Bereits seit 20 Jahren steht das Fachwerkhaus an der Paderborner Straße in Schlangen leer. Am 28. Februar 2011 hatte es die Gemeinde in die Denkmalliste eingetragen. „Das 1848 gebaute Bauernhaus ist von ortsgeschichtlichem Interesse. Es dokumentiert die damalige Arbeits- und Lebensweise der Menschen in einem Sennedorf“, so die damalige Begründung des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (Obere Denkmalbehörde).
Denkmal übernehmen ...?
Weil Eigentümer Berl L. das Denkmal weder sanieren noch nutzen konnte, sollte die Gemeinde das alte Bauernhaus übernehmen. Die klamme Kommune (Haushaltssicherung) aber lehnte seinen Antrag auf Übernahme ab. 2014 ließ sie das Dach reparieren, um das Denkmal vor Verfall zu schützen.
Nachdem Berl L. verstorben war, erbte eine Erbengemeinschaft das etwa 2200 m2 große Grundstück, auf dem neben dem Bauernhaus ein weiteres Wirtschaftsgebäude steht. Doch die Erben wollten das Denkmal nicht sanieren, deshalb beantragten sie den Abriss.
Der Kreis Lippe jedoch wollte keine Abrissgenehmigung erteilen. Deshalb klagten die Erben vor dem Verwaltungsgericht Minden (Az. 1 K 2233/15). Es wies die Klage zurück. Doch das OVG Münster hob das Urteil auf und gab der Verpflichtungsklage statt. In der mündlichen Verhandlung am 2. März ging es um diese Fragen: Ist es für die Eigentümer zumutbar, das Denkmal zu erhalten? Falls nein, haben sie alles Nötige getan, um das Objekt zu veräußern?
Sanierung viel zu teuer
Laut einer Architektin sollte eine Komplettsanierung des Bauernhauses mindestens 400 000 € kosten. Dazu sollten 43 000 € für die Außenanlagen kommen. Doch Richter Detlef Klein Altstedde bezweifelte die Kostenschätzung. Die Architektin habe nur grob gerechnet. Die Frage etwa nach versteckten Mängeln in dem Haus (Hausschwamm?) habe sie nicht beantwortet. Die Gemeinde hatte es aus Kostengründen abgelehnt, das Denkmal umfangreich untersuchen zu lassen.
Der Anwalt der Kläger, Oliver Kraus, bezifferte die Sanierungskosten auf bis zu 800 000 €. Dabei würde aber nur eine schlecht geschnittene Wohnung in dem Haus entstehen. Rein rechnerisch müsste der Investor eine Miete von über 30 €/m2 erzielen, um seine Investitions- und laufenden Kosten wieder hereinzubekommen.
Auch die Mitarbeiterin der Gemeinde gab im Gerichtsaal zu: Bei den Kosten und der erzielbaren Miete in Schlangen sei keine Wirtschaftlichkeit zu erzielen. „Wir haben lange nach einem Liebhaber für so ein Objekt gesucht, aber keinen gefunden“, sagte die Mitarbeiterin.
Haben sich die Eigentümer ernsthaft bemüht, das Grundstück mit dem Denkmal zu verkaufen? Auch von dieser Frage hängt es ab, ob die Behörde den Antrag auf Abriss genehmigen muss. Seit 2013, so Anwalt Kraus, hätten die Kläger einen Makler beauftragt. Zudem habe man das Objekt im Internet („IG Bauernhaus“) angeboten. Sechs Kaufinteressenten hätten sich gemeldet, es kam zu vier Besichtigungen, doch alle winkten am Ende auch mit Blick auf den Denkmalschutz und die damit verbundenen Kosten ab.
Richter Klein Altstedde verwies auch auf eine Stellungnahme des Gutachterausschusses des Kreises Lippe: Der Ausschuss hatte den Wert des Grundstückes (2200 m2) ohne Denkmal auf 85 000 € beziffert, mit Denkmal sollte es nur 1 € wert sein.
Eigentümer hat Rechte
Auch alle weiteren Einwände etwa der Mitarbeiter des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe ließ der 10. OVG-Senat nicht gelten. Zum Beispiel hatten die Beteiligten das Denkmal wiederholt besichtigt und Alternativen erörtert (teils gewerbliche Nutzung). Dazu jedoch hätte die Gemeinde ihren Bebauungsplan ändern müssen. Fraglich sei, so der Richter, ob solche Nutzungen baurechtlich überhaupt zulässig seien.
Die Rechte der Eigentümer dürfe man beim Denkmalschutz nicht völlig ausblenden, betonte der Richter. Im Streitfall könnten die Eigentümer ihr Grundstück auch teilen und dann frei über die Restparzelle mit dem Wirtschaftsgebäude verfügen. „Die Gemeinde oder der Kreis darf die Eigentümer nicht zwingen, das gesamte Grundstück mit den zwei Gebäuden als eine Einheit zu veräußern, damit das Denkmal erhalten bleibt“ (Az. 10 A 1404/16).