Entstanden ist die Idee für die „Digitale Heimatstube“ während der Planungen für das Dorfjubiläum. Im vergangenen Jahr feierte Referinghausen, heute ein Ortsteil von Medebach, sein 750-jähriges Bestehen. Nicht nur mit drei vollgepackten Festtagen im Ortskern.
„Die Digitalisierung der alten Bilder und Dokumente ist eines der Projekte, mit denen wir Impulse setzen wollen“, sagt Ortsvorsteher Reinhard Figgen. Er wünscht sich Brücken und Verbindungen zwischen verschiedenen Generationen, Alteingesessenen und Neuzugezogenen, Einheimischen und Touristen.
Dorfversammlung
Bei einer Versammlung der Dorfgemeinschaft im Jahr 2018 hatten sich Marlen und Nora Hülsmann, Joélle Schlüter sowie Lisa-Marie und Melina Schmidt für das Projekt gemeldet. Gemeinsam mit Reinhard Figgen lotete die Gruppe aus, wie sich Gegenwart und Vergangenheit des Ortes digital verbinden ließen. Der Webdesigner Christoph Hammerschmidt aus dem Nachbarort Deifeld half beim Konzept. Kern ist eine neue Internetseite, die zum Dorfjubiläum im vergangenen Jahr online ging. Nutzer können dort zwischen den Rubriken „Fotos“, „Filme“ und „Dokumente“ wählen und anschließend einzelne Themenbereiche anklicken, zum Beispiel „Landwirtschaft“ oder „Karneval“. Wer dann ein einzelnes Bild auswählt, bekommt oft noch zusätzliche Informationen. Auch eine Suchfunktion gibt es.
Da sich Urheber- und Bildrechte nicht für alle Dokumente klären ließen, gibt es auf der Internetseite einen Hinweis. Wer sich in seinen Rechten verletzt sieht, wird gebeten, sich per E-Mail oder telefonisch zu melden. Dann werden Fotos oder Ausschnitte entfernt. Bisher war das noch nicht nötig.
Unterstützung vom Webmaster
In Workshops wies der Webmaster die jungen Frauen in die Technik ein und erklärte ihnen, wie sie die einzelnen Rubriken befüllen können. Reinhard Figgen koordinierte das Projekt, ließ den Jugendlichen aber möglichst große Freiräume. Der 52-Jährige organisierte einen leistungsstarken Scanner und die Finanzierung. 10 000 € stellte die NRW-Stiftung für die Aktivitäten rund um das Dorfjubiläum zur Verfügung. 2000 € kamen per Heimat-Scheck vom Land. Das Geld floss in die „Digitale Heimatstube“ – hier vor allem die professionelle Unterstützung – und unterstützte auch ein „Erinnerungsbuch“ zum Dorfjubiläum. Außerdem investierte die Dorfgemeinschaft in einen Touchscreen-Monitor. Im Jugendraum mitten im Ort öffnet er nun ein „Schaufenster“ in die Digitale Heimatstube. „Er fördert die Interaktivität und lädt zum Ausprobieren ein“, sagt Reinhard Figgen.
Zum Start der großen Digitalisierung schickte der Ortsvorsteher eine E-Mail an aktuelle und ehemalige Einwohner sowie Freunde des Dorfes. Ruckzuck stapelten sich in der „Zentrale“ bei der Familie Hülsmann alte Fotoalben, Zeitungsausschnitte und Jahrbücher, die von 1995 bis 2014 das Leben im Dorf nachzeichneten. Viel Arbeit für die Jugendlichen.
Arbeit im Team
„Manchmal haben Melina und ich nach der Schule gescannt“, berichtet Nora. Häufig traf sich das Quintett auch am Wochenende. Dann teilten sie sich die Aufgaben: scannen, verschlagworten, hochladen und online editieren.
Einige Familien stellten ihr Fotoarchiv schon digital zur Verfügung. Von solchen Sammlungen wünschen sich die Jugendlichen noch mehr, weil es ihre Arbeit deutlich erleichtert. Nach Bedarf kommen sie weiter zusammen, um das digitale Dorfgedächtnis zu füttern.
Die heute 16- bis 21-Jährigen sind über Bilder und Dokumente mit vielen älteren Referinghausern ins Gespräch gekommen. Bei der Suche nach Informationen zu den Bildern zeigten sie bei Veranstaltungen Motive. „Irgendwer konnte dazu immer etwas sagen“, erinnert sich Marlen. Manchmal stolperten sie auch auf Dokumente aus der eigenen Vergangenheit. Lisa-Marie zum Beispiel war 2001 das „Neujahrsbaby“ von Korbach.
Ihren Stempel haben die Jugendlichen der „Digitalen Heimatstube“ mit einigen interaktiven Ideen aufgedrückt. Beim Memospiel lassen sich auf 24 Feldern variierende Bilder aus dem Archiv aufdecken, zum Beispiel Schützenkönigs- und Brautpaare, Tiere und Landschaften. Die „Zeitmaschine“ schickt Benutzer auf eine Reise durch den großen Datenspeicher. So entdecken sie Schätze, nach denen sie vielleicht nie gesucht hätten.
Preisverdächtig
Im vergangenen Jahr hat die Stadt Medebach ihren Heimatpreis an die Dorfgemeinschaft Referinghausen für ihre Projekte zum Dorfjubiläum vergeben. Damit verbunden war zugleich die Nominierung für den Preis auf Landesebene. Eine Fachjury hat die Digitale Heimatstube in den engen Kreis der Nominierten gewählt. Beim nächsten Heimatkongress des Landes soll das Geheimnis um die Preisträger gelüftet werden. Wegen des Corona-Virus ist er auf unbestimmte Zeit verschoben worden.
www.digitales-referinghausen.de