In der Agrarpolitik herrscht aktuell Uneinigkeit, wie es weitergehen kann. Ein Zeichen dafür sind unter anderem die Bauernproteste der vergangenen Monate in ganz Deutschland. Um eine Vision für die Landwirtschaft zu entwickeln, wird der Abschluss eines Gesellschaftsvertrages gefordert. Nur dann sind Bauern in der Lage, langfristig zu planen und zu handeln. Wie dieses gelingen kann, das war die zentrale Frage auf dem Bäuerinnenforum des Deutschen Landfrauenverbandes (dlv) am Rande der Grünen Woche in Berlin am Samstag vor etwa 120 Gästen.
Verbale Abrüstung ist notwendig
Viele Akteure müssen noch von der Politik zusammengeführt werden, um sich zunächst auf einen Dialogprozess zu verständigen. "Dahin zu kommen ist sicherlich eine große Herausforderung. Das eigene Handeln muss kritisch hinterfragt werden, auch eine verbale Abrüstung aller Beteiligten ist an manchen Stellen hilfreich", erklärte dlv-Präsidentin Petra Bentkämper. Wichtig sei es, miteinander zu reden statt übereinander und zwar so lange, bis sich ein gemeinsamer Grundkonsens herausgebildet habe. Die Landwirte seien zu einem Dialogprozess bereit. Das hätten die Bauernproteste klar signalisiert, betonte Bentkämper.
Ernährungsindustrie und Handel sind auch in der Pflicht
Umweltschützer und Landwirte haben gemeinsame Interessen, davon ist Dr. Christiane Paulus vom Bundesumweltministerium überzeugt. Sie sprach sich für einen Gesellschaftsvertrag aus. Doch dieser setze Dialog- und Veränderungsbereitschaft vorraus. Als Beteiligte nahm sie neben Landwirtschaft, Politik, Verbraucher, auch die Ernährungsindustrie und den Handel in die Pflicht. Ziel seien faire Preise für gute Produkte.
Für die Landwirtschaftsbranche sagte sie einen Transformationsprozess voraus ähnlich dem, den die Bundesregierung beim Ausstieg aus Kernenergie oder Kohle sowie der Automobilindustrie durchgeführt hat. "Wir können dafür Geld in die Hand nehmen", betonte Paulus. Denn die Bundesregierung wolle die Landwirtschaft erhalten, weil sie wichtig ist für die ländlichen Räume sowie für den Natur- und Umweltschutz.
Neue Dialogforen zur Landwirtschaft sollen Plattform für den Austausch werden
Dr. Klaus Heider vom Landwirtschaftsministerium wies auf die "Zukunftskommission Landwirtschaft" und das nationalen Dialogforen zur Landwirtschaft mit Ministerin Julia Klöckner hin, die in diesen Wochen starten. Auf diesem Weg schaffe das Ministerium eine Plattform, auf der Zielkonflikte zwischen Landwirtschaft und Verbrauchern im Dialog gelöst werden können. So erhalten Landwirte eine Perspektive. Auch Heider erklärte, dass sich die Landwirtschaft wandeln muss. Die gesellschaftlichen Erwartungen haben sich geändert und die Folgen des Klimawandels sind zu spüren.
Taten statt Worthülsen
In der Diskussionsrunde forderte Rolf Brauch vom evangelischen Dienst auf dem Lande, dass es aktuell zwar "Wortgefechte ohne Ende" gebe. Doch dies seien oft Worthülsen und es würde sich nichts verbessern. "Lasst uns mit einfachen Dingen anfangen. Dann zeigen wir, dass etwas passiert", forderte Brauch zu schnellem Handeln in kleinen Teilbereichen auf. Dies könne eine erste Signalwirkung für die Gesellschaft haben, beispielsweise das Anlegen von Blühstreifen oder die Ausdehnung der Fruchtfolgen.
Juliane Vees vom Landfrauenverband warnte davor, dass das Tempo, mit dem Landwirten neue Auflagen gemacht werden, nicht zu hoch sein darf. Sonst bleibe keine Zeit, sie auf den Höfen umzusetzen.
Die Ausführungen von Dirk Fisser zum Stand der Kommunikation zwischen Landwirtschaft, Politik und Gesellschaft finden Sie hier:
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