„Das Geheimnis guter Köchinnen“

Der Umgang mit Resten in der Küche ist ein zeitloses Thema. Das zeigt auch ein alter Artikel, der sich heute beinahe unverändert übernehmen lässt.



Anlässlich seines 65-jährigen Jubiläums hat der „aid Infodienst Ernährung, Landwirtschaft, Verbraucherschutz“ in seinem Archiv gestöbert. Und siehe da, einige Meldungen von damals sind nicht nur amüsant und zuweilen kurios, sondern auch heute noch aktuell. Sprachlich lässt sich erahnen, dass sie nicht im Hier und Jetzt entstanden sind. Doch inhaltlich sind die Artikel – von Details abgesehen – offenbar zeitlos.

Keine Angst vor Resten

Das gilt auch für folgenden Beitrag. Unter dem Titel „Bei uns kommt nichts um – Keine Angst vor Resten“ ist er so im Original am 6. Juli 1953 im „Artikeldienst Hauswirtschaft, Landfrau, Landjugend“ erschienen:

„Hier ein Schüsselchen, dort ein Töpfchen – was soll ich nur um Himmelswillen mit diesen lächerlichen Resten anfangen? Das ist der Stoßseufzer so mancher ordnungsliebenden Hausfrau, der jegliche Art von ,Restewirtschaft‘ verhasst ist. Genau genommen sind die Reste meist gar nicht so ,lächerlich‘. Oft lässt sich aus ihnen noch etwas sehr Schmackhaftes herstellen, und dann: ein Rest zum anderen gerechnet, ergibt im Laufe des Jahres eine ganz hübsche Summe, die man jedoch zum Fenster hi­nauswirft, wenn man die Reste verderben lässt.

Gewiss ist es auf dem Lande zumeist ziemlich gleichgültig, ob die Kartoffeln etwas dicker oder dünner geschält werden, die Schweine brauchen ohnehin ihr Futter. Es ist aber keineswegs gleichgültig, ob aus Bequemlichkeit und Gedankenlosigkeit jeder Rest, nur weil er nicht mehr für die ganze Familie reicht, im Schweineeimer oder im Hundenapf verschwindet. Jeder kleine Soßenrest verbessert unsere Tagessuppe oder die als Hauptgericht geplante dicke Suppe. Es ist geradezu das Geheimnis guter Köchinnen, mit solchen Mitteln ihren Suppen immer wieder einen anderen Geschmack zu geben.

Nudel-, Kartoffel-, Fleisch- und Gemüsereste kommen schichtweise in die Auflaufform, werden mit einer pikanten Bechamelsoße übergossen, mit Käse bestreut und überbacken. Dazu reicht man frischen Salat. Auch süße Grieß- oder Reisspeisen lassen sich zu warmen Puddings und Aufläufen verarbeiten, wenn man je nach Bedarf 2 bis 3 Eigelb dazugibt und den Eischnee darunterzieht.

Es sollten also in jeder Küche mindestens eine große und eine kleine Auflaufform vorhanden sein sowie eine Puddingform für das Wasserbad. Gemüse- und Fleischreste lassen sich zudem gut als Pfannkuchenfüllungen verwenden. Wenn man etwas umständlichere Arbeit nicht scheut, kann man sie auch in Hefeteig wickeln und backen. Das ist dann beinahe schon eine Delikatesse. Aus Brotresten entsteht der bei Kindern so beliebte Arme Ritter. Oder es gibt eine kräftige Brotsuppe.

Übriggebliebene Pellkartoffeln verwandeln sich in Klöße; Kartoffelbrei wird mit Ei vermischt und gebraten; Salzkartoffeln werden zerdrückt, mit Ei gemischt, abgeschmeckt und „spritzgebacken“. Aus gemischten Resten, wie Fleisch, Erbsen, Nudeln und Kartoffeln lässt sich mit und ohne Ma­yonnaise ein bunter Salat bereiten, den es zum Abendessen mit Butterbrot oder Bratkartoffeln gibt.“ aid/EB