Corona und der Einzelhandel: 50.000 Geschäfte sind gefährdet

Wie steht es in der Corona-Krise um den innerstädtischen Einzelhandel? Stefan Genth, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Deutschland, malt eine düstere Zukunft.

Dieser Beitrag ist zuerst in der Zeitschrift "Lebensmittel Praxis" erschienen.

Herr Genth, muss im Handel mit einer Pleitewelle gerechnet werden?

Stefan Genth: Es ist zu befürchten, dass wir im kommenden Jahr, sobald die aufschiebende Regelung für die Insolvenzantragspflicht ausläuft, eine Insolvenzwelle vor allem im innerstädtischen Einzelhandel und dort insbesondere bei den Bekleidungshändlern erleben werden. Die Corona-Krise könnte den deutschen Handel bis zu 50.000 Geschäfte kosten.

Stefan Genth ist Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Deutschland (HDE). Er ist Mitglied im Vorstand des Instituts der deutschen Wirtschaft in Köln und Vizepräsident des europäischen Handelsverbands Euro Commerce in Brüssel.

Sie haben kürzlich eine Verfassungsbeschwerde angekündigt, um Sonntagsöffnungen zu ermöglichen. Wie ist hier der Stand?

Der Einzelhandel braucht rechtssichere Regelungen für Sonntagsöffnungen. Die Gewerkschaft ver.di klagt in den letzten Monaten immer wieder bereits genehmigte Sonntagsöffnungen kurzfristig weg. Die Händler bleiben dann auf ihren Investitionen in Werbung und Personal sitzen. Das darf kein Dauerzustand sein. Deshalb geht es jetzt darum, im Rahmen einer Verfassungsbeschwerde zu klären, welche Voraussetzungen für eine Sonntagsöffnung gegeben sein müssen.

Dabei geht es insbesondere um den Anlassbezug. Denn dieser macht Sonntagsöffnungen derzeit faktisch unmöglich. Corona sorgt für die Absage aller Veranstaltungen, die einen solchen Anlass darstellen könnten. Aber auch grundsätzlich und für die Nach-Corona-Zeit braucht der Handel die rechtssichere, gelegentliche Sonntagsöffnung, um Kunden in die Innenstädte zu locken. Shoppen ist auch Event, das können Sie sonntags für Familienausflügler am besten umsetzen.

Sollte die Verfassungsbeschwerde ihr Ziel nicht erreichen, werde der Handelsverband eine Initiative für eine Grundgesetzänderung ergreifen. Wie sehen Sie das?

Das ist richtig. Wenn bei der Verfassungsbeschwerde die Pflicht zum Anlassbezug bestätigt werden sollte, dann werden wir uns für eine Grundgesetzänderung starkmachen. Nur so kann mehr Rechtssicherheit für die Händler erreicht werden.

Was halten Sie von den Plänen von Bundesentwicklungsminister Gerd Müller und Arbeitsminister Hubertus Heil, Unternehmen zur Einhaltung von Menschenrechten in der Lieferkette zu verpflichten?

Wir teilen das Ziel,...