerin aus Düsseldorf ins „Outback“ Lippe zu kommen? Am Mittwoch vergangener Woche war es– einfach gesagt– eine Backmischung. Ministerin Ursula Heinen-Esser würdigte die Verdienste von Annette Diekmann aus Hohenhausen für den Erhalt des Pickerts, dem lippischen Nationalgericht, und für deren starkes Engagement rund um dieses regionale Produkt. „Eine wunderbare Erfolgsgeschichte“, betonte die Ministerin.
Aus einer Notsituation
Dabei lief das Leben von Annette Diekmann, Meisterin der ländlichen Hauswirtschaft, alles andere als glatt. Nach 13 Jahren scheiterte 1995 ihre Ehe und sie stand mit drei Kindern (damals 13, 11 und 2 Jahre alt) nach eigenen Worten „vor dem Nichts“. In ihr Elternhaus in Hohenhausen zurückgekehrt, ging es vorrangig darum, irgendwie Geld zu verdienen. „Ich besann mich auf meine Fähigkeiten, auf das, was ich kann“, schildert die mittlerweile 62-Jährige. „Das war kochen und backen.“ Und sie hat gerne mit Menschen zu tun. So fasste sie den Entschluss, auf den Wochenmarkt zu gehen und dort selbst gebackenen Pickert zu verkaufen, „wobei ich sicherlich von manchen auch belächelt wurde“. Jahrelang backte sie auf Wochen- und Bauernmärkten in Ostwestfalen-Lippe Pickert.
„Wieder vor dem Nichts“
Das Geschäft mit dem selbst gebackenen Pickert lief. Alles war gut – bis 2011 ein erneuter Rückschlag folgte, dieses mal bedingt durch eine Hygienebestimmung der EU. Aufgrund einer Verschärfung der Frischeiverordnung droht das „Aus“ für den Pickert. Und diese gehören nun mal in den Hefeteig hinein.
Doch auch hier fand Annette Diekmann eine Lösung. Sie entwickelte eine Pickert-Backmischung. Für die Zubereitung von Pickert muss dieser Mischung nur noch lauwarmes Wasser zugefügt werden. Kurioser Weise ist es also letztlich einer Verordnung aus Brüssel zu verdanken, dass der Pickert transportabel wurde und weit über die Grenzen Lippes hinaus bekannt geworden ist.
Der „Lohn“ für all diese Bemühungen folgte 2015 mit der 1. DLG Goldmedaille für die Pickert-Backmischungen „Pickert Mädel“. Wie Diekmann bei der Feierstunde in der vergangenen Woche mit Vertretern von Landwirtschaft, Verarbeitung, Handel, Tourismus und Politik berichtete, sind es mittlerweile schon fünf DLG-Goldmedaillen. Zudem erhielt die engagierte Frau im vergangenen Jahr zum zweiten Mal den Landesehrenpreis für Lebensmittel in Gold. Dabei wurde auch das Interesse der Ministerin an der lippischen „Power-Frau“ geweckt.
Kür der Pickert-Prinzessin
Zur Erfolgsgeschichte von Diekmanns Pickert-Backmischung gehört die Vermarktung. So wird seit Jahren eine „Pickert-
Prinzessin“ gekürt (Anmerkung von Annette Diekmann: „,Königin‘ hört sich so alt an.) In diesem Jahr krönte Ministerin Heinen-Esser dazu die 25-jährige Sarina aus Herford. Zu ihren Aufgaben gehört es, auf Messen wie der Grünen Woche für Pickert und die Region zu werben. „Ich freue mich, dass Sie den Pickert in die Welt tragen“, lobte Lippes Landrat Dr. Axel Lehmann bei der Feierstunde.
Doch damit nicht genug: Frisch gedruckt wurde bei der Veranstaltung das erste Backbuch der Pickert-Prinzessinnen präsentiert. Und Annette Diekmann hat schon wieder neue Ideenin Sachen Pickert.
Neues Backbuch
„Pickert“, so lautet der Titel des Backbuches der Pickert-Prinzessinnen. Neben der Geschichte des Pickert finden sich in dem 82-seitigen Werk das Grundrezept sowie 20 weitere leckere Rezepte rund um den lippischen Pickert wie „Pickert-Muffins mit Schinken“ oder „Erdbeer-Apfel-Pickert“. Das Buch kostet 14,95€ und ist in den LWL-Museen in Ostwestfalen-Lippe, in den Tourist-Infos in Lippe und in Kürze unter www.pickertshop.de zu beziehen. Voraussichtlich im nächsten Jahr wird das Werk auch über den normalen Buchhandel zu beziehen sein.
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